„Oi Oi“, „gauh, lau, stau“ oder „hasch, bisch, woisch“: Worte, die in manchen Ohren fremd und eher nach Geräusch klingen mögen, bedeuten für andere schlicht „ein Ei“, „gehen, lassen, stehen“ oder „hast du, bist du, weißt du“. Und wissen tun das jetzt auch die Teilnehmer des neuen Volkshochschulkurses „Schwäbisch für Reigschmeckte“, die sich zum ersten Mal in Mindelheim getroffen haben. Lehrer und Hobby-Mundartautor Hans Ferk bringt Zugezogenen die schwäbische Sprache bei und sie damit auch dem „Unterallgäuer Kulturpass“ näher, den die Absolventen des Kurses bekommen können, wenn sie auch noch weitere Veranstaltungen dieser neuen Reihe der VHS besuchen. Doch um einem der Vorträge lauschen zu können oder echte schwäbische Kässpatzen mit einem „native Speaker“ kochen zu können, braucht es erst einmal das Grundverständnis der schwäbischen Sprache.
Die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer in Mindelheim kommen aus Oberbayern, Franken, Sachsen oder Westfalen. Einige sind erst vor wenigen Jahren zugezogen, andere schon seit Jahrzehnten im Unterallgäu. Eine Teilnehmerin berichtete, dass sie sich einst in der Adventszeit gefragt habe, warum man hier wohl Unterwäsche mit ins Büro bringt. Jemand habe zur Begrüßung gesagt, dass es in der Küche Laible gebe und für sie habe es sich dabei natürlich um Leibchen, also Unterhemden, gehandelt. Zum Glück wurde der Irrtum sehr schnell korrigiert. Um Missverständnisse wie diese zu vermeiden, ist ein Vater vorsorglich zum VHS-Kurs gekommen: „Meine Kinder wurden hier jetzt eingeschult und kommen immer wieder mit neuen Worten nach Hause“, schilderte der Sachse aus Chemnitz.
Mindelheim: Hans Ferk lehrt Schwäbisch für Neulinge
Hans Ferk startete mit den Grundlagen der schwäbischen Sprache und klärte unter anderem über den klassischen Gruß in der Sie- und Du-Form auf. Wo nämlich das kumpelhafte „Griaß di!“ unpassend erscheint, könne man auch „Griaß ‘ne Gott“ sagen. Wer zum Abschied „Pfiat di Gott!“ hört, muss sich keine Sorgen machen, so Ferk. Wenn jemand jedoch ganz erstaunt mit „Ja, pfiat di Gott!“ begrüßt wird, dann stimmt etwas nicht. Schließlich sei der Abschiedsgruß auch als Ausdruck des Erstaunens oder Erschreckens zu gebrauchen. Um Doppeldeutigkeiten wie diese ging es mehrfach beim Kursabend. So lernten die Sprachschüler auch, dass „a elendigeer Siach“ nicht unbedingt nur ein Nichtsnutz ist, sondern auch ein liebenswertes Schlitzohr sein kann.
Bei der Aussprache wurde es dann manchmal ganz schön schwierig, denn bei „gauh, lau, oder stau“ geht es ja auch um den richtigen Tonfall und den nasalen Klang, der das Schwäbische so einzigartig macht. Auch sind da noch die Zischlaute, die das st in der Wortmitte wie am Ende ersetzen wie bei bisch, woisch oder Fescht und Mischt. Allen bestens bekannt war das -le als schwäbische Verkleinerungsform. Doch Achtung, auch hier gibt es Stolperfallen. Wer auf bairisch ein Haferl Kaffee bestellt, bekommt einen Becher. Das schwäbisch verkleinerte Häfele dagegen bezeichnet in erster Linie einen Nachttopf, aus dem man vielleicht besser keinen Kaffee trinken möchte.
Die schwäbische Hand reicht von den Fingerspitzen bis zur Schulter
Schon die Erkenntnisse des ersten von drei Abenden waren vielfältig: So reicht die schwäbische Hand von den Fingerspitzen bis zur Schulter und der Fuß vom großen Zeh bis zur Hüfte. Und wer Kutteln bisher nur in Wiederkäuern vermutet hat, wurde auch eines Besseren belehrt. „Kuttla“ nämlich ist der schwäbische Sammelbegriff für Eingeweide. Ganz zum Schluss wurde auch noch geklärt, dass in Schwaben männliche Stubentiger „Katzabaula“ sind. „Und ich hab‘ gedacht, dass hier alle Kater Paul heißen“, gab eine Teilnehmerin zu und sagte anerkennend: „Diesen Kurs hätte ich schon gleich am Anfang meiner Zeit im Unterallgäu gebraucht!“ Und dann gab es diese eine schöne Vokabel, die beim Schwäbischkurs zum Glück niemand benutzen musste: „S‘blangat mi!““ Denn langweilig war es ganz und gar nicht.
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