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Mindelheim: Neues Dialektwörterbuch: So schwätzt ma z'Mendlhoi

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Neues Dialektwörterbuch: So schwätzt ma z'Mendlhoi

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    Cornelia Starkmann hat ein Dialektwörterbuch speziell für Mindelheim zusammengetragen, um zu verhindern, dass die Wörter in Vergessenheit geraten.
    Cornelia Starkmann hat ein Dialektwörterbuch speziell für Mindelheim zusammengetragen, um zu verhindern, dass die Wörter in Vergessenheit geraten. Foto: Sandra Baumberger

    Dem einen oder anderen Zugezogenen mag es noch verborgen geblieben sein, doch Einheimische wissen es längst: Den Unterallgäuer Dialekt umweht ein Hauch von Exotik. So finden darin zum Beispiel auch Ananas Platz, die Cornelia Starkmann als Kind im Garten ihrer Oma in Mindelheim immer so gerne "broggad", also gepflückt hat. Wer jetzt darüber nachgrübelt, wie es wohl gelungen sein mag, die wärmeliebenden Südfrüchte im Unterallgäu zu kultivieren, ist jedoch auf dem Holzweg. Denn Ananas im hochdeutschen Sinne wuchsen im Garten der Oma keineswegs.

    Stattdessen handelt es sich um Erdbeeren, wie Cornelia Starkmann erklärt, die die Ananas neben 683 anderen Wörtern in ihr Mindelheimer Idiotikon aufgenommen hat. Letzteres ist keineswegs despektierlich gemeint und hat mit Idiotie rein überhaupt nichts zu tun, sondern ist der Fachbegriff für ein Dialektwörterbuch. Das beginnt bei A wie aaloina (anlehnen) und endet bei Z wie zähgoschig (unausstehlich) und zwischbadura (zwischendurch). Dazwischen (zwischadenna) tummeln sich jede Menge Wörter, die man heute nur noch selten hört – und die immer weniger Unterallgäuerinnen und Unterallgäuer verstehen: "Afdermehdig" für Dienstag zum Beispiel, "beddscha" für klatschen, oder "boggla für poltern, "denddalig" für "zu eng, zu kurz, zu klein", "dosoarig" für schwerhörig, "eimets" für irgendwo, "fuahra" für sättigen, "Genggana" für Eigenheiten, "hagabuacha" für hartgesotten, "iebelsähig" für schlecht aussehen oder auch "Jegges noi" für "Um Gottes Willen". 

    Vor drei Jahren hat Cornelia Starkmann damit begonnen, die Mindelheimer Dialektwörter aufzuschreiben

    "Wenn meine Generation stirbt, sterben die Dialektwörter mit aus", befürchtet Cornelia Starkmann und hat deshalb vor drei Jahren damit angefangen, die Wörter zu sammeln und aufzuschreiben – und zwar so, wie sie in Mindelheim verwendet und gesprochen werden. Denn wie wohl ebenfalls die meisten Unterallgäuerinnen und Unterallgäuer wissen, wird so manches Dialektwort nur wenige Kilometer weiter im gleichen Landkreis anders ausgesprochen – oder ist dort sogar gänzlich unbekannt. 

    Zu Verständigungsschwierigkeiten zwischen Cornelia Starkmann und ihrem Ehemann, der aus Erkheim stammt, ist es glücklicherweise trotzdem noch nie gekommen. Das könnte freilich aber auch der Tatsache geschuldet sein, dass beide aller Dialektbegeisterung zum Trotz im Alltag keineswegs breitesten Dialekt sprechen. "So richtig Schwäbisch hab' ich eigentlich nie gesprochen", sagt die 65-Jährige. "Aber ich kenn' die Wörter alle." Als sie noch zur Schule ging, war der Dialekt verpönt und die Kinder wurden – vor allem in kleineren Orten, wo er verbreiterter war – angehalten, nach der Schrift zu sprechen. 

    "Oggsaauga" gehört zu Cornelia Starkmanns Lieblings-Dialektwörtern

    Um zu testen, wie firm ihr Gegenüber in Sachen Dialekt ist, lässt Cornelia Starkmann gerne diesen Spruch übersetzen: "D'r Katzabaula hockat aufm Bai und spielt mit em Bobbala Gara." Sollten Sie nur Bahnhof verstanden haben, ist Ihnen der hiesige Dialekt wohl noch ein wenig fremd. Aber weil dieser Text ja auch dazu dienen soll, das Sie "ebbes enna weared" (etwas erfahren), liefern wir selbstverständlich auch die Lösung: "Der Kater sitzt auf der Fensterbank und spielt mit einem Wollknäuel." 

    Neben diesem Spruch hat Cornelia Starkmann, die beruflich über viele Jahre eine Frau der Zahlen und im Landratsamt unter anderem in der Kämmerei beschäftigt war, in ihrer Sammlung auch ein paar Lieblingswörter und -wendungen. "s' Veiddela dreiba" für "jemanden auslachen, sich über ihn lustig machen" zum Beispiel, "verbollet" für zerknittert oder auch "Oggsaauga" für Spiegeleier. Daneben gefällt ihr auch "Schetterhafa", übrigens ein Synonym von "Kitterfidla". In beiden Fällen handelt es sich um eine Person, die gerne lacht – vielleicht, weil ihr die "Raatschkaddl" oder "Schnätterbäs", mit der eine geschwätzige Person gemeint ist, gerade etwas besonders Lustiges erzählt hat. 

    Daneben ist die Mutter zweier erwachsener Kinder auch für andere Dialekte offen. "Das Fränkische gefällt mir und das Badische ist auch sehr nett", sagt sie. Nur einen Dialekt mag sie überhaupt nicht hören: "Sächsisch ist ganz furchtbar", findet sie. "Da friert's mich gleich, wenn die reden."

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