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Kommunalpolitik: Familienbetrieb im neuen Bad Wörishofer Stadtrat

Kommunalpolitik

Familienbetrieb im neuen Bad Wörishofer Stadtrat

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    Pia Gruschka
    Pia Gruschka

    Der künftige Stadtrat von Bad Wörishofen ist gleich in mehrfacher Hinsicht besonders. Nicht nur sitzen dort erstmals gleich sieben Parteien und Gruppierungen am Ratstisch. Die Wähler haben auch dafür gesorgt, dass in der Ratsrunde gleich zwei Vater-Tochter-Gespanne vertreten sind. Neben Paul Gruschka (FW) hat auch seine Tochter Pia Gruschka (

    „Ich gebe zu, die neuartige Situation hat uns anfangs doch sehr überrascht“, sagt Pia Gruschka. Mit ihrem Listenplatz 16 bei den Freien Wählern war es ja keineswegs ausgemacht, dass es für einen Platz im Stadtrat reicht. „Nichtsdestotrotz: Die Freude ist wahnsinnig groß!“ Für generationsübergreifendes Miteinander hat sie sich bereits im Wahlkampf starkgemacht. Dass dies nun gleich auf zwei Generationen Gruschka zutrifft, hätte sie da aber noch nicht gedacht.

    „Die Erfahrung der älteren Generationen auf der einen Seite, die Dynamik der Jungen auf der anderen Seite – die Mischung macht’s“, findet Pia Gruschka. „Und wie bei jeder Mischung werden auch hier wohl das ein oder andere Mal Meinungsunterschiede entstehen.“ Wie das zwischen ihr und ihrem Vater werden wird, der nach seiner Abwahl als Bürgermeister ihr Fraktionskollege sein wird, weiß Gruschka noch nicht. „Direkte Differenzen zwischen meinem Vater und mir sind eher selten und wenn, dann gehören sie einfach dazu“, sagt sie. Man müsse abwarten, wie sich „die Ideenvielfalt sowie die Altersunterschiede vertragen werden.“ Am Ende gehe es um das bestmögliche Ergebnis für die Bürger.

    Überraschung im Hause Gruschka war groß

    Auch Paul Gruschka sagt, dass die Überraschung über den Familienanschluss im Rat groß war. „Als Quereinsteigerin sofort gewählt“, sagt Gruschka und fügt an. „Hat sie ihrem Vater nachgemacht.“ Bekanntlich war auch Paul Gruschka beim ersten Versuch als Bürgermeister gewählt worden.

    Eine „zumindest interessante Konstellation“ nennt der scheidende Bürgermeister das künftige Gruschka-Duo. „Ich mache mich auf Überraschungen gefasst, da Pia ihre eigene Meinung hat, diese auch äußert und vertritt“, sagt er. „Zusammen mit den anderen jugendlichen Stadtratsmitgliedern glaube ich, dass der Bereich Jugend im künftigen Stadtrat an Bedeutung gewinnen wird.“ Dass seine Tochter einst gewisses Interesse an den Grünen hegte, verrät Paul Gruschka auch. Beigetreten sei sie aber nicht. „Ich bitte diese jetzt keine Versuche zu unternehmen Pia abzuwerben. Sie ist mittlerweile der festen Überzeugung auch als Freie Wählerin gute Umweltpolitik machen zu können“, so Gruschka mit einem Augenzwinkern.

    Dass ihm die Tochter zwischenzeitlich aber seine geliebte gekörnte Gemüsebrühe verboten habe, merkt er noch an. Zuviel Gluten. „Aber ich habe noch eine kleine Reserve für Notfälle versteckt“, sagt Gruschka.

    Der Vater 61, die Tochter 27 Jahre alt: Da sehe man „die Dinge naturgemäß auch aus anderen Blickwinkeln“, sagt Gruschka: „Das ist auch gut so.“ Im Hause Gruschka bringt das Wahlergebnis auch noch andere Folge mit sich. Seine Gattin Gertraud werde jetzt an Sitzungstagen auf den Enkel aufpassen müssen.

    Tochter holt mehr Stimmen als der Vater

    Auch im Hause Nägele in Stockheim hat das Wahlergebnis für eine Überraschung gesorgt. „Das war ähnlich überraschend wie die Nominierung von mir bei den Freien Wählern auf Listenplatz 4. Dort hat mich Christin ja schon überholt, mit Listenplatz 3 bei der Generation Fortschritt“, sagt Joachim Nägele.

    Dass seine Tochter bei der Stadtratswahl 111 Stimmen mehr als er selbst erhalten hat, nimmt Nägele sportlich. Er habe dafür den Rotwein nach der Wahl übernommen.

    Dass gleich zwei Nägeles antreten werden, war auch im Familienkreis lange nicht klar. „Die Überraschung darüber war ihnen ins Gesicht geschrieben“, erzählt Christin Nägele vom Tag der Bekanntgabe ihrer Pläne gegenüber ihren Eltern. „Ich wurde jedoch sofort bestärkt. Es gab zu keiner Zeit ein Konkurrenzdenken zwischen meinem Vater und mir, trotz oder gerade wegen dem Anschluss verschiedener Gruppierungen.“

    Die Erwartungen der beiden ähneln sich, wie auch die beruflichen Erfahrungen. „Sachliche Debatten und eine konstruktive Zusammenarbeit über alle Fraktionen hinweg zum Wohle der Stadt“, erhofft sich Joachim Nägele. „Bei dem von mir gesetzten Schwerpunkt für eine aktive Wirtschaftspolitik sowie zur Verbesserung der Infrastruktur in der Stadt und den Ortsteilen sehe ich eine große Gemeinsamkeit“, sagt er. Tochter Christin stimmt da zu.

    Nägele und seine Tochter seien beide in Mitttelstands- und Großbetrieben in der Zuliefererindustrie tätig. „Christin arbeitet in der Finanzabteilung eines Automobilzulieferers. Ich bin Geschäftsführer in der Luftfahrtindustrie“, sagt Joachim Nägele. „Beide sind wir aktiv von der Corona-Krise betroffen. Diese wird leider auch die Aufgaben und Themen gleich zu Beginn in der Kommunalpolitik über Jahre prägen.“

    In manchen Dingen sind Vater und Tochter auf einer Wellenlänge

    Bezüglich der Wirtschaftsförderung in Bad Wörishofen sei sie mit ihrem Vater „auf einer Wellenlänge“, sagt Christin Nägele. „Jedoch sehe ich mich dem Thema Jugend mehr verbunden.“

    Auch Christin Nägele hat klare Vorstellungen. „Ich erwarte von meinem Vater exakt die selbe Kooperationsbereitschaft wie von jedem anderen Stadtratskollegen“, sagt sie. „Ganz gleich, ob wir zuhause oder im Stadtrat diskutieren, bleiben wir immer sachlich und das ist eine Eigenschaft, die ich an meinem Vater sehr schätze.“

    Die Bürgermeisterwahl verlief nicht so, wie es sich Joachim Nägele gewünscht hatte. Gruschka wurde abgewählt, der künftige Bürgermeister ist Stefan Welzel von der CSU. Christin Nägele war in der Bürgermeisterfrage vor der Stichwahl neutral. Noch haben alle Beteiligten ein wenig Zeit, sich auf die neue Situation einzustellen. Der neue Stadtrat tritt voraussichtlich erst im Mai zusammen.

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