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Mindelheim: Über eine besondere Schule und die Namensgleichheit mit Ex-Kanzlerin Merkel

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Über eine besondere Schule und die Namensgleichheit mit Ex-Kanzlerin Merkel

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    Beate Merkel ist begeistert von der besonderen Atmosphäre am Mindelheimer Maristen-Gymnasium.
    Beate Merkel ist begeistert von der besonderen Atmosphäre am Mindelheimer Maristen-Gymnasium. Foto: Ellen Feil/Maristen

    Ihr Bauchgefühl hat sie nicht getäuscht. Als Beate Merkel im Frühsommer beim Schulwerk der Diözese Augsburg zugesagt hat, die Leitung des Gymnasiums des Maristenkollegs in Mindelheim als Nachfolgerin von Gottfried Wesseli zu übernehmen, „hatte ich von Anfang an ein positives Gefühl“. Diese Schule, da hegt sie keinerlei Zweifel, atme einen besonderen Geist.

    Als im Oktober eine beliebte Kollegin verstorben war, „zeigte sich, wie die Kolleginnen und Kollegen zusammenhalten“. Mit außerordentlicher Fürsorge hätten die gut 70 Lehrkräfte die Mehrarbeit, die plötzlich angefallen war, übernommen. „Eine solche Solidarität ist außergewöhnlich“, sagt Merkel.

    Diese besondere Atmosphäre an der Schule hat sich für die 56-Jährige an einem Ereignis quasi verdichtet. Die Schule beginnt dort nach den großen Sommerferien traditionell mit einem Anfangsgottesdienst. Wegen Corona lief das heuer in mehreren Schritten ab. Jede Jahrgangsstufe traf sich getrennt in der Studienkirche.

    Da hat Merkel nicht nur erstaunt erlebt, dass die schuleigene Rockband gespielt hat und Elftklässler einen Film gezeigt haben. Sie hat auch feststellen dürfen, wie offen die Pfarrer sind. Etwas eigentlich Unvorstellbares war da geschehen. „Sie haben mich aufgefordert, die Schülerinnen und Schüler zu segnen.“ Das hat sie dann auch getan und wird diesen Moment als einen der schönsten im ganzen Jahr in Erinnerung behalten.

    So hat die Corona-Krise sogar die Lektüre-Auswahl des Gymnasiums in Mindelheim verändert

    Weil sie selbst neu an der Schule ist, hat sie darum gebeten, auch die Neuen unterrichten zu dürfen. Das ist eine fünfte Klasse in Deutsch. Von den Kindern schwärmt sie geradezu, wie nett sie alle seien.

    Ihr Lieblingsfach ist allerdings Latein. Der Dichter Ovid aus der Zeit von Kaiser Augustus ist übrigens ihr Lieblingsautor. Die Metamorphosen liest sie im Original.

    Dieses Corona-Jahr hat die Auswahl der Lektüre stark verändert. Statt großer Literatur sind es eher Ausführungsbestimmungen von übergeordneten Stellen, die Merkel tagtäglich studieren darf. Allein der organisatorische Aufwand mit Tests von Schülern, aber auch einzelnen Lehrkräften, die nicht geimpft sind, sei immens. „Als Schule übernehmen wir ja längst Aufgaben von Apothekern und Gesundheitsamt“, sagt Merkel.

    Hinzu kommen zahllose Nachfragen von Eltern, die besorgt sind und Befürchtungen haben. Merkel sagt, es sei das Vorrecht von Eltern, sich für ihre Kinder einzusetzen. In 99 Prozent der Fälle gelinge es, in persönlichen Gesprächen eine Lösung zu finden. Dass das anstrengend und zeitraubend ist, liegt auf der Hand.

    Merkel sieht darin aber weniger die Last als die Herausforderung. Sie will die Schule weiter entwickeln – zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen, den Schülerinnen und Schülern und den Eltern. Weil sie weiß, wie wichtig gute Kommunikation dabei ist, holt sie sich regelmäßig Rat von außen. Mit anderen Schulleitern tauscht sie sich aus. Und sie lernt bei einem Kommunikationscoach dazu.

    Das sagt Beate über Angela Merkel

    Denn auch Beate Merkel musste erst lernen, Dinge ehrlich, aber wertschätzend dem Gegenüber zu benennen. In aller Regel sei es ja so, dass bei Meinungsverschiedenheiten jeder gute Argumente habe. Sie vergleicht ihre Rolle deshalb mit der einer Moderatorin. Die Kunst bestehe darin, die Positionen zusammenzuführen.

    Das hat Beate Merkel auch mit ihrer Namensvetterin Angela Merkel gemein. Darin ist ihr die bisherige Bundeskanzlerin auch ein großes Vorbild. Den großen Unterschied sieht Beate Merkel darin, dass man sich nicht im operativen Klein-Klein des Tagesgeschäfts verlieren dürfe. Es brauche Visionen, und die habe Angela Merkel aus Sicht von Beate Merkel zu wenige gehabt. Denn sonst wäre eine „so blutleere CDU“ kaum vorstellbar, wie sie die Kanzlerin hinterlassen habe. Mit der Namensgleichheit hat Beate Merkel allerdings nicht immer Freude gehabt. In einem Schweizer Hotel musste sie sich schon mal anhören, als ihr Name fiel: „Na ja, für die Verwandtschaft kann man ja nichts.“

    Aber zurück zur Schule. Da gibt es genug Herausforderungen. Sorgen machen der Direktorin, dass in Folge von Corona mehr Kinder Defizite haben. Manche seien zwar gut zurechtgekommen. Viele hätten einen regelrechten Motivationseinbruch erlitten. Vor allem mit der Arbeitshaltung hapere es. Suchtverhalten habe zugenommen, etwa Handysucht oder Magersucht. Das Ministerium und das Schulwerk versuchen hier gegenzusteuern. Die Zahl der Förderstunden sei deutlich aufgestockt worden.

    Aber sie will mehr als eine Schule, in der Wissen vermittelt wird. Als Motto haben sich Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler „Zusammenwachsen“ gegeben, das sich auch als „zusammen wachsen“ verstehen lässt. Merkel freut sich auch, dass wichtige Impulse von Schülern kommen, etwa der Anspruch, eine Schule ohne Rassismus zu sein, und eine Schule mit Courage. Diesen Titel darf das Maristenkolleg sogar offiziell führen, weil es so viel Wert auf das soziale Miteinander legt.

    All das fordert die Direktorin fast rund um die Uhr. Aber wenn sie doch mal etwas Luft hat, dann joggt sie oder walkt. Und wenn es dann noch gelingt, einen Abend für die Staatsoper freizubekommen, dann ist das für sie die pure Freude. Tosca von Puccini stand übrigens kürzlich auf dem Programm. Beate Merkel hofft auch, dass es im nächsten Jahr für sie und ihre Familie wieder mal möglich sein wird, ihr Traumland besuchen zu können. Es ist Italien.

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