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Foto: Sandra Baumberger
Foto: Sandra Baumberger

Erste Hilfe kennt jeder, doch Letzte Hilfe? Heike Holzer (l.) und Sabine Mussack vom Sankt-Elisabeth-Hospizverein erklären, wie man Sterbenden helfen kann.

Mindelheim
06.03.2019

Was es mit den Letzte-Hilfe-Kursen auf sich hat

Von Sandra Baumberger

Erste-Hilfe-Kurse kennt fast jeder. Aber wie hilft man Sterbenden? Ein neuer Kurs der Unterallgäuer Volkshochschule gibt Antworten.

Es gibt Geburtsvorbereitungs- und Stillkurse, Kurse zum Übergang vom Berufsleben in die Rente und natürlich den Erste-Hilfe-Kurs, den im besten Fall jeder mindestens einmal im Laufe seines Lebens absolviert. Doch ausgerechnet für den Lebensabschnitt, der nach Ansicht mancher schon mit der Geburt beginnt, gibt es kaum Angebote: das Sterben. Denn auch wenn sich die meisten wünschen, eines möglichst fernen Tages einfach einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen, sieht die Wirklichkeit in den meisten Fällen anders aus.

„Die Chance, dass man Erste Hilfe leisten muss, ist viel geringer, als dass man Letzte Hilfe leisten muss“, weiß Sabine Mussack aus eigener Erfahrung. Die gelernte Krankenschwester hat früher selbst Erste-Hilfe-Kurse gegeben, ihr Wissen privat glücklicherweise aber nie anwenden müssen. Inzwischen ist sie wie die Sozialpädagogin Heike Holzer Palliativcare-Fachkraft im Sankt-Elisabeth-Hospizverein, der Sterbende und ihre Angehörigen auf dem letzten Abschnitt ihres Lebensweges begleitet.

Mit ihren Kursen im Unterallgäu wollen die Frauen die Angst vor dem Thema Sterben nehmen

Wenn sie bei Hausbesuchen Tipps gaben, haben sie immer wieder gehört: „Hätte ich das schon vorher gewusst, wäre vieles leichter gewesen.“ Ihnen ist aufgefallen, wie viele Fragen sich den Schwerkranken und ihren Angehörigen plötzlich stellen: Wie kann man das Leid in den letzten Lebenswochen lindern? Was ist in dieser Lebensphase noch wichtig und worauf kann man getrost verzichten? Wo findet man Hilfe? Welche Bestattungsmöglichkeiten gibt es? Wie lange darf ein Toter zuhause aufgebahrt werden? Welche Angebote gibt es für Trauernde?

Diese und viele weitere Fragen wollen die beiden in ihrem dreieinhalbstündigen Letzte-Hilfe-Kurs beantworten. Nicht in der Tiefe, das wäre angesichts der Themenvielfalt in der kurzen Zeit schlicht unmöglich. Vielmehr geht es ihnen darum, den Teilnehmern einen Überblick und Anregungen zu geben – und vor allem darum, sie zu ermutigen. „Wir wollen Mut machen, da zu bleiben und die Situation auszuhalten. Sie ist nicht ausweglos, man kann sie gestalten. Und wir wollen zeigen, dass man kein Experte sein muss, um einen Sterbenden zu begleiten“, sagt Heike Holzer und Sabine Mussack ergänzt: „Ich finde es wichtig, dass man die Angst nimmt vor diesem Thema.“

Im jüngsten Kurs der beiden in Memmingen saß ein Mann, der gerade selbst eine Krebsdiagnose bekommen hatte und sich nun erstmals mit dem eigenen Tod auseinandergesetzt hat. Er wollte sich vorbereiten, auf das, was vor ihm liegt – so wie auch die erwachsenen Kinder, die sich bis zuletzt um ihre betagten Eltern kümmern wollen. Zwei ältere Schwestern haben beschlossen, ihr Lebensende selbstbestimmt zu gestalten und interessierten sich ganz konkret für Pflege- und Palliativ-Angebote und die damit verbundenen Kosten. „Der Kurs ist ein Angebot, sich dem Thema anzunähern“, sagt Heike Holzer.

Wie ein Sprühfläschchen einem Sterbenden helfen kann

Aufgebaut ist er aus vier Modulen. Es geht um „Sterben als ein Teil des Lebens“, „Vorsorgen und entscheiden“, „Leiden lindern“ und „Abschied nehmen“. Die Teilnehmer bekommen Adressen von weiteren Ansprechpartnern an die Hand – und vor allem im Modul „Leiden lindern“ auch etliche praktische Tipps. So leiden beispielsweise viele Sterbende unter einem trockenen Mund und einem starken Durstgefühl, sind aber oft nicht mehr in der Lage, größere Mengen zu trinken oder überhaupt zu schlucken. In diesen Fällen kann ein Sprühfläschchen helfen, mit dem man das Lieblingsgetränk des Sterbenden auf seine Lippen sprüht. Einen ähnlichen Effekt hat ein Stäbchen mit Schaumstoffkopf, das man in Flüssigkeiten tauchen und an dem der Sterbende ein wenig saugen kann. Auch Mini-Eiswürfel haben sich laut Sabine Mussack bewährt. „Schwerkranke und Sterbende lieben Eis“, ist ihre Erfahrung. Die meisten Angehörigen sind froh um solche Tipps. Endlich können sie etwas tun und fühlen sich ein bisschen weniger hilflos.

Denn auch darum geht es den beiden Kursleiterinnen: Im Mittelpunkt steht nicht nur das Leid des Sterbenden, sondern auch das der Angehörigen, die irgendwie damit zurechtkommen müssen, einen geliebten Menschen zu verlieren.

Termine: Die nächsten Letzte-Hilfe-Kurse finden statt am Freitag, 29. März, 9 bis 12.30 Uhr, im VHS-Raum Babenhausen; am Donnerstag, 23. Mai, 9 bis 12.30 Uhr, im Mehrgenerationenhaus Bad Wörishofen. Anmelden kann man sich über die VHS unter der Telefonnummer 08261/9124 sowie unter www.vhs-ua.de. Fragen zum Kurs beantworten Heike Holzer und Sabine Mussack, unter den Telefonnummern 08331/4908989 und 08261/7632726.

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