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Den Frundsberg im Hinterkopf

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Den Frundsberg im Hinterkopf

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    „Das Frundsbergfest verpasse ich nicht noch einmal.“ Jochen Reimer (26) ist gebürtiger Mindelheimer. Die Verbundenheit mit seiner Heimatstadt dokumentiert der Eishockeynationaltorhüter auch mit einem Motiv auf seiner künstlerisch gestalteten Torwartmaske.
    „Das Frundsbergfest verpasse ich nicht noch einmal.“ Jochen Reimer (26) ist gebürtiger Mindelheimer. Die Verbundenheit mit seiner Heimatstadt dokumentiert der Eishockeynationaltorhüter auch mit einem Motiv auf seiner künstlerisch gestalteten Torwartmaske. Foto: Axel Schmidt

    Mindelheim Es war sein Jahr: Finale um die deutsche Meisterschaft, bester Goalie der DEL, Nationalmannschaft um WM-Teilnahme. Jochen Reimer (26) aus Mindelheim, seines Zeichens Eishockey-Nationaltorhüter in Diensten des EHC München, hat sich seine Kindheitsträume erfüllt. Und doch war das Jahr nicht perfekt. Wir sprachen mit dem 26-Jährigen über die vergangene Saison, den Verlust eines Freundes und den größten Fehler seiner Karriere.

    Herr Reimer, für Eishockeytorhüter gibt es so etwas wie eine „magische Quote“.

    Reimer: Ja, es gibt die Zwei-Tore-Marke. Wenn du im Schnitt weniger als zwei Gegentore pro Spiel kassierst, ist das schon ganz gut.

    Ihr Schnitt lag in der vergangenen DEL-Hauptrunde bei 1,95 und wurden deswegen von einem Fachmagazin zum besten Torhüter gewählt.

    Reimer: Ja, das war schon eine große Ehre, zumal hier Experten gewählt haben. Der Pokal, den ich dafür bekommen habe, hat jedenfalls einen Ehrenplatz bei mir.

    Zum ganz großen Triumph hat es dann aber doch nicht gereicht. Im Finale um die deutsche Meisterschaft mussten Sie sich mit den Grizzly Adams aus Wolfsburg den Eisbären Berlin geschlagen geben.

    Reimer: Wir hatten eine Supersaison gespielt, waren nach der Vorrunde Erster und haben in den Play-offs einen richtigen Durchmarsch ins Finale hingelegt. Wir haben gegen Köln und Krefeld jeweils kein Spiel abgegeben. Aber im Finale sind wir dann auf unseren Angstgegner getroffen. Nach der Niederlage im ersten Spiel war es wohl eine Kopfsache. Nach dem Motto: „Gegen die verlieren wir eh immer.“ Das Finale wurde mehr im Kopf als auf dem Eis entschieden.

    Trotzdem war es ein toller Erfolg.

    Reimer: Anfangs war es natürlich bitter, aber mit etwas Abstand gesehen, war es ein unglaubliches Erlebnis für alle. Wir hatten wirklich eine Supertruppe.

    Dennoch wechselten Sie nach nur einem Jahr von Wolfsburg nach München.

    Reimer: Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich sehr heimatverbunden bin. Damals in Düsseldorf war das noch nicht so schlimm. Da war mein Bruder Patrick ja dabei. Aber in Wolfsburg habe ich mich einfach nicht wohl gefühlt und konnte mich mit der Stadt auch nicht anfreunden. Es war einfach zu flach. (lacht)

    Das Angebot aus München kam also gerade recht?

    Reimer: Ganz genau. Ich brauche die Nähe zur Heimat einfach. Ich habe dafür sogar auf Gehalt verzichtet. Denn ich hätte woanders sicher mehr verdienen können.

    Dafür haben Sie beim EHC München einen schicken neuen Helm bekommen, der genau diese Heimatliebe auch symbolisiert.

    Reimer: Ja, in Sachen Helm können wir Torhüter uns ja richtig austoben. Ich habe mich für vier Motive entschieden, die zu mir passen.

    Als da wäre die Figur Joker aus dem Batman-Film.

    Reimer: Joker ist mein Spitzname. Zu dem bin ich gekommen, weil die nordamerikanischen Spieler meinen Vornamen nie richtig aussprechen konnten. Und weil ich noch dazu auch meistens der Pausenclown bin, hat das ganz gut gepasst.

    Dann hätten wir die Münchner Frauenkirche.

    Reimer: Ich wollte auch ein Symbol der Stadt München drauf haben, schließlich spiele ich ja dort.

    Es hätte ja auch die Allianz Arena sein können.

    Reimer: Ja, die wäre mir auch lieber gewesen. Schließlich bin ich großer Bayern-Fan. Aber wir haben beim EHC München auch viele Fans von den Blauen. Deswegen habe ich etwas Neutraleres gewählt. (lacht)

    Das nächste Bild ist die Nummer 20, umrahmt von Engelsflügel. Die Erinnerung an den schmerzhaftesten Tag im vergangenen Jahr?

    Reimer: Ja, die Nummer 20 gehörte meinem Freund Robert Dietrich (Dietrich starb im September bei einem Flugzeugabsturz in Russland, Anm. d. Red.). Sein Tod hat alles überschattet. Das ist für mich immer noch jeden Tag unbegreiflich.

    Wie sind Sie mit dieser Tragödie umgegangen. Helm auf und alles ausblenden?

    Reimer: Nein, das kann ich nicht. Trainer und Manager haben mir damals gesagt, ich könne mir so viel Zeit nehmen, wie ich brauche. Aber ich habe mir gedacht, dass es Didi sicher nicht gewollt hätte, wenn ich das, was uns beide verbunden hat und was wir beide geliebt haben, aufgeben würde. Auch wenn es nur für eine kurze Zeit ist. Es war dann ganz gut, dass ich trainiert habe und nicht daheim herumgesessen bin.

    Das vierte Bild auf dem Helm ist die Statue von Georg von Frundsberg vom Mindelheimer Rathaus.

    Reimer: Der musste natürlich drauf. Denn für einen Mindelheimer ist das Frundbergfest natürlich das Highlight schlechthin. Mit meinen beiden Brüdern bin ich im Fähnlein Ems, bei den Fechtern. Ich freue mich jetzt schon tierisch auf den nächsten Sommer.

    2009 waren Sie aber nicht anzutreffen. Warum?

    Reimer: Oh ja, das war der größte Fehler meiner Karriere. (lacht) Sowas passiert mir nicht mehr. Ich war damals in Los Angeles, wo ich mit meinem damaligen Torwartkollegen aus Düsseldorf, Jamie Storr, ein Sommertraining absolviert hatte. Jeden Abend hing ich dann vor der Mindelheim-Webcam. Das hat mir mehr ausgemacht, als ich gedacht hatte. Deswegen geht es nächstes Jahr gleich nach der Saison nach L.A. – nicht erst im Juni.

    Bis dahin steht aber in der DEL noch einiges an.

    Reimer: Die harten Wochen kommen jetzt. Um Weihnachten und Neujahr haben wir die meisten Spiele – und ein absolutes Highlight am 30. Dezember. Da spielen wir in der Olympiahalle gegen die Augsburger Panther. Vor hoffentlich 11000 Zuschauern.

    Wo soll es mit dem EHC München in dieser Saison hingehen?

    Reimer: Ziel sind die Play-offs. Wenn wir die nicht direkt, sondern über die Pre-Play-offs erreichen müssen, dann machen wir das eben.

    Hand aufs Herz: Wenn Ihnen vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, dass Sie um die deutsche Meisterschaft spielen und bei einer Weltmeisterschaft dabei sind – hätten Sie es geglaubt?

    Reimer: Nun ja, ich habe immer gesagt, dass ich Eishockeyprofi werde. Sogar schon in der Schule, als wir Bewerbungsschreiben geübt haben, habe ich gesagt: „Ich werde eh mal Profi.“ Dass es natürlich so gut laufen würde... Ich weiß noch, wie ich früher Peppi Heiß (ehemaliger Nationaltorhüter, u. a. bei den Kölner Haien, Anm. d. Red.) im Fernsehen angeschaut habe. Und heute ist er mein Torwarttrainer.

    Interview: Axel Schmidt

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