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Mattsies: Schloss Mattsies: Ein herrenloses Baudenkmal sucht neuen Eigentümer

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Schloss Mattsies: Ein herrenloses Baudenkmal sucht neuen Eigentümer

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    Seit vielen Jahren schon steht das Schloss Mattsies leer und verfällt immer mehr. Jetzt gilt es offiziell als herrenlos.
    Seit vielen Jahren schon steht das Schloss Mattsies leer und verfällt immer mehr. Jetzt gilt es offiziell als herrenlos. Foto: Johann Stoll

    Wer schon immer von einem Leben als Schlossherr geträumt hat, kann sich diesem Traum im Unterallgäu jetzt günstig erfüllen. Schloss Mattsies gilt seit einigen Monaten offiziell als herrenlos und Interessenten können dem Freistaat Bayern jetzt das „Aneignungsrecht“ abkaufen. Die ehemaligen Besitzer haben einen ungewöhnlichen Weg gefunden, sich von dem schwer sanierungsbedürftigen Baudenkmal zu trennen. Selbst Experten sind überrascht.

    Auf dem Immobilienportal des Freistaates Bayern im Internet ist eine Anzeige zu finden, in der es heißt „Verkauft wird das Aneignungsrecht mit Eigentumsübertragung an den herrenlosen Grundstücken … der Gemarkung Mattsies.“ Die Gesamtfläche umfasst rund 7500 Quadratmeter. In der Beschreibung des Objektes ist dann die Rede von einem Baudenkmal (Baujahr 1527), einem Bodendenkmal und einem Biotop.

    Früher ein großer Arbeitgeber: Auf dem weitläufigen Schlossgut gab es bis etwa 1910 eine Brauerei. Zu ihr gehörten Winter- und Sommerkeller sowie eine Brennerei, wie in einer Anzeige zur Verpachtung des Guts im Jahr 1846 in der „Bayerischen Landbötin“ beschrieben wurde.
    Früher ein großer Arbeitgeber: Auf dem weitläufigen Schlossgut gab es bis etwa 1910 eine Brauerei. Zu ihr gehörten Winter- und Sommerkeller sowie eine Brennerei, wie in einer Anzeige zur Verpachtung des Guts im Jahr 1846 in der „Bayerischen Landbötin“ beschrieben wurde. Foto: mz

    Aber warum sind Grundstücke plötzlich herrenlos und worum handelt es sich beim Aneignungsrecht? Wir haben bei Christian Baumann nachgefragt, der im Landratsamt Unterallgäu als Baujurist tätig ist. Baumann zeigte sich sehr überrascht von dem Vorgang und erläuterte, dass es rechtlich möglich sei, ein Grundstück abzugeben und sich als Besitzer aus dem Grundbuch löschen zu lassen. Die Grundstücke gelten dann offiziell als „herrenlos“ und der Freistaat Bayern hat das Vorrecht, sich die Fläche anzueignen. „Das ist jedoch ein Paragraf, den man kaum kennt“, so Baumann, „weil er fast keine Rolle spielt.“

    Schloss Mattsies im Unterallgäu wird zur Herausforderung

    „Es ist so, als würde man etwas wegwerfen. Das liegt dann herum, jemand anderes nimmt es sich und dann gehört’s ihm“, verdeutlicht Baumann. Bei Grundstücken jedoch sei das äußerst ungewöhnlich, weil damit ja auch ein finanzieller Wert verbunden ist. Genau das jedoch ist offenbar beim Schloss Mattsies nicht mehr der Fall, denn wer das Schloss besitzt, übernimmt auch die Verpflichtungen, die das Denkmal mit sich bringt, und die sind riesig. Seit Jahrzehnten verfällt das alte Gebäude und auch mehrere Versuche der Vorbesitzer, es zu verkaufen, sind aus verschiedensten Gründen gescheitert. Um das Denkmal zu erhalten, hätten die Vorbesitzer in der Vergangenheit immer wieder Anordnungen bekommen, das Gebäude zu schützen. Alle angeordneten Maßnahmen sind jedoch mit hohen Investitionen verbunden gewesen und das sei den Eigentümern jetzt offenbar zu viel geworden. Auf schriftliche Anfrage dieser Redaktion haben sich die Vorbesitzer des Schlosses zu dem Vorgang jedoch nicht geäußert.

    Weil offenbar auch der Freistaat Bayern das Schloss nicht besitzen will, macht er von seinem Aneignungsrecht keinen Gebrauch und verkauft es nun über sein Immobilienportal. Nach Auskunft von Baumann ist schwer einzuschätzen, wie hoch das Gebot sein müsste, um sich das Schloss aneignen zu dürfen. Nach seiner Einschätzung liegt es etwa beim Grundwert, und der sei in diesem Fall ja fast als negativ anzusehen.

    Seltener Einblick: das Foto entstand in der Eingangshalle von Schloss Mattsies, die an den Wänden die Wappen der ehemaligen Bewohner zeigt.
    Seltener Einblick: das Foto entstand in der Eingangshalle von Schloss Mattsies, die an den Wänden die Wappen der ehemaligen Bewohner zeigt. Foto: Tobias Hartmann

    Wie es mit dem Schloss weitergeht, ist für Baumann schwer einzuschätzen. Man brauche schon eine „sehr gute Idee“, um das Schloss sinnvoll zu nutzen und das sei besonders schwierig, zumal die Grundstücke rund ums Schloss ja nicht zu haben seien.

    Besonders schwierig dürfte für eventuelle Interessenten sein, dass eine Besichtigung des Objektes laut Immobilienportal nicht möglich ist. Der Freistaat habe keine Schlüssel zu den Gebäuden und weiter heißt es in der Immobilienanzeige: „Die Nutzung der herrenlosen Flurstücke ist unklar. Vor Ort wurde festgestellt, dass der Zugang zum Grundstück durch ein Tor verschlossen ist. Hinter dem Tor befand sich ein Hund. Inwieweit das Grundstück noch von den vorherigen Eigentümern oder sonstigen Dritten genutzt wird, kann seitens des Freistaats Bayern nicht gesagt werden.“

    Der Freistaat will nicht Eigentümer von Schloss Mattsies werden

    Auf Nachfrage dieser Redaktion teilte eine Sprecherin des Immobilienportals des Freistaates mit: „Der ehemalige Eigentümer hat am 9. Februar 2024 auf das Eigentum verzichtet. Die Gründe für den Verzicht des Eigentums sind dem Freistaat Bayern nicht bekannt. Der Freistaat Bayern wird das Aneignungsrecht selbst nicht ausüben. Sollte die Ausschreibung nicht positiv verlaufen, bleiben die Grundstücke herrenlos.“

    Tussenhausens Bürgermeister Johann Ruf zeigte sich sehr überrascht von den Entwicklungen und hat nach eigener Aussage von alledem nichts gewusst. „Mein Stand war, dass gerade wieder Verhandlungen mit Interessenten laufen“, sagte er. Schon seit Jahren habe man versucht, alle Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen, um das Schloss zu retten. Natürlich wäre es schön, wenn dort wieder Leben herrschen würde, so Ruf, und erinnerte an Schlossfeste und den „Hammeltanz“, die auf Schloss Mattsies noch in den 1980-er-Jahren stattgefunden haben. Dass die Gemeinde in Sachen Aneignunsgrecht aktiv wird, hält er für ausgeschlossen. So eine denkmalgeschützte Immobilie sei eine riesige Verantwortung, „und die muss man sich leisten können“.

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