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Mitgefahren: Wenn es dunkel wird im Faschingsland

Mitgefahren

Wenn es dunkel wird im Faschingsland

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    Polizeihauptmeisterin Silke Jakwerth bei einer Verkehrskontrolle: Der ältere Herr sucht gerade sein Warndreieck. In dem Chaos aus Pfandflaschen ist das alles andere als leicht.
    Polizeihauptmeisterin Silke Jakwerth bei einer Verkehrskontrolle: Der ältere Herr sucht gerade sein Warndreieck. In dem Chaos aus Pfandflaschen ist das alles andere als leicht. Foto: Fotos: Alexander Sing

    Bad Wörishofen/Unterallgäu Knackend erwacht das Funkgerät zum Leben. Die Durchsage: Auf der Dienststelle randaliert ein Betrunkener. Die Beamten, die im silber-grünen BMW durch die Nacht gleiten, brauchen aber nicht zu antworten. Denn die betroffene

    Die Besprechung zu Beginn der Nachtschicht lässt noch anderes ahnen. Pünktlich um 19 Uhr setzen sich die sieben diensthabenden Beamten unter der Leitung von Polizeihauptmeisterin Silke Jakwerth im sogenannten Sozialraum, einer Mischung aus Küche und Esszimmer, zusammen. Nach zwei jugendlichen Ausreißern wird gefahndet, abgehauen von Zuhause beziehungsweise aus dem Jugendheim. Außerdem finden in Wiedergeltingen, Irsingen und Markt Wald Faschingsbälle statt. Bevor dort aber eine Streife vorbeigeschickt wird, bitten die Mindelheimer Kollegen um Unterstützung. Ein junger Mann aus Bad Wörishofen, seit Langem polizeibekannt, schuldet dem Staat noch über 300 Euro, seit Monaten vertröstet er die Beamten. Wenn er sie an diesem Abend nicht aufbringen kann, muss er die Nacht in einer Zelle in der JVA Memmingen verbringen. Der Betroffene, dem die Beamten ruhig und freundlich – man kennt sich ja mittlerweile – die Lage erklären, hat das Geld nicht im Haus. Er wird vorläufig festgenommen. Eine Stunde später aber haben Freunde das Geld besorgt und ihn von der Wache abgeholt.

    Um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen, fährt dann zunächst eine Zivilstreife durch das östliche Unterallgäu. Hier und da wird eine Verkehrskontrolle durchgeführt, nebenbei werden Witze gerissen. Die Stimmung ist allgemein sehr locker. Wenn man auf der anderen Seite steht, glaubt man das oft nicht. Denn da schnellt der Puls unweigerlich nach oben, wenn im Rücken das Blaulicht aufblinkt. Auch wenn man nichts getan hat. Das geht aber den Beamten nicht anders. „Wenn ich privat unterwegs bin, fahre sogar ich automatisch langsamer, wenn ich ein Polizeiauto sehe“, verrät Polizeiobermeister Arthur Haupt.

    Währenddessen ist die Nacht weiter fortgeschritten, aber noch immer ist nichts Aufregendes passiert. Bei zahlreichen Verkehrskontrollen im normalen Streifenwagen trifft man die ganze Bandbreite an. Vom Jugendlichen in Papas Sportwagen, über den Radfahrer ohne Licht und die Fahranfängerin mit drei betrunkenen und Fast Food mampfenden Jungs im Auto bis zum Fahrlehrer, der nur ein Bier getrunken hat, ist alles dabei. Das Schema ist dabei klar. Auffällige Autos oder Fahrer werden eher kontrolliert. Fährt ein verrosteter Golf mit einem jungen Mann am Steuer vor einem von einer Mutter gesteuerten Minivan, dann ist die Wahl klar. Und was außerdem auffällt: Autos passen oft zu ihren Fahrern. „Das Gesamtbild“, so Polizeihauptmeister Thomas Scheed, „ist auch entscheidend dafür, wie wir uns verhalten.“

    Weiteres Highlight ist im Laufe der Nacht der vor einem Glascontainer parkende Kleinwagen eines Pfandsammlers, bis unters Dach vollgestopft mit Flaschen. Stammen einige von ihnen aus dem Container? Das wäre verboten. Die Polizisten schauen ganz genau hin, belassen es aber bei einer Verwarnung.

    Auf den Faschingsbällen, allesamt recht gut besucht, tut sich im Verlauf der Nacht nichts Illegales. Wie vorgeschrieben werden um 3 Uhr die letzten Besucher nach Hause geschickt, Schlägereien oder Ähnliches bleiben aus. Die seien eher zu erwarten, so sagen die Beamten, wenn im Sommer die Festzelte ihre Pforten öffnen. Einziges Vorkommnis bleibt eine Drogenfahrt in der Nähe des Skyline–Parks. Nachdem die kontrollierenden Beamten in Zivil bemerken, dass die Pupillen des 25-Jährigen nicht auf Licht reagieren, fahren sie mit ihm ins Krankenhaus und lassen Blut abnehmen. Er darf vorläufig nicht weiterfahren.

    Die Nachtschicht geht noch bis 7 Uhr, aber zu erwarten ist nach Schankschluss auf den Bällen nichts mehr. Es war ein ruhiger Faschingssamstag. Das ist einerseits entspannend für die diensthabenden Beamten. Andererseits „geht dann auch die Zeit nicht so schnell rum“, sagt Silke Jakwerth. Während die Kollegen aus Mindelheim nach einem Unbekannten fahnden, der mit einem gestohlenen Auto einen Gartenzaun umgefahren hat, kann man sich in Bad Wörishofen zumindest in dieser Nacht auf einen ruhigen Schichtausklang einrichten. Es werden sicher wieder weniger ruhige Nächte kommen.

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