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Landwirtschaft: Traumberuf Bäuerin: Frauen auf dem Vormarsch

Landwirtschaft

Traumberuf Bäuerin: Frauen auf dem Vormarsch

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    85 Kühe müssen versorgt werden. Steffi Baur demonstriert ihrem Lehrherrn Rainer Mayer (links) und Markus Hofmann, dass Tierpflege kein Fremdwort für sie ist.
    85 Kühe müssen versorgt werden. Steffi Baur demonstriert ihrem Lehrherrn Rainer Mayer (links) und Markus Hofmann, dass Tierpflege kein Fremdwort für sie ist.

    Die Herrschaft der Männer geht auf den Unterallgäuer Bauernhöfen langsam zu Ende. Markus Hofmann vom Landwirtschaftsamt sieht junge Bäuerinnen in der „grünen Branche“ auf dem Vormarsch. Die Zahlen geben ihm recht. Bereits auf 15.000 von 380.000 bäuerlichen Betrieben in Deutschland haben Frauen das Sagen. Tendenz steigend.

    Erfolgreich behauptet sich in der Männerdomäne auch die 21-jährige Steffi Baur aus Türkheim. Die junge Frau hat Hauswirtschaft gelernt, dann aber das Berufsziel „Staatlich geprüfte Landwirtin“ angepeilt. Nach einem Berufsgrundschuljahr in Mindelheim lernte sie ein Jahr lang auf dem Hof von Rainer Mayer im Oberen Hart in Bad Wörishofen die landwirtschaftliche Praxis kennen. Derzeit packt die angehende Bäuerin im dritten Lehrjahr auf dem elterlichen Betrieb in Türkheim fest mit an. Das Bauernleben ist ihr nicht mehr fremd, sie weiß dass es kein Honiglecken ist.

    „Die Arbeit mit Tieren und in Gottes freier Natur macht mir viel Spaß, sie ist noch dazu sehr abwechslungsreich“ schwärmt Steffi Baur, die nach dem Besuch der Landwirtschaftsschule einmal den elterliche Betrieb „meisterlich“ führen will.

    Landwirt, kann das jeder werden? Ausbilder Markus Hofmann widerspricht der allgemein vorherrschenden Meinung. „Das kann nicht jeder“, betont er und weist darauf hin: „Wer als Landwirt heute erfolgreich sein will, muss besonders qualifiziert sein“. So müssen Agrarler sich heute verstärkt mit den Vorschriften des Tier- und Pflanzenschutzes auskennen, immer mehr Zeit für Büroarbeiten aufwenden, eine rasche Auffassungsgabe besitzen und auch mit Kommunikationsfähigkeit im Umgang mit Verbrauchern punkten. Zudem ist viel handwerkliches Geschick bei der Wartung und Pflege von Geräten und Maschinen gefragt.

    „Moderne Technik macht es den Bäuerinnen leicht, körperliche Arbeit hat nicht mehr die Bedeutung von früher“, sagt Hofmann und führt noch ein Argument ins Feld, das für Landfrauen spricht: „Viele haben ein Faible für Tiere und ein besonderes Händchen für deren Pflege“.

    Nomen est omen. Die angehende Bäuerin Steffi Baur bringen lästerliche Sprüche nicht aus der Ruhe. Sie räumt auf mit dem Klischee vom Bauern als typischen Männerberuf. Das Klischee von der nur kochenden und Kinder hütenden Bauersfrau lässt sie sich nicht überstülpen. Wenn es ums Tierwohl oder die Wald- und Feldarbeit geht, zeigt sich die junge Türkheimerin inzwischen mit allen Wassern gewaschen. „Die Steffi hat sich während ihrer Ausbildung gut in unsere Familie integriert und hat mit viel Engagement angepackt“, bescheinigt ihr denn auch Landwirtschaftsmeister Rainer Mayer, der seit acht Jahren vorwiegend weibliche Lehrlinge ausbildet und dabei erfahren hat: „Die stehen den Männern in nichts nach“. Rainer Mayer führt einen von 70 landwirtschaftlichen Ausbildungsbetrieben im Landkreis Unterallgäu. In seinem Stall stehen 85 Kühe, die täglich 2000 Liter Milch für die Karwendel Werke in Buchloe liefern. Als zweites Standbein hat der Bauer mit Leib und Seele auf seinem Hof ein Milchhäusle errichtet, in dem Kunden Landmilch zapfen und sich auch mit Wurst und Käse vom Hof sowie mit Nudeln, Eiern und Honig versorgen können.

    Gespräche mit Verbrauchern und Direktvermarktung sind Mayer und seiner Frau sehr wichtig. „Davon kann man nicht reich werden, aber ein gutes Zubrot ist unser zweites Standbein allemal“, bemerkt er. Sorgen macht dem engagierten Landwirt und Herrn über etwa 60 Hektar Ackerland, auf dem Getreide und Silomais gedeihen, die wie er sagt „ausufernde Bürokratie“.

    „Von der EU und der Regierung wird uns vorgeschrieben, was wir zu tun und zu lassen haben und das ist nicht immer nachvollziehbar“, kritisiert er. Bildungsberater Hofmann pflichtet ihm bei. „Wir versuchen jungen Leuten möglichst viel fachliches Wissen beizubringen, doch unsere Bemühungen werden durch immer neue Gesetze und Verordnungen teilweise wieder zunichte gemacht“, klagt er.

    Vielfach klärt Landwirt Mayer auf dem Feld Verbraucher über seine Arbeit auf. Dabei kocht auch immer wieder das Thema „Düngeverordnung“ hoch. „Die Leute kennen die Sperrfristen genau und schauen einen schon mal schief an und schimpfen drauf los“, erzählt er und sagt: „Aber es gibt auch viele nette Gespräche, vor allem wenn man den Leuten erklärt, welche Arbeit zu bestimmten Zeiten getan werden muss“.

    Rainer Mayer betreibt noch konventionelle Landwirtschaft. Eine Umstellung auf Bio ist für ihn schwierig. „Es fehlt an Absatzmärkten“, begründet er seine abwartende Haltung und er weiß aus Erfahrung: „Vielen Kunden ist Regionalität wichtiger als Bio“. Kein Mangel herrscht laut Bildungsberater Hofmann dagegen an ausbildungswilligen Betrieben im Unterallgäu. „Wie im Handwerk sind Lehrlinge Mangelware“, informiert er und erinnert daran, dass jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland von der Landwirtschaft abhängt.

    Keine Sorge macht sich Landwirt Mayer in „Corona-Zeiten“ um die Betreuung seiner drei Kinder. „Als selbständiger Unternehmer hat man den Nachwuchs eh immer um sich“. Ihn zu beschäftigen ist auf einem Hof kein Problem. So helfen seine drei Kinder Anna-Lena, Franziska und Maximilian Kunden schon mal gerne im Milchhäusle beim Befüllen der Flaschen mit frischer Kuhmilch.

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