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Tatort Schwaben: True Crime: Stille Post in Richtung Ost

Tatort Schwaben

True Crime: Stille Post in Richtung Ost

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    In der Tageszeitung wurden Spionage und Verrat thematisiert. Denn immer häufiger kamen entsprechende Fälle ans Licht
    In der Tageszeitung wurden Spionage und Verrat thematisiert. Denn immer häufiger kamen entsprechende Fälle ans Licht Foto: Maximilian Czysz (Repro)

    Was sich 1951 am helllichten Tag in Bad Wörishofen abspielte, erinnerte an einen Agententhriller. Dass der Vorfall tatsächlich etwas mit Spionage zu tun haben könnte, ahnte damals niemand. Zwei Männer wurden plötzlich von Unbekannten in ein Auto gezerrt. Angehörige gingen zunächst von einer Entführung aus. Dann stellte sich heraus: Bei den Entführern handelte es sich um Mitarbeiter des US-Geheimdienstes, die zwei Haftbefehle vollstreckten. Im Fokus standen zwei Männer, die zu einem kleinen Spionage-Ring gehörten. Dessen Mitglieder sammelten Informationen über die Besatzungskräfte und übermittelten diese in den Osten.

    Kopf der Gruppe war Erich F., der den Decknamen Kuehn trug. Ihm sollten der 34-jährige Fritz T. aus Bad Wörishofen und ein Mann namens Wulf S. zuarbeiten. Kuehn soll T. versprochen haben, ihm bei der Volkspolizei in der damaligen Sowjetzone einen Job zu verschaffen. T. erhielt einmal 150 Mark, um sich ein Ticket für die Reise in den Osten kaufen zu können. Dafür musste er Nachforschungen anstellen. Es ging um Aufenthalt und Tätigkeit bestimmter Personen.

    Erich F. hatte eine andere Aufgabe: Er sollte den US-Geheimdienst CIC in München ausspionieren. Im Kern ging es um die Frage, wie die Mitglieder der Abwehrabteilung arbeiten. Der „Counter Intelligence Corps“ war ein Nachrichtendienst der US-Armee, der während des Zweiten Weltkriegs als polizeiähnliche Spionage-Abwehrabteilung gegründet worden war. Für die Amerikaner arbeiteten auch Deutsche. Im Unterallgäuer Spionage-Fall gab es hohe Strafen. Erich F. wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. T. und S. mussten jeweils für zwei Jahre und sechs Monate hinter Gitter.

    Ein Apfeltracher hat Geheimunterlagen über die grüne Grenze geschmuggelt

    Wesentlich geringer war die Strafe, die ein vermeintlicher Briefträger aus dem Unterallgäu 1951 erhielt. Er war kein Briefträger im herkömmlichen Sinn: Johann F. aus Apfeltrach brachte 1950 und 1951 mehrfach Umschläge mit Geheimunterlagen in die Tschechoslowakei.

    Johann F. erhielt zunächst Post: Ein Brief, in dem sich ein verschlossenes Kuvert befand. Darauf stand der Vorname eines Mittelmanns hinter dem Eisernen Vorhang. F. reiste mit der Geheimpost nach Furth im Wald, und von dort weiter über die grüne Grenze. Auf der anderen Seite wurde er von einem Auto abgeholt und nach Pilsen gebracht. In einem Hotel übergab er dann die Post. F. durfte in Pilsen übernachten, seine Spesen wurden beglichen. Dann ging es zurück nach Apfeltrach. Im Unterallgäu war er Hilfsarbeiter, in der damaligen CSR war er Agent. Wie pikant: F. unterstützte das kommunistische Land, aus dem er bei Kriegsende vertrieben worden war. Für die Briefdienste erhielt er angeblich insgesamt 500 Mark. Die Ermittlungen der amerikanischen Spionageabwehr ergaben, dass der 26-Jährige neunmal illegal die Grenze übertreten hatte. Über die Inhalte der geheimen Sendungen wusste F. angeblich nichts. Auch die Absender der Briefe wollte er nicht gekannt haben. Ihm sei eingebläut worden, keinerlei Aufzeichnungen zu machen, sagte F. später vor einem amerikanischen Gericht in Augsburg aus. Der Briefträger wurde zu 18 Monaten Haft verurteilt.

    Tatort Schwaben

    Echte Verbrechen, packend erzählt: In einer neuen Serie stellt die Redaktion zum Teil vergessene Kriminalfälle aus der Region vor. Spannung und Nervenkitzel sind garantiert: Es geht um Raub, Mord und um Spionage nach dem Krieg. Die True-Crime-Serie ermöglicht Einblicke in die Arbeit der Ermittler und dokumentiert menschliche Abgründe.

    Wer mehr „True Crime“ lesen möchte: Im Verlag Hans Högel KG, Mindelheim, ist das Buch „Tatort Schwaben“ erschienen. Der Kriminalgeschichtensammlung sind die meisten Fälle für die neue Serie entnommen.

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