Fokussierter Blick, den Ball sicher am Fuß, stolz den Bundesadler auf der Brust. So war Lukas Sepp Anfang des Jahres groß auf Länderspiel-Plakaten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zu sehen. Der 22-Jährige aus der Ostallgäuer Marktgemeinde Unterthingau ist in den vergangenen Monaten zum Gesicht der Futsal-Nationalmannschaft geworden und gilt als eines der größten Hallenfußball-Talente des Landes. Dabei kickte er vor zwei Jahren noch achtklassig in der Kreisliga Allgäu Süd für die zweite Mannschaft des VfB Durach. „Ich bin manchmal selbst überrascht, wie schnell alles ging. Es gibt Tage, an denen kann ich das noch immer nicht fassen“, sagt der Blondschopf.
Am 15. Oktober 2016 lief Sepp beim Heimspiel gegen die SG Kleinweiler-Wengen zum letzten Mal im Duracher Trikot auf. Seine Laufbahn bis dato ist schnell zusammengefasst: Mit fünf Jahren besuchte er erstmals ein Fußball-Training daheim in Unterthingau, später reifte er in den Jugendteams der SpVgg Kaufbeuren, des FC Kempten und des VfB Durach taktisch und technisch zum gestandenen Mittelfeldspieler. „Schon damals hat mir Fußball in der Halle mehr Spaß gemacht als draußen auf dem Feld“, erzählt er. Dieses Talent erkannten auch seine Trainer: Wenn es im Winter zu diversen Hallenturnieren ging, durfte Sepp sogar in der ersten Mannschaft mitspielen.
Sepp war dabei, als die DFB-Auswahl Geschichte schrieb
Der Durchbruch gelang, als er im Herbst 2016 des Studiums wegen nach Köln zog und dort bei den Futsal Panthers, dem deutschen Meister von 2009, anheuerte. Der Allgäuer hat sich nach erfolgreichem Probetraining in kürzester Zeit in den Vordergrund gespielt. Vor wenigen Monaten kam sogar die Berufung in die Nationalmannschaft. Per E-Mail. Ein besonderer Tag für Sepp, der rückblickend sagt: „Ich habe das Nationalteam kurz zuvor noch bei Länderspielen im Fernsehen bewundert und plötzlich war ich ein Teil davon. Diese Mail hat mich emotional schon sehr aufgewühlt.“ Mittlerweile stehen neun Länderspiele in seiner Vita, ein Tor und eine Vorlage. Anfang Februar kickte er mit der DFB-Auswahl bei der WM-Qualifikation in Georgien vor knapp 3000 Zuschauern. Und Deutschland schrieb dabei Futsal-Geschichte, denn zum ersten Mal überhaupt wurde die zweite Runde dieses Wettbewerbs erreicht. Nun wartet auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 2020 in Litauen unter anderem Europameister Portugal. Doch während Fußball-Profis am Ball viel Geld verdienen, führt Sepp ein bescheidenes Studentenleben. Er arbeitet nebenbei als Schwimm- und Ballschullehrer in Köln, ermöglicht Flüchtlingskindern Abwechslung im Alltag durch Bewegung. Freie Zeit für solche Projekte – und die Besuche zu Hause bei Familie und Freunden im Allgäu – ist rar geworden. „Mein Leben ist größtenteils aufs Futsal ausgelegt“, sagt er. Sprich: Drei Mal pro Woche ist Training im Verein, dazu Videoanalyse und individuelle Einheiten nach strengem Plan des Nationaltrainers, Pressetermine und Fotoshootings. „Für mich ist das schon sehr viel Neues, an das ich mich erst gewöhnen musste“, meint der 22-Jährige.
Trotz Action und Tempo: Im Allgäu spielen immer weniger Leute Futsal
Während er mit den Kölner Panthern in den kommenden Wochen ein weiteres Mal um die deutsche Futsal-Krone spielt und es in seiner Wahl-Heimat professionell organisierten Liga-Spielbetrieb bis in die unteren Klassen gibt, steht diese Form des Hallenfußballs (gespielt wird auf Handballtore mit einem speziellen Ball, dessen Sprungverhalten reduziert ist) im Allgäu nach wie vor in der Kritik. Bei offiziellen Turnieren gehen die Teilnehmerzahlen seit Jahren zurück. Sepp kann das nicht nachvollziehen. Er sagt: „Futsal bietet so viel Action, das Tempo ist hoch und die taktischen Ansprüche sind es auch. Man ist nicht positionsgebunden, sondern in Abwehr und Angriff gleichermaßen gefordert. Das gefällt mir.“ Im internationalen Vergleich gelte Deutschland als Futsal-Entwicklungsland. Andere Länder wie Spanien, Russland und Brasilien, meint Sepp, seien weit voraus: „Mehr Jugendarbeit in diesem Bereich wäre wichtig und auch für die technische Entwicklung der jungen Spieler wertvoll.“