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Mindelheim: So könnten die Mindelheimer an der Windkraft beteiligt werden

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So könnten die Mindelheimer an der Windkraft beteiligt werden

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    Insgesamt 59 Windräder drehen sich derzeit im Allgäu. Um die Klimaziele bis 2040 zu erreichen, müssten es in der Region etwa 120 sein.
    Insgesamt 59 Windräder drehen sich derzeit im Allgäu. Um die Klimaziele bis 2040 zu erreichen, müssten es in der Region etwa 120 sein. Foto: Ralf Lienert

    Mit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ist schlagartig deutlich geworden, wie abhängig und fragil die Energieversorgung in Deutschland ist. Gas und Strom verteuern sich seither für Unternehmen und Privathaushalte massiv. Die Krise birgt aber auch eine Chance. Mindelheimerinnen und Mindelheimer könnten von Windkraft und Sonnenergie sogar finanziell profitieren.

    Beim sogenannten Gleisdreieck hat die Kommunalpolitik bereits gehandelt. Von Herbst 2023 an soll dort eine Freiflächen-Photovoltaikanlage gebaut werden, die von Frühjahr 2024 an rechnerisch Strom für 3500 bis 4000 Haushalte produzieren wird. Investor ist der regionale Energieversorger VWEW. Er steckt vier Millionen Euro in das Projekt.

    Bürger, die sich an der Mindelheimer PV-anlage beteiligen, bekommen bis zu 3 Prozent Zins – oder sogar mehr als doppelt so viel

    Mindelheimer Bürgerinnen und Bürger können sich als Geldgeber beteiligen. Eine halbe Million Euro wollen die VWEW auf diese Weise einsammeln. Die garantierte Basisverzinsung liegt bei 2,5 Prozent für Nicht-VWEW-Kunden und bei 3 Prozent für Kunden des Kaufbeurer Unternehmens. Das Darlehen ist auf zehn Jahre begrenzt. Sollte das Ergebnis besser als kalkuliert ausfallen, könnte das Kapital mit bis zu sieben Prozent pro Jahr verzinst werden.

    Bei der Windkraft könnte es ähnlich laufen. Denn auch hier gelten die VWEW als ein möglicher Investor dank politischer Schützenhilfe. Bürgermeister Stephan Winter hat in der Vergangenheit wenig Zweifel daran gelassen, dass er diese Lösung favorisiert. Mindelheim ist Anteilseigner an den VWEW und profitiert damit auch finanziell vom Erfolg des Unternehmens.

    Auch das Eppishausener Unternehmen Energiezukunft Unterallgäu GmbH hat Interesse an den Mindelheimer Windrädern

    Interesse hat auch ein hiesiges Unternehmen angemeldet, die Energiezukunft Unterallgäu GmbH aus Eppishausen. Das Unternehmen ist bereits in Vorleistungen gegangen und hat ein Vogelgutachten auf den Weg gebracht. 

    Am 28. April 2022 haben der Unternehmer Martin Müller und Geschäftsführer Robert Wiblishauser schriftlich gegenüber der Stadt Mindelheim und Bürgermeister Stephan Winter eine rechtlich bindende Verpflichtungserklärung abgegeben. Im Falle einer Projektrealisierung heißt es darin, würden die Bürger vor Ort fair beteiligt.

    Das begleitende Ingenieurbüro Sing aus Landsberg/Lech habe dieses Bürgerbeteiligungsmodell bereits in einigen Projekten realisiert, so zum Beispiel bei der Windenergie Lamerdingen, Berg und Fuchstal im Landkreis

    Die Mindelheimer Bürger sollen 50 Prozent der Anteile erwerben können

    Konkret bietet die Energiezukunft Unterallgäu eine Kommanditbeteiligung an der Betreibergesellschaft an. Vorrangig zeichnungsberechtigt sollen die Bürgerinnen und Bürger Mindelheims sein. Der Mindestbetrag soll bei 5000 Euro liegen. Es soll einen Verkaufsprospekt geben, der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen BaFin geprüft werde.

    Die Kommanditbeteiligung ist die Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft (KG) als Kommanditist. Eine Kommanditgesellschaft ist eine Personengesellschaft zum Betrieb eines Handelsgewerbes, die zwei Arten von Gesellschafter unterscheidet: den Komplementär und den Kommanditisten. Vorteil einer Kommanditgesellschaft ist, dass ein Kommanditist vor dem Durchgriff auf das Privatvermögen geschützt ist. Wer sich hier beteiligt, hat auch ein Mitspracherecht auf einer regelmäßig einzuberufenden Gesellschafterversammlung. 

    Die Mindelheimer Bürgerinnen und Bürger sollen 50 Prozent der Anteile erwerben können, verpflichten sich Müller und Wiblishauser in ihrer Erklärung Bürgermeister Winter gegenüber. Auch die Stadt Mindelheim und der Netzbetreiber VWEW sollen sich beteiligen können. Die Gewerbesteuer der im Stadtwald Mindelheim geplanten vier Windkraftanlagen soll an die Stadt Mindelheim fallen.

    Die Bürgerwindkraft Fuchstal bot den Bürgern in den ersten drei Jahren 19 Prozent Zinsen

    Seit diesem Schreiben Ende April geht das Projekt nicht erkennbar voran. Ende Juli gab die Stadt bekannt, dass ein Windkümmerer beauftragt wird, zu prüfen, wie die Windkraft im Osten von Mindelheim realisiert werden kann. Einen Zwischenstand über dessen Arbeit gab es bisher nicht vor dem Stadtrat. 

    Bürgermeister Winter sagte im Spätherbst, die Verwaltung suche einen Rechtsanwalt, der Erfahrungen in der Umsetzung von Windkraftprojekten hat. Erst jetzt im neuen Jahr 2023 soll es die Klausursitzung mit dem Stadtrat geben, kündigte er an. Da soll dann auch die Entscheidung fallen, wer das Vorhaben umsetzen darf.

    Schon einige Jahre Erfahrung hat die Bürgerwindkraft Fuchstal GmbH & Co. KG im Landkreis Landsberg. Projektsteuerer war das Ingenieurbüro Sing aus Landsberg. Im August 2016 sind dort vier Anlagen in Betrieb gegangen. 49 Prozent der Anteile hat die Kommune behalten, 51 Prozent wurden den Bürgerinnen und Bürgern zum Kauf angeboten. Das Echo war laut Bürgermeister Erwin Karg riesig. 19 Prozent Zinsen gab es in den ersten drei Jahren.

    Verbraucherschützer warnen wegen der Risiken vor geschlossenen Fonds an Windparks

    Anfangs allerdings war die Windkraft in Fuchstal sehr umstritten. Es gab sogar einen Bürgerentscheid. Der ging mit 52,7 Prozent für die Windräder aus. Der Wind hat sich in Fuchstal weiter in Richtung Windkraftanlagen gedreht – dank der Beteiligung mit der relativ guten Rendite.

    Verbraucherschützer warnen allerdings wegen Risiken grundsätzlich vor geschlossenen Fonds an Windparks. Die Windleistung kann hinter den projektierten Werten zurückbleiben. Dann wird auch den Renditeversprechen die Grundlage entzogen.

    Im Stadtrat von Mindelheim ist die Bereitschaft hoch, Windkraft zu ermöglichen. In welcher Form das geschieht, das bleibt die spannende Frage. Betriebe in der Region, die viel Strom verbrauchen, haben ein erhöhtes Interesse, dass bald etwas geschieht. 

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