Es ist ein heikles Thema. Seit Jahren treten deutlich mehr Menschen aus der Kirche aus als ein. Im Zusammenhang mit Krieg, Corona und Inflation scheinen sie vom Glauben abgefallen zu sein. Wobei, so ganz stimmt das nicht. Weltweit nimmt die Zahl der Kirchenmitglieder zu. So verzeichnete die katholische Kirche laut eigener Angaben für das Jahr 2020 einen Zuwachs von rund 15 Millionen Christen weltweit. In Relation zur Weltbevölkerung konnte die Kirche ihren Mitgliederanteil damit aufrechterhalten. Nur in Europa werden die Gläubigen weniger: sowohl die Katholiken als auch die Protestanten. Die aktuellen Zahlen aus dem Unterallgäu sind da keine Ausnahme.
40 Prozent mehr Kirchenaustritte in Mindelheim als im Vorjahr
In Mindelheim sind im vergangenen Jahr 320 Menschen aus der Kirche ausgetreten. 20 davon im Januar. Heuer sind es schon 33. Rund 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Und täglich kommen Termine dazu. "Die Gründe für die Austritte sind vielschichtig und individuell", teilt der Dazu zählt das Finanzielle ebenso wie eine Ablehnung der kirchlichen Moral oder Skandale in der Kirche. Telefonisch wollte sich der Dekan nicht äußern. Gleiches gilt für die Pfarrerinnen der evangelisch-lutherischen Kirche Mindelheim. Kaitia Frey und Henriette Zeeb geben lediglich zu Protokoll, dass der Kirchenaustritt selten durch ein einschneidendes Erlebnis begründet sei, sondern das "Ergebnis einer schleichenden Entfremdung".
Auch die Gemeinden geben nicht immer gleich bereitwillig Auskunft. In Türkheim reagiert erst der Bürgermeister auf die Anfrage unserer Redaktion - obwohl die Kirchenaustritte eigentlich in den Fachbereich des Standesamtes fallen. In
Neue Mitglieder zu gewinnen ist "langfristige Beziehungsarbeit"
Beide Kirchen bedauern die Kirchenaustritte sehr. Doch während sie Kirchen bei der Suche nach Ursachen für den Mitgliederschwund immerhin ein paar Antworten parat haben, sieht es bei den Lösungsansätzen schwieriger aus. "Der Kircheneintritt ist das Ergebnis eines langsamen Wiederannäherns an die Kirche", schreiben die Pfarrerinnen Frey und Zeeb. "Es gibt nicht die eine Sache, die man ändern könnte, es ist langfristige Beziehungsarbeit." Gäbe es die eine einfache Antwort, hätte die Kirche die aktuellen Probleme wohl nicht. Auch Dekan Straub möchte die Menschen "immer wieder neu einladen", durch "eine möglichst glaubwürdige, transparente und integre Seelsorge vor Ort".