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Pferdesport: Holzrücker kämpfen in Bad Wörishofen um den Bayern-Titel

Pferdesport

Holzrücker kämpfen in Bad Wörishofen um den Bayern-Titel

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    In aller Seelenruhe zieht Kaltblüter Gustl mit Besitzer Robert Mutzel die gefällten Baumstämme an den Wegesrand.
    In aller Seelenruhe zieht Kaltblüter Gustl mit Besitzer Robert Mutzel die gefällten Baumstämme an den Wegesrand. Foto: Kathrin Elsner

    Mit treuen Augen stehen die Kaltblüter Gustl, Willi und Hansi auf der Weide und warten gespannt, wer heute mit Besitzer Robert Mutzel zum Holzrücken in den Wald fahren darf. Der Mindelheimer pflegt sein ungewöhnliches Hobby seit rund 20 Jahren und sieht der baldigen Teilnahme an den Offenen Bayerischen Meisterschaften völlig gelassen entgegen.

    Süddeutsches Kaltblut Gustl hat Glück, die Wahl fällt an diesem lauen Sommerabend auf ihn. "Die Pferde wollen arbeiten", sagt Besitzer Robert Mutzel und legt der kraftvollen Schönheit in einem privaten Waldstück das Zuggeschirr an, schon geht es los. Mit klaren Kommandos führt Mutzel das starke Ross durch unwegsames Hanggelände über Äste, Baumstämme, Stock und Stein, für Ross und Fuhrmann kein Problem. 

    Holzrücken ist Kopfarbeit für die Pferde

    "Hot" heißt dabei beispielsweise rechts, "wüst" links. Ross und Reiter arbeiten hochkonzentriert im hervorragend funktionierenden Team zusammen. "Es heißt Holz macht Pferde", verrät Mutzel, auch für das Pferd sei hier Kopfarbeit gefragt. Gustl sieht's gelassen und zieht einen Baumstamm nach dem anderen zum Wegesrand zur Abholung. Bis ihn die lästigen Pferdebremsen plagen und deutlich wird, dass seine Arbeitsmotivation nachlässt. Robert Mutzel macht Schluss für heute. "Das Tierwohl steht immer im Vordergrund", betont er und bringt seinen treuen Vierbeiner in den Stall. 

    Drei stattliche Kaltblüter, eine große Liebe: Robert Mutzel mit (von links) Hansi (Percheron), Gustl (Süddeutsches Kaltblut) und Willi (Percheron).
    Drei stattliche Kaltblüter, eine große Liebe: Robert Mutzel mit (von links) Hansi (Percheron), Gustl (Süddeutsches Kaltblut) und Willi (Percheron). Foto: Kathrin Elsner

    Für ihn selbst sei das Holzrücken die ideale Entspannung und auch eine sportliche Anstrengung, die ihresgleichen sucht. "Was will man mehr - die Ruhe, die gute Luft, es macht mir extrem Spaß." Zudem freut sich der ambitionierte Hobbyholzrücker, dass er einen Beitrag zur nachhaltigen Forstwirtschaft leisten kann. Holzrücken mit dem Pferd führe zu keiner Bodenverdichtung, der Waldboden werde durch die Hufe eher etwas aufgelockert. Ein großer Vorteil sei auch, dass an den anderen Bäumen kein Schaden entstehe, da die Pferde präzise daran vorbeigeführt werden. Doch wie kommt man eigentlich zum Hobby Holzrücken?

    Er fuhr mit einem selbst gebauten Kampfwagen durch den Skyline-Park

    "Meine Tochter wollte vor rund 25 Jahren anfangen zu reiten", erinnert sich Robert Mutzel schmunzelnd. Das sei so teuer gewesen, dass er lieber gleich selbst einen Haflinger angeschafft habe. Er brachte ihn in einem Stall unter, in dem auch Süddeutsche Kaltblüter standen und kümmerte sich spontan um einen der sanften Riesen. "Das taugt mir, das ist richtig gut", fand er schnell heraus, ein neues Hobby war gefunden. Er lernte das zwei-, vier- und sechsspännige Fahren und kaufte schon bald sein erstes eigenes Kaltblut Wotan. "Mir hat das einfach Spaß gemacht, ich habe immer gute Ideen gehabt", erzählt er und lacht. "Ich habe mal einen Kampfwagen gebaut und bin bei der Nacht der Pferde damit durch den Skyline-Park gefahren."

    Mit dem Holzrücken habe er eines Tages angefangen, als das Wetter schlecht war und er für das Pferd eine Beschäftigung brauchte. "Ich hatte das irgendwo mal gelesen", erinnert er sich, also Zuggeschirr gekauft, Zugbaum mit Rückeketten selbst gebaut und schon konnte es losgehen. Er ging bei einem erfahrenen Holzrücker in die Lehre und fand sofort Spaß an der harten Arbeit im Wald. Ohne vorher trainiert zu haben, nahm er schon bald an seinem ersten kleinen Holzrücke-Turnier teil - genau wie seine Ehefrau Birgit, die von ihrem Glück bis zum Eintreffen am Turnierort nichts wusste, jedoch spontan die Frauenwertung gewann. 

    Mangels Wettbewerben in der heimischen Region organisierte er vor etwa sechs Jahren die erste Mindelheimer Holzrückemeisterschaft auf der Schwabenwiese. "Innerhalb von fünf Minuten waren die Startplätze belegt", erinnert er sich, über 1000 Zuschauer waren begeistert. Eine Wiederholung habe bis zum heutigen Tage nicht stattgefunden, umso mehr freue er sich nun auf die anstehenden Offenen Bayerischen Meisterschaften. "Da kommt schon die bayerische Elite", freut sich Mutzel, sein Ziel sei, auf keinen Fall letzter zu werden, sondern im vorderen Mittelfeld zu landen. "In der Kaltblutszene sind lauter Gleichgesinnte", freut er sich, "es gibt kein böses Blut, jeder gönnt es jedem." Trainieren wird er mit seinen drei selbst ausgebildeten Rössern Gustl, Willi und Hansi vielleicht eine Woche vorher, "ich bin da spontan und entspannt". Genau das sei nicht nur für den Wettkampf, sondern auch in allen anderen Situationen wichtig. "Du selbst musst ruhig sein, das überträgt sich aufs Pferd."

    Der RFV Bad Wörishofen richtete die bayerischen Meisterschaften aus

    Starten wird Robert Mutzel sowohl im Ein- als auch im Zweispänner. Auf einem der realen Alltagswelt der Arbeitspferde nachempfundenen Parcours gilt es, verschiedenartigste Hindernisse in vorgegebener Zeit fehlerfrei zu meistern. Der angehängte Baumstamm darf ausschließlich durch das Pferd gezogen, geschoben oder gerollt werden, besonderer Wert wird auf einen tiergerechten und harmonischen Umgang des Fuhrmanns mit seinem Pferd gelegt. Für welche Hindernisse sich die zum Wettbewerb einladende Interessengemeinschaft Zugpferde Landesverband Bayern in Zusammenarbeit mit dem Reit- & Fahrverein Bad Wörishofen entscheidet, bleibt für die Teilnehmer eine Überraschung.

    Die 13. Offenen Bayerischen Meisterschaften im Holzrücken finden auf der Reitanlage des Reit- und Fahrvereins Bad Wörishofen (Ulla-Salzgeber-Weg 5) statt. Gestartet wird am Samstag, 13. Juli, um 8 Uhr mit den Einspännern. Am Sonntag, 14. Juli, werden die Zweispänner zu sehen sein, gegen 16 Uhr ist die Siegerehrung beider Wettbewerbe geplant. Der Eintritt beträgt drei Euro, Kinder bis 16 Jahren haben freien Eintritt. Nähere Informationen unter www.rfv-badwoerishofen.de

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