Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten
Lokalsport
Icon Pfeil nach unten

E-Sport: Konsole statt Stollenschuh

E-Sport

Konsole statt Stollenschuh

    • |
    Weder Konzert noch Boxkampf: Die Mercedes-Benz-Arena in Berlin ist im Oktober 2015 so gut gefüllt, weil die Fans das WM-Finale des Computer-Spiels „League of Legends“ verfolgen.
    Weder Konzert noch Boxkampf: Die Mercedes-Benz-Arena in Berlin ist im Oktober 2015 so gut gefüllt, weil die Fans das WM-Finale des Computer-Spiels „League of Legends“ verfolgen. Foto: Paul Zinken/dpa

    Die Idee für das Geschäftsmodell kam natürlich beim „Zocken“. Als sich die Elftklässler Robin Mattis, Maximilian Frey und Jonas Meier zu Beginn des Schuljahres beim Computerspiel Fifa18 spannende Partien auf der Playstation lieferten. „Wir sind leidenschaftliche Fifa-Spieler. Und als im Herbst das neue Spiel herauskam, dachten wir uns, dass man damit ja Geld verdienen könnte“, sagt Maximilian Frey.

    Geld verdienen – im Sinne einer Schülerfirma, die von Schülern der Q 11 gegründet, geleitet und nach einem Schuljahr auch wieder abgemeldet wird. Bis dahin geht es darum, die Aktionäre mit Dividenden und die Mitarbeiter mit Löhnen (50 Cent pro Arbeitsstunde) zufriedenzustellen. Das alles schafft die Schülerfirma „Maristen Gaming“, die Jonas Meier und Maximilian Frey als Vorstandsvorsitzende führen. Der gesamte Vorstand besteht aus sechs Schülern. Neben Frey und Meier sind dies Robin Mattis, Jonas Lahner, Theresa Seibel und Jannik Fischer. Insgesamt beschäftigt die Firma 17 Schüler.

    Zwischen 20 und 30 Teilnehmer pro Turnier

    Ihr Geld verdient die Firma der 16- und 17-jährigen Schüler aber nicht durch das Herstellen eines Produkts, sondern vielmehr durch die Vermarktung eines Booms: nämlich E-Sport. Zwei Turniere hat die Schülerfirma bisher ausgerichtet. Beide Male sind zwischen 20 und 30 Teilnehmer gekommen, um im Backstage unter der Studienkirche gegeneinander Fußball zu spielen – auf Flachbildschirmen und mit der Spielkonsole in der Hand. Die Playstation wurde von zuhause mitgebracht, die Software für die Ergebnisverwaltung selbst geschrieben und für das Turnier ein eigenes Netzwerk aufgebaut, sodass die Spiele live über einen Beamer dem Publikum gezeigt werden konnte. Allerdings durfte sich das Angebot nur an Schüler ab der achten Klasse richten. „Es gab seitens der Schulleitung Bedenken, dass die Schüler über die Schule an Computerspiele herangeführt werden“, erklärt der betreuende Lehrer Werner Myslik.

    Mit ihrem Konzept hat die Schülerfirma „Maristen Gaming“ jedenfalls ins Schwarze getroffen. Denn E-Sport entwickelte sich in den vergangenen Jahren rasant. So schnell, dass nun auch die neue Bundesregierung dessen Förderung im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat. Wörtlich steht geschrieben: „Wir erkennen die wachsende Bedeutung der E-Sport-Landschaft in Deutschland an. Da E-Sport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen.“ Damit will Deutschland den auf diesem Feld bestehenden Vorsprung anderer Länder aufholen. In Südkorea ist E-Sport bereits als Sport anerkannt, bei den Asian Games 2022 wird er als offizielle Sportart betrieben. Die Aufnahme als olympische Sportart ist dann nicht mehr weit.

    Auch der BFV mischt munter mit

    Kein Wunder, hat sich E-Sport doch zu einem Milliarden-Geschäft entwickelt. Turniere werden im TV-Programm von Spartensendern übertragen, Fußball-Bundesligisten wie der VfL Wolfsburg oder FC Schalke 04 bauen eigene E-Sport-Teams auf, selbst der Bayerische Fußballverband (BFV) spielt in Zusammenarbeit mit der Electronic Sports League (ESL) erstmals einen eigenen Pokalwettbewerb aus. Dem BFV gehe es darum, noch mehr Menschen für den Fußball zu gewinnen, und schlage deshalb bewusst auch andere Wege ein, wie BFV-Präsident Rainer Koch auf der Verbandshomepage zitiert wird.

    Kochs oberster Chef, DFB-Präsident Reinhard Grindel, sieht die Sache kritischer. „Fußball gehört auf den grünen Rasen. Als größter Sportfachverband der Welt müssen wir darauf achten, dass E-Sport nicht den normalen Sport ersetzt“, sagte Grindel Ende März.

    Bei den Unterallgäuer Funktionären herrscht Skepsis

    Die Angst, dass vor allem junge Menschen den traditionellen Sportvereinen noch öfter die kalte Schulter zeigen, treibt auch die Funktionäre im Unterallgäu um. „Wir stehen für Sport durch Bewegung“, sagt etwa Uli Theophil. Der Kreisvorsitzende des Bayerischen Landessportverbandes (BLSV) hält nichts davon, wenn Vereine auf diese Art neue Mitglieder gewinnen wollen. „Natürlich generiert eine E-Sport-Abteilung neue Mitglieder. Und ich weiß auch, dass Mitgliederzahlen eine große Rolle bei der Verteilung von finanziellen Mitteln spielen. Trotzdem kann ich dem nichts Positives abgewinnen.“ Es könne nicht sein, dass man in den vergangenen Jahren viel Geld und Engagement in den Gesundheits- und Präventionssport gesteckt habe und nun eine Freizeitbeschäftigung als Sportart anerkennt, die dem konträr entgegenstehe. Auch Mitko Pertemov, Vorsitzender des TSV Mindelheim, ist nicht begeistert. „Ich will Leute ins Freie locken.“ Doch er sagt auch: „Ich weiß, dass wir in der Zukunft wohl nicht drum herumkommen werden, uns damit zu beschäftigen. Um neue Mitglieder zu gewinnen, wäre eine E--Abteilung sicher interessant.“ Welche Art Spiele dann gezockt werden, wie die technischen Möglichkeiten aussehen könnten – darüber gibt es aber noch keine genaue Vorstellung.

    Die Schülerfirma des Maristenkollegs will zum Schuljahresende ihren Aktionäre derweil eine schöne Dividende bescheren und plant eine Aktion, an der alle Schüler, von der fünften Klasse an, beiwohnen können: ein richtiges Fußballspiel.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden