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Mindelheim: Kann die Mindelheimer Mindelburg schon bald auch innen besichtigt werden?

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Kann die Mindelheimer Mindelburg schon bald auch innen besichtigt werden?

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    Im ersten Geschoss der Mindelburg hat die Verlegerfamilie Sachon ihren Wohnbereich. Teil davon ist dieses Ritterzimmer mit Kamin, Rüstung und Hellebarden, in dem an der Stirnseite ein Bild von Georg von Frundsberg hängt.
    Im ersten Geschoss der Mindelburg hat die Verlegerfamilie Sachon ihren Wohnbereich. Teil davon ist dieses Ritterzimmer mit Kamin, Rüstung und Hellebarden, in dem an der Stirnseite ein Bild von Georg von Frundsberg hängt. Foto: Ulla Gutmann

    Die Mindelburg ist deutlich älter als lange Zeit angenommen. Das haben intensive Forschungsarbeiten von Kulturamtsleiter Christian Schedler ans Licht gebracht. Die Anlage stammt aus den Jahren 1160 bis 1170, ist also in ihrer Urfassung ein herausragendes Zeugnis romanischer Baukunst, die in Backsteinbauweise errichtet wurde. Die Mindelburg sei ein staufischer Palast gewesen und geht letztlich auf Heinrich den Löwen zurück. Bald könnte ein neues Kapitel in ihrer Geschichte beginnen.

    Das Geschlecht der Mindelberger hatte Richtung Pfaffenhausen ein Schloss Mindelberg bewohnt. Die Mindelburg wurde zu ihrem Herrschaftsschloss. Weit nach Norden und weit nach Süden gut sichtbar thront die mächtige Anlage über dem Mindeltal. Das Signal für mögliche Gegner wie Untertanen war ein gut sichtbarer Herrschaftsanspruch. Die Mindelburg ist nach Erkenntnissen von Christian Schedler eines der frühesten romanischen weltlichen Backsteinbauten nördlich der Alpen. Einige kleinere Gotteshäuser gebe es zwar aus dieser Zeit in ähnlicher Bauweise, nicht aber eine Burg beziehungsweise Schlossanlage.

    Dass sich Burgen nicht nur in mühseliger Arbeit mit Bruchsteinen errichten lassen, diese Erkenntnis haben die mittelalterlichen Herrscher aus den Kreuzzügen mitgebracht, weiß Schedler. Gestern Abend hat Schedler den Stadtrat von Mindelheim über die neue Entwicklung informiert, versehen mit einem Bildervortrag, in dem unter anderem die frühen romanischen Zeugnisse dokumentiert wurden.

    Schedler ist zuversichtlich, dass die Mindelburg ein Denkmal nationalen Ranges wird

    Noch ist die Mindelburg zwar nicht als Denkmal nationalen Ranges anerkannt, sagt Schedler. Er ist aber zuversichtlich, dass sich dies angesichts der neueren Erkenntnisse bewerkstelligen lasse. Vorbild ist das Vöhlin-Schloss in Frickenhausen, wo genau das gelungen sei.

    Das ist durchaus von Bedeutung. Denn nur wenn ein historisches Gebäude auch in der Top-Liga der erhaltenswerten Bauwerke angekommen ist, winken Bundesmittel. Und die werden dringend gebraucht.

    In den vergangenen Jahren hat die Stadt regelmäßig Jahr für Jahr hunderttausende von Euro in die Sanierung der Burg gesteckt. Mal für die Mauern, mal in ein Brandschutzkonzept, mal in die Erneuerung der Elektroleitungen. Türen wurden aufgedoppelt, Leitungen isoliert. Schedler betont, dies hätte auch ohne den Mieter Sachon geschehen müssen.

    Das Esszimmer in der Privatwohnung der Familie Sachon.
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    Nach vielen Jahren zieht der Sachon-Verlag als Mieter aus und die Stadt Mindelheim kann die Mindelburg wieder selbst nutzen. Wir haben uns dort umgeschaut.

    Nun könnte erstmals seit 1927 die Öffentlichkeit die Chance bekommen, die Mindelburg wieder betreten und erleben zu können. Der Verlag Sachon, der nach dem Zweiten Weltkrieg das Haupthaus der Mindelburg und später auch das sogenannte Benefiziatenhaus als Mieter übernommen hat, will die Burganlage räumen. Er behält nur den Verlagssitz. Der langjährige Sachon-Geschäftsführer Wolfgang Burkart sagte bei einem Rundgang durch die Burg, der Verlag strebe die Übergabe an die Stadt im Verlauf des Sommers an. „Das ist unser Vorschlag.“

    In der Nazizeit verschwand ein großer Teil der Einrichtung der Mindelburg

    Im sogenannten Dritten Reich hatten die Nationalsozialisten die Burg in Beschlag genommen. Die Hitlerjugend und die Reichsbauernschule waren hier untergebracht. Aus dem Jahr 1908 ist eine Sammlung von Bildern aus dem Schlossinneren erhalten geblieben. Daraus geht hervor, dass die Burg komplett eingerichtet war. Während der Nazizeit verschwand ein großer Teil der Einrichtung. So manches Stück soll in Privatsammlungen verschwunden sein – bis heute. Möbelstücke seien aber auch in der Nachkriegszeit verheizt worden, sagt Burkart.

    Nur wenige Mindelheimer hatten in der Vergangenheit Gelegenheit, ihre Mindelburg auch von innen zu erleben. Im ersten Stock der Burg befindet sich nach wie vor die Wohnung der Eheleute Sachon, wobei Werner Sachon vor 16 Jahren bereits verstorben ist. Die Witwe lebt hochbetagt in München. Sachon hat den Verlag 1947 gegründet und ist 1949 als Mieter in die Burg eingezogen.

    Die Wohnung ist bestens erhalten. Sie dokumentiert das Lebensgefühl eines erfolgreichen Unternehmers der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts, sagt Schedler. Im Vorraum überrascht eine Wandbespannung mit Faltenwurf. Das Esszimmer wirkt herrschaftlich ebenso das Wohnzimmer. Repräsentativ ist das Büro mit mächtigem Schreibtisch. Alles ist gediegen und von hoher Qualität. Erhalten geblieben sind in der Wohnung auch die Öfen und hölzernen Decken und Täfelungen, die auf den königlichen Hofbaurat Ludwig Schramm zurückgehen, der die Mindelburg im 19. Jahrhundert besessen hat.

    Manches Zimmer wirkt, als wäre es in Schloss Neuschwanstein

    Schramm hat im 19. Jahrhundert aus der Burg eine romantisierende Wohnstatt gemacht. Er muss über immense Geldmittel verfügt haben. Davon zeugen die vielen erhaltenen Holzdecken von hoher Qualität. Auch das Treppenhaus geht auf ihn zurück. Manches Zimmer wirkt, als könnte es sich genauso gut auf Schloss Neuschwanstein befinden. Einen Teil der Burganlage ließ Schramm abreißen. Das sei von der Regierung in München angeordnet worden, um wieder eine schöne mittelalterliche Burg zur Geltung zu bringen, sagt Schedler.

    Sollte der Stadtrat sich bereit erklären, die Mindelburg der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, was Schedler hofft, soll diese Wohnung als Zeugnis einer Zeit erhalten bleiben. In ihr könnten zum Beispiel standesamtliche Trauungen stattfinden. Schedler schwebt auch eine museale Nutzung vor. Im zweiten Stock könnte ein Burgenmuseum Platz finden. Auch das Heimatmuseum könnte auf die Mindelburg verlagert werden. Auch Empfänge mit Bewirtung könnte sich die Burg eignen. In jedem Fall soll der Frundsberg Festring eng eingebunden werden. Denkbar wäre zum Beispiel, auch eine historische Szene mit Gewändern aus der Frundsbergzeit nachzustellen – etwa einen der 26 Besuche von Kaiser Maximilian I. auf der Mindelburg ums Jahr 1500. Für Historiker interessant dürften die unteren Bereiche der Anlage sein.

    1646 gegen Ende des 30-jährigen Krieges war die Burg von den Schweden angezündet worden. Vernichtet wurden dabei vor allem die oberen Stockwerke. Anders sieht es unten aus. So mancher Bodenbelag ist noch im Originalzustand erhalten geblieben. Fachleute begeistern besonders die Doppelarkaden, die Blendbogenfriese und romanischen Säulen. Aber auch Georg von Frundsberg hat Spuren hinterlassen. Ein Schwert aus der Zeit um 1500 ist in der Burg vorhanden sowie ein Bild des Kriegsherrn. Und für Leute mit Fantasie gibt es im Keller einen Raum, in dem ein Sarg, ein fluoreszierender Schädel und eine Riesenspinne lauern. Das allerdings sind schaurige Relikte aus unseren Tagen.

    Ein Video aus der Mindelburg finden Sie hier:

    Die Mindelburg soll öffentlich zugänglich gemacht werden, findet unser Kommentator: Die Mindelburg zu öffnen, ist eine einmalige Chance für die Stadt Mindelheim

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