Gabriele Stumpe ist eine Frau der Tat: Vor wenigen Jahren hat sie ein Apothekerhäuschen in Bad Wörishofen renoviert, jetzt juckt es sie erneut in den Fingern. Sehr zur Freude von Dekan Andreas Straub und Museumsleiter Markus Fischer. Denn hat sich vorgenommen, die Kapelle der Mindelburg sanieren zu lassen, die aufgrund von Bauschäden schon längere Zeit für Besucherinnen und Besucher geschlossen ist. Die Kirche hätte sich damit in Anbetracht der vielen maroden Kirchen und Kapellen in ihrem Besitz wahrscheinlich noch länger Zeit gelassen. So aber könnte es vielleicht schon bald losgehen.
Der Notarvertrag, der die Spende besiegelt, ist jedenfalls schon unterzeichnet: 500.000 Euro stellt Gabriele Stumpe darin für die Sanierung zur Verfügung – und gleich klar, dass es dabei aller Voraussicht nach nicht bleiben wird. Sie hat insgesamt eine Million Euro für die Kapelle eingeplant, mit deren Sanierung allein es nicht getan sein wird. Schließlich fehlt es auch an der Inneneinrichtung. Außerdem möchte Markus Fischer die Kapelle gerne in das Museumskonzept einbinden: So soll dort künftig etwa der sogenannte Heiltumsschatz ausgestellt werden, der bislang nicht öffentlich zu sehen ist.
Die Gönnerin wollte sich nicht nur an der Sanierung der Mindelburg beteiligen
Dabei handelt es sich um zwei Monstranzen, die die Frundsbergs mit verschiedenen Reliquien gefüllt haben, darunter unter anderem ein Stück der Krippe Jesu, ein Fingerglied von Johannes dem Täufer, der damit auf Jesus gezeigt haben soll, und ein Backenzahn des heiligen Georg. Um den Schatz in der Kapelle zeigen zu können, braucht es entsprechende Sicherheitsvorkehrungen und auch Temperatur sowie Luftfeuchtigkeit müssen passen – und das kostet.
Doch das ist es Gabriele Stumpe wert. "Irgendwie brauche ich immer was zu tun. Sand, Mörtel und Staub mag ich gerne", erklärt sie ihr Engagement. "Mir geht's nicht ums Besitzen, sondern ums Bewahren", sagt sie. Dass die frühere Mittelschullehrerin ihre Zulassungsarbeit für das Staatsexamen über Jugendstilarchitektur in Augsburg geschrieben hat, war wohl kein Zufall. Später hat sie im Architekturbüro ihres inzwischen verstorbenen Mannes mitgearbeitet und 2019 schließlich das Apothekerhäuschen in Bad Wörishofen gekauft. Nachdem es fertig war, suchte sie ein neues Projekt – und wurde dank ihrer früheren Kollegin Ursula Kiefersauer in ihrer Heimatstadt Mindelheim fündig: Die beiden hatten sich darüber unterhalten, dass die Mindelburg saniert und zum Stadtmuseum umgebaut werden soll. Und weil Gabriele Stumpe mit der Mindelburg viele schöne Kindheitserinnerungen verbindet – so gut wie jeder Sonntagsausflug führte sie mit ihren Eltern hierher – war ihr Interesse gleich geweckt.
Die ganze Mindelburg ist dann aber auch für die Gönnerin nicht zu stemmen. Zwar hätte sie sich mit der Million auch an deren Sanierung beteiligen können. Aber nur Geld abzuliefern, ohne zu wissen, wo genau es eingesetzt wird, ist nicht das Ding der umtriebigen Neugablonzerin. "Ich sehe gerne konkret, was passiert. Ich will einen Anfang und ein Ende sehen", sagt sie. Während sich die Arbeiten am Pallas voraussichtlich über viele Jahre hinziehen werden, ist das Projekt "Schlosskapelle" überschaubarer und in sich abgeschlossen – obwohl auch hier einiges zu tun ist.
Gabriele Stumpe will die Mindelheimer Burgkapelle wieder mit Leben füllen
"Als ich nach all den Jahren zum ersten Mal wieder in der Schlosskapelle war, dachte ich erst: So schlecht sieht das gar nicht aus", gibt Gabriele Stumpe zu. Inzwischen weiß sie, dass das eine Fehleinschätzung war. Die Stuckdecke ist so marode, dass bereits Teile davon herabgefallen sind und deshalb die Kapelle gesperrt wurde. Bei der Untersuchung der Standsicherheit wurden zudem Schäden am Dachstuhl, am Deckengewölbe, am Chorbogen, am Mauerwerk, an den Fundamenten, am Dachreiter und der Empore festgestellt.
Ist die Kapelle renoviert, würde sie Gabriele Stumpe gerne wieder mit Leben füllen: Hochzeiten und Taufen könnten dort stattfinden, aber auch Konzerte und Lesungen. Und noch etwas wünscht sie sich: "Vier Messen im Jahr für meine Eltern und Großeltern an ihren Namenstagen. Das ist mein einziger Wunsch."
Einen solchen Vertrag hat Dekan Andreas Straub noch nie unterschrieben
In den vergangenen Jahren hat sich die gläubige Katholikin, die auch Theologie studiert hat, vielfältig karitativ engagiert und etwa auch die Kaufbeurer Hilfsorganisation Humedica sowie verschiedene Kinder- und Jugendprojekte großzügig unterstützt. Und daran soll sich auch künftig nichts ändern. "Die Kinder kommen nicht zu kurz – auch wenn das Käpelle ansteht", betont sie. Es mache ihr Freude, aus Dankbarkeit dem Leben gegenüber etwas abzugeben. "Ich fühle mich nicht verpflichtet", sagt sie. "Ich tu's gerne. Und es kommt in anderer Währung zurück, zum Beispiel in Form von Freundschaft."
Dekan Andreas Straub bezeichnet das Engagement von Gabriele Stumpe als "absoluten Glücksfall". Immerhin gibt es auf dem Gebiet der Pfarreiengemeinschaft Mindelheim rund 50 Kapellen und Kirchen, für gut 30 davon trägt die Kirche die Baulast. Weil die Kirchensteuereinnahmen sinken und es weniger Zuschüsse gebe, sei diese mehr und mehr auf bürgerschaftliches Engagement angewiesen, um die Gotteshäuser erhalten zu können. Einen solchen Vertrag wie jetzt habe er allerdings noch nie unterschrieben. Den Einwand von Markus Fischer, dass es möglicherweise das erste und zugleich auch das letzte Mal gewesen sein könnte, konterte er schelmisch grinsend mit den Worten: "Wir wollen der Vorsehung Gottes keine Grenzen setzen."