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Mindelheim: Was der Tarifabschluss für Mindelheim und den Landkreis bedeutet

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Was der Tarifabschluss für Mindelheim und den Landkreis bedeutet

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    Die Mindelheimer Stadtverwaltung ist nach der Tarifeinigung nicht mehr so flüssig.
    Die Mindelheimer Stadtverwaltung ist nach der Tarifeinigung nicht mehr so flüssig. Foto: Pressefoto M.i.s., Mindelheim / Bernd Feil/m.i.s. / Bernd Feil/m.i.s.

    Müssen in den Verwaltungen von Stadt Mindelheim und Landkreis Unterallgäu Stellen gestrichen werden? Und freiwillige Ausgaben etwa für Kultur und Soziales massiv gekürzt werden? Denn der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst, der am Wochenende erzielt worden ist, trifft Stadt und Kreis finanziell ordentlich. Wir haben in den Verwaltungen nachgefragt:

    Was kostet der Tarifabschluss Stadt und Landkreis?

    Mindelheim: Die Stadt nennt rund 1,44 Millionen Euro an Mehrkosten in diesem und im nächsten Jahr, die sie dieser Tarifabschluss kostet. Kämmerer Wolfgang Heimpel, Hauptamtsleiter Michael Schindler und Bürgermeister Stephan Winter haben sich aber schon vor Wochen auf einen hohen Tarifabschluss eingestellt. Wie Rathaussprecherin Julia Beck mitteilt, habe als Grundlage der Berechnungen der Personalabteilung eine prozentuale Kostensteigerung in Höhe von insgesamt acht Prozent (fünf Prozent im Jahr 2023 und drei Prozent im kommenden Jahr 2024) für die Laufzeit von 24 Monaten gedient. "Wir sind somit von Anfang an davon ausgegangen, dass die Laufzeit 24 Monate betragen wird und nicht wie eingangs gefordert zwölf Monate", berichtet Beck. 

    Die Stadt hat auch damit gerechnet, dass es die 3000 Euro Inflationsausgleich auch für die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes geben wird. "Aufgrund dessen haben wir den Inflationsausgleich geteilt und für das Jahr 2023 und 2024 mit jeweils 1500 Euro angesetzt." Insgesamt lag die Stadtverwaltung mit ihrer Einschätzung relativ nah am Tarifergebnis. Da die beschlossene Tarifsteigerung von 200 Euro brutto, 5,5 Prozent mehr, aber mindestens 340 Euro erst ab März 2024 greift, können im Haushalt 2024 noch Feinabstimmungen vorgenommen werden. Rund 270 Beschäftigte profitieren bei der Stadt Mindelheim von dem Tarifabschluss. 

    Unterallgäu: Der Landkreis wird mit insgesamt fast zwei Millionen Euro zusätzlich belastet. Dort profitieren 380 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Tarifabschluss.

    Woher nehmen Stadt und Kreis das Geld?

    Mindelheim: Die Mehrkosten sind im Haushalt 2023 berücksichtigt. Sie haben zur Folge, dass die freie Finanzspritze der Kreisstadt auf ein Minimum zusammengeschmolzen ist. Es stehen damit weniger Mittel für Investitionen zur Verfügung.

    Unterallgäu: Auch hier wurden wegen der anstehenden Tarifverhandlungen bereits höhere Personalkosten im Haushaltsplan für 2023 berücksichtigt.

    Müssen wegen der zusätzlichen Kosten an anderen Stellen Ausgaben gestrichen werden?

    Mindelheim: Der Stadtrat hat in den Haushaltsberatungen deutlich gemacht, dass die Ausgaben strenger unter die Lupe genommen werden sollen. Dazu soll im Laufe des Jahres eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Stadträten und Verwaltungsfachleuten, die Ausgaben prüfen. 

    Unterallgäu: Weil bereits höhere Personalkosten eingeplant waren, werde es keine Kürzungen oder Streichungen geben.

    Müssen Stellen gestrichen werden?

    Mindelheim: Das ist derzeit nicht geplant, denn die Stadt müsse weiterhin ihren Aufgaben nachkommen. Eher das Gegenteil ist der Fall, weil die Stadt wächst und deshalb mehr Personal für Kitas benötigt wird. 

    Unterallgäu: Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könne kaum vom Landkreis beeinflusst werden, da er viele Aufgaben im Auftrag des Staates erfüllen müsse, etwa die Flüchtlingsunterbringung, und auch, weil gesetzliche Vorgaben erfüllt werden müssten. Zudem steige laut Prognosen die Einwohnerzahl des Unterallgäus weiter und die Aufgaben würden immer komplexer. „Damit steigen die Anforderungen an die Verwaltung ständig. Kündigungen wird es nicht geben, im Gegenteil, inzwischen fehlt oft qualifiziertes Personal auf dem Arbeitsmarkt.“ Zudem lägen die Personalausgaben des Landkreises Unterallgäu umgelegt auf die Einwohnerzahl weit unter dem anderer bayerischer Landratsämter.

    Wie stehen die Verwaltungschefs zum Tarifabschluss?

    Mindelheim: Bürgermeister Stephan Winter (CSU) ist zwiegespalten. Er freut sich einerseits für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt, die unter den hohen Kosten insbesondere für Energie leiden wie jeder andere auch. Dass sie ein höheres Einkommen brauchen, liegt für ihn auf der Hand. In Zeiten des Fachkräftemangels stehen die öffentlichen Arbeitgeber auch in besonderer Konkurrenz zur freien Wirtschaft. Ein starkes Lohngefälle würde dazu führen, dass sich diese Situation für die Kommunen noch verschärft, hatte Winter schon in den Haushaltsberatungen gesagt. Die Personalkosten steigen um 1,9 Millionen Euro auf 13,14 Millionen. 

    Unterallgäu: Landrat Alex Eder (FW): „Ich halte die Tariferhöhung für richtig und wichtig, damit der öffentliche Dienst für qualifizierte Fachkräfte attraktiv bleibt. Und die Lebenshaltungskosten sind schließlich auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erheblich gestiegen. Aus Sicht der öffentlichen Arbeitgeber ist dieser Tarifabschluss aber auch eine finanzielle Herausforderung. Für den Landkreis laufen durch die Tariferhöhung Mehrkosten in der gleichen Größenordnung auf, wie wenn wir 29 neue Mitarbeiter einstellen würden. Dafür sind Mehreinnahmen nötig, die die öffentliche Hand nur über höhere Abgaben finanzieren kann. Eine drohende Lohn-Preis-Spirale kann auch nicht unsere Logik werden, es sollte deshalb unbedingt langfristig auch gegen die Inflation angekämpft werden.“

    Allgäuer Verdi-Chef: Abschluss ist keinesfalls zu hoch

    „Nur weil eine Tariferhöhung ansteht, bedeutet das nicht, dass Kommunen weniger Geld haben“, sagt Werner Röll, Verdi-Chef im Allgäu, auf Anfrage unserer Redaktion. „Bei objektiver Betrachtung müssen schon auch die Einnahmen gesehen werden. So ist es doch sehr erfreulich, wenn zum Beispiel die Stadt Memmingen im Jahr 2022 12,5 Millionen Euro mehr an Gewerbesteuern einnimmt als geplant. Das ist weit mehr als die Tariferhöhung kostet.“

    Der Tarifabschluss sei aber eine Kompromisslösung und „keinesfalls zu hoch“. Denn die steigenden Preise belasteten Familien und Paare mit mittleren Einkommen, Geringverdienende und Bedürftige besonders. Zudem gelte: „Gute Tarifabschlüsse stabilisieren die Kaufkraft und damit die wirtschaftliche Entwicklung.“ Weiterer Aspekt aus Werner Rölls Sicht: „Gute tarifliche Regelungen sind bei der Suche nach Arbeitskräften ein wichtiges Argument, das zum Beispiel bei Stellenausschreibungen offensiv genutzt werden sollte.“ Auch von den Kommunen. Das sei gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig.

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