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Pro und Contra: Brauchen wir ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer zur EM?

Pro und Contra

Brauchen wir ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer zur EM?

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    Jubel, Trubel, Heiterkeit - bei der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft hoffen viele auf eine Neuauflage des "Sommermärchens" von 2006. Nicht alle sind von dem schwarz-rot-goldenen Flaggenmeer begeistert. (Archivfoto)
    Jubel, Trubel, Heiterkeit - bei der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaft hoffen viele auf eine Neuauflage des "Sommermärchens" von 2006. Nicht alle sind von dem schwarz-rot-goldenen Flaggenmeer begeistert. (Archivfoto) Foto: Sebastian Kahnert

    Pro: Nationalfarben sorgen für Gemeinschaftsgefühl

    Ein alter Freund fragte mich vor 18 Jahren, worin genau unser Problem liege. Mit "unser Problem" meinte er die Diskussionen um das Zurschaustellen der Nationalfarben zur Weltmeisterschaft 2006, deren Ausrichter Deutschland war. Man muss nun dazu wissen, dass mein Freund Franzose ist. Keiner, der jeden 14. Juli mit Baskenmütze auf dem Kopf und einem Baguette unter dem Arm an den Champs Élysées zur Militärparade salutiert, während die Luftwaffe die Trikolore in den Himmel malt. 

    Er ist einfach ein netter Franzose, der aber dennoch nicht so ganz verstehen konnte, warum wir Deutschen darüber diskutierten, ob und in welchem Umfang man seine Freude über ein gewonnenes Fußballspiel mit den Nationalfarben feiern darf. "Warum feiert ihr mit angezogener Handbremse?" Diese Frage stellte ich mir damals auch - und war froh, dass sie sich im Sommer 2006 von Tag zu Tag immer weniger stellte. 

    Damals präsentierte sich Deutschland als perfekter Gastgeber: weltoffen, zuvorkommend, fair - und vor allem fröhlich. Die Welt war begeistert, die Deutschen selbst sprechen heute noch vom Sommermärchen, von vier Wochen Sonnenschein, Partystimmung und eben jenem fröhlichen Patriotismus. Es war keine politische Aussage, eine Deutschlandfahne an seinem Balkon zu befestigen, sondern der Ausdruck, Teil einer Glücks-trunkenen Fan-Gemeinschaft zu sein. Nicht mehr und nicht weniger. Schwarz-rot-gold hatte etwas identitätsstiftendes. 

    Ich hätte nichts dagegen, wenn es in diesem Jahr wieder dazu käme: vier Wochen gute Laune und endlich einmal wieder eine Art Gemeinschaftsgefühl. Präsentiert durch die Nationalfarben, egal, ob sie nun auf Fahnen, Trikots oder Autospiegelsocken prangen. (Axel Schmidt)

    Contra: Schwarz-Rot-Gold ist überflüssig

    Ein gar nicht so alter Freund fragte mich, ob wir Deutschen denn so gar nichts gelernt hätten? Er meinte damit das überbordende Zurschaustellen der Nationalfarben zur Weltmeisterschaft 2006. Nein, er ist nicht etwa Ausländer, mein Freund. Er ist – wie ich – Deutscher und durchaus dankbar, in diesem schönen Land aufgewachsen und alt geworden zu sein. Doch mehr als Dankbarkeit, ein Deutscher sein zu können, ist nicht drin – von einem wie auch immer gearteten „Stolz“ auf dieses „Vaterland“ will ich ganz und gar nichts wissen!

    Aber keine Sorge – der erhobene Moral-Zeigefinger bleibt stecken. Ich habe gar kein schlechtes Gewissen, wenn ich so gar nichts mit diesem Vaterlands-Gedöns anfangen kann. Einigkeit und Recht und Freiheit – super! Deutschland einig Vaterland? Da wird mir mulmig. Die Grenze zwischen gerade noch zu ertragendem Patriotismus und hirnlosem Nationalismus ist nur einen Millimeter entfernt, dafür legt das Gegröle auf Saufpartys von Sylt bis ins Unterallgäu leider ein unüberhörbares Zeugnis ab. 

    Wenn es Schwarz-Rot-Rapsgelb oder Nationalhymnen-singender Fußballspieler bedarf, um (wieder?) eine Identität in diesem unserem Heimatland zu stiften, dann kann ich darauf gerne verzichten. Ich freue mich, wenn das deutsche Team die EM gewinnt. Ich ärgere mich, wenn die deutsche Multi-Kulti-Truppe rausfliegt. Ich kotze über die Alltags-rassistischen Kommentare in den a-sozialen Medien über zu wenige weiße Nationalspieler oder einen Ilkay Gündogan als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft.

    Gibt es ein Sommermärchen 2.0? Hoffentlich! Gute Laune, Weltoffenheit, Diversität, Party, Jubel, Trubel, Heiterkeit! Ganz Deutschland zeigt sich von seiner besten Seite? Super! Wozu braucht man da Nationalstolz, eine Nationalhymne oder eine Schwarz-Rot-Rapsgelbe Nationalflagge? (Alf Geiger)

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