Mehrere fixe Besprechungstermine pro Woche, dazu noch weitere, wenn wichtige Entscheidungen anstehen: Kirchheims Bürgermeisterin Susanne Fischer ist zusammen mit ihrer Amtskollegin Susanne Nieberle aus Eppishausen derzeit viel auf den Baustellen im Ort unterwegs. Und davon gibt es einige, denn im Fuggermarkt entstehen gleich mehrere große zukunftsträchtige Projekte gleichzeitig: In Kirchheims Nordosten wird das Baugebiet Renazé-Ring erschlossen, der Gasthof zum Adler im Ortskern wird zum Bürger- und Kulturzentrum umgebaut, der Anbau der Schule wird saniert und um eine Aula erweitert und neben dem Kindergarten Maria Königin wird die Kita St. Nepomuk errichtet. Zeit also für eine Baustellen-Rundfahrt, die exklusive Einblicke gewährt.
Los geht's am künftigen Renazé-Ring, der gerade erschlossen wird. Die Arbeiten zum Kanal sind laut Susanne Fischer fast fertig, derzeit werden die Elektroleitungen verlegt und danach die Straßenbeleuchtung angeschlossen. Auf dem 3,5 Hektar großen Gelände sollen 29 Einfamilienhäuser, sechs Doppelhaushälften, sechs Reihenhäuser und drei Mehrfamilienhäuser entstehen. Die Nachfrage nach den Bauplätzen ist laut Fischer "sehr, sehr gut". Die Bewerberinnen und Bewerber hätten ihre Favoriten angeben können, die Vergabe habe gut funktioniert und inzwischen seien zwei Drittel der Bauplätze schon vergeben. Und das, obwohl bislang nur Einheimische berücksichtigt worden seien, so Fischer. "Ich freu’ mich wirklich, dass es so gut geklappt hat." Im Juni oder Juli soll die Erschließung beendet werden – damit könnte schon bald gebaut werden.
Gerade wird die Basis für den Anbau an der Grund- und Mittelschule gelegt
Weiter geht's zur Grund- und Mittelschule, für die der Schulverband eine Sanierung des Anbaus auf den Weg gebracht hat. Um entsprechende Fördermittel zu bekommen, muss zudem eine Aula errichtet werden. Auch hier haben die Arbeiten schon begonnen.
Bislang wurde der Anbau entkernt, für die künftige Aula wird gerade die Bodenplatte gemacht, erläutert Susanne Fischer vor Ort. Im September 2025 will man die Aula, im Dezember dann den neuen Teil der Grund- und Mittelschule einweihen.
Die Kita St. Nepomuk in Kirchheim wurde frisch verputzt
Auf der Baustelle der Kindertagesstätte St. Nepomuk, bei der die Kirche die Bauherrin ist, ist schon mehr zu sehen: Von außen sieht der Neubau fast fertig aus.
Auch drinnen sind die Räume verputzt und man kann sich vorstellen, wie schon bald hier die Kinder toben werden. Noch im Herbst soll der Bau fertig werden, wenn alles weiter nach Plan läuft.
Als Nächstes stehen die Elektroinstallationen und die Lüftungsanlagen an, erklärt Susanne Fischer, danach wird die Trockendecke angebracht.
Trotz der Folien an den Fenstern ist es angenehm hell in den Räumen. Auch für die Kinder im benachbarten Kindergarten Maria Königin ist die Baustelle spannend: Durch die Scheibe im Gang, der die beiden Gebäude miteinander verbindet, können sie die Bauarbeiter beobachten.
Und wenn ein Höhepunkt ansteht, etwa die Lieferung der Treppe, dann wird jedes Spielen eingestellt, schließlich geht die Baustellenüberwachung vor. "Für die Kinder ist das wie ein Abenteuer", sagt Susanne Fischer.
Der Gasthof zum Adler wird zum Bürger- und Kulturzentrum umgebaut
Das Finale der Kirchheimer Baustellentour ist der Gasthof zum Adler – ein echtes Herzensprojekt der Bürgermeisterin. Ihren "Lieblingsraum" präsentiert sie als Erstes: das Foyer. Der Raum, der wie der Bürgersaal im oberen Stockwerk des Neubaus in Gemeindehand bleibt, kann künftig für alle möglichen Veranstaltungen genutzt werden, bestuhlt oder mit Stehtischen, für Vernissagen oder Kleinkunst, zählt Susanne Fischer auf und gerät dabei regelrecht ins Schwärmen. "Ich liebe diesen Raum!", sagt sie und öffnet die Tür nach draußen: Vom Türrahmen eingerahmt zeigt sich das Fuggerschloss – ein Ausblick, den es so nur in Kirchheim gibt.
Für die Gastronomie, die sich ebenfalls im Altbau befindet, habe es zuletzt fünf Bewerber gegeben, drei von ihnen reichen nun ein Konzept ein, sagt die Bürgermeisterin. Darüber hinaus hätten sich noch weitere Interessenten gemeldet, so Fischer. Insgesamt seien es 15 Gastronomen gewesen, die sich für das besondere Projekt interessieren.
Die Treppe hinauf geht es in den Adlersaal, der ebenfalls ertüchtigt wird. "Brandschutz und Denkmalschutz müssen bei allen Maßnahmen zusammenpassen", erklärt Fischer die große Herausforderung in diesem Bereich.
Aus dem Kirchheimer Gasthof zum Adler wird ein Bürgerzentrum - eine Chronik
Februar 2018: Die Idee vom Bürger- und Kulturzentrum wird konkreter
Die Raumnot vieler Vereine ist schon lange Thema in Kirchheim. Nun hat Architektin Anja Spillner hat mit den Raumwünschen der Vereine ein Nutzungskonzept für den Gasthof zum Adler erarbeitet. Das Gebäude gehört der Familie Fugger, könnte aber per Erbpacht auf 99 Jahre der Marktgemeinde überlassen werden. Ende 2017 sprechen sich die Markträte einstimmig dafür aus, im Februar 2018 stellt Architektin Anja Spillner ihre Machbarkeitsstudie den Vereinsvertretern vor. Entstehen soll ein zentrales Gemeindehaus für Vereine, Bürger und Gäste vor, mit lebendiger Gastronomie und einem Treffpunkt für Jung und Alt. In einer "ganz groben" Kostenschätzung kommt Spillner auf zwei Millionen Euro.
Oktober 2018: Unterstützung aus der Politik
Der damalige Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer und die damalige Bauministerin Ilse Aigner sichern ihre Unterstützung für das Projekt zu. 80 Prozent der förderfähigen Kosten können über die Flächenspar-Initiative "Innen statt außen" finanziert werden.
März 2019: Der Adler ist Thema in der Bürgerversammlung - und soll 3,5 Millionen Euro kosten.
Bei der Bürgerversammlung ist die Mehrheit der Anwesenden für den Umbau des Adlers zum Bürgerhaus. Bürgermeister Hermann Lochbronner spricht von Kosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro.
Mai 2019: Bauminister Hans Reichert bestätigt Fördersumme.
Bayerns Bauminister Hans Reichert kommt nach Kirchheim und sichert die Förderung zu: Das von Bürgermeister Lochbronner vorsichtig auf 3,5 Millionen Euro geschätzte Projekt bekommt neben 600.000 Euro von der Regierung von Schwaben auch 1,9 Millionen Euro vom Freistaat. Falls das Vorhaben teurer wird als die 3,5 Millionen, wird vom Freistaat mehr Geld fließen. Er will 80 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten tragen.
November 2019: Es formiert sich Widerstand gegen den Adler-Umbau.
Nicht alle Kirchheimerinnen und Kirchheimer sind von den Umbau-Plänen begeistert. Othniel Leitner sammelt Unterschriften für ein Bürgerbegehren - und ist erfolgreich.
Derweil informiert die Gemeinde zusammen mit Architektin Anja Spillner bei einer Veranstaltung im Adlersaal über das Projekt. Spillner spricht von Kosten in Höhe von 3,5 Millionen im Vorentwurf. Sie rechnete vor: Selbst wenn die Kosten auf 5,5 Millionen Euro steigen sollten – „und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir hier noch zwei Millionen versenken“–, so steige der Eigenanteil der Gemeinde von einer auf 1,72 Millionen Euro. Ein Neubau auf der grünen Wiese mit gleichem Raumprogramm würde die Gemeinde 3,9 Millionen Euro kosten, sagt sie.
Februar 2020: Eindeutiges Ergebnis beim Bürgerentscheid - der Adler wird umgebaut.
78,96 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben sich beim Bürger- und Ratsbegehren für den Umbau des Adlers zum Bürger- und Kulturzentrum ausgesprochen. An der Entscheidung hatten sich 1131 der 2102 Stimmberechtigten beteiligt.
August 2020: Zustimmung für den Adler-Bauantrag.
Der Kirchheimer Marktrat spricht sich für den Bauantrag zur Adler-Sanierung aus. Endgültig über die Realisierung des Projekts entscheide man im Herbst, erklärt Bürgermeisterin Susanne Fischer - dann, wenn die Kosten und vor allem die konkreten Fördersummen feststehen.
November 2020: Mehr Fördergeld, aber auch mehr Kosten.
Der Umbau des Adlers wird teurer als noch im Vorentwurf gedacht. Nach ausführlicher Untersuchung und Feinplanung sowie der Abstimmung mit den beteiligten Vereinen, stehen Kosten von 5,5 Millionen Euro für das Projekt im Raum. Rund 3,5 Millionen Euro davon sind nach Angaben von Architektin Anja Spillner reine Baukosten, zwei Millionen gehen für Baunebenkosten wie Honorare, Gutachten und Ausstattung der Räume drauf. Ziel sei es, nach wie vor deutlich unter zwei Millionen Euro Eigenanteil für den Markt Kirchheim zu bleiben, so Spillner. Von der Städtebauförderung "Innen statt außen" gibt es eine Zusage über 3,2 Millionen Euro, also 700.000 Euro mehr als zunächst geplant.
2021: Das Projekt "Adler" ist ins Stocken geraten
Eigentlich hätte das "Adler"-Projekt schon viel weiter sein sollen. Bereits im Januar 2021 hätte der Erbpachtvertrag zwischen der Gemeinde und dem Haus Fugger unterschrieben werden sollen. Doch dann starb Albert Graf Fugger von Glött kurz vor Weihnachten, der eigentlich diese Verträge hätte unterzeichnen sollen. Erst im Sommer 2021 wurde sein Sohn Ulrich Graf Fugger als Rechtsnachfolger beurkundet, ein neuer Erbpachtvertrag musste gemacht werden. Die angespannte Lage in der Baubranche bereitet Bürgermeisterin Susanne Fischer etwas Sorgen. Rund 3,56 Millionen Euro Förderung für den Adler sind eingeplant, bei Baukosten von 5,53 Millionen Euro bliebe für Kirchheim ein Eigenanteil von 1,97 Millionen.
Oktober 2021: Startschuss für den "Adler" trotz Kostensteigerung
Nach den Verzögerungen des Bauprojekts wurden die Kosten neu berechnet. Die Planer gehen wegen gestiegener Baukosten von Mehrkosten in Höhe von rund 900.000 Euro aus. "Es wird finanziell nicht leicht werden, aber wir werden es schaffen", ist sich Bürgermeisterin Susanne Fischer sicher. "Lasst uns mutig sein und gemeinsam den Weg gehen." Einstimmig spricht sich der gesamte Marktrat für den Projektstart aus und dafür, dass die Bürgermeisterin den Erbbaurechtsvertrag mit der Familie Fugger unterzeichnet.
März 2022: Der Stadel hinter dem Gasthof zum Adler wird abgerissen, damit dort der Anbau des Bürger- und Kulturzentrums entstehen kann.
Mai 2022: Spatenstich für den Umbau des Gasthofs zum Adler zu einem Bürger- und Kulturzentrum mit zahlreichen Vereinen. Man rechnet mit Kosten von 6,76 Millionen Euro.
August 2022: Der Dachstuhl des Kirchheimer Gasthofs wird saniert.
Oktober 2022: Bei der Bürgerversammlung ist von 6,8 Millionen Euro Kosten die Rede. Für den „Adler“ sei die Wärmeversorgung durch das Haus Fugger gesichert, heißt es.
Mai 2023: Die Kosten sind auf sieben Millionen Euro gestiegen.
Kirchheim muss aufgrund verschiedener Projekte (Kindergartenausbau, Schulsanierung und -anbau, Adler-Umbau) den Rotstift ansetzen. Im Rahmen der Besprechungen ist inzwischen von Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro für den Adler die Rede.
Juni 2023: Ein eigener Ausschuss für den Adler.
Bislang kümmerte sich ein Projektteam innerhalb des Ortsentwicklungsausschusses um den Adler - nun gibt es einen eigenen Ausschuss für das Bürger- und Kulturzentrum. Mitglieder sind: Bürgermeisterin Susanne Fischer, vertreten von Zweiter Bürgermeisterin Christine Vogginger; Georg Baur, vertreten von Erich Wörishofer; Jürgen Glogger, vertreten von Wolfgang Höld; Markus Mößnang, vertreten von Stefan Gutser; Manfred Raupach, vertreten von Helmut Rampp; Karl Scheifele, vertreten von Georg Hampp; Christine Vogginger, vertreten von Werner Baur.
Oktober 2023: Kirchheims Bürgermeisterin Susanne Fischer spricht auf der Bürgerversammlung von Kosten in Höhe von 7,4 Millionen Euro.
Oktober 2023: Die Kosten steigen auf 7,4 Millionen Euro.
Wie Bürgermeisterin Susanne Fischer in der Bürgerversammlung erklärt, ist die Fertigstellung des Adlers für Herbst 2024 geplant. Derzeit kalkuliere man mit Kosten von 7,4 Millionen Euro. Die Bürgermeisterin betonte, dass sich die Förderung den gestiegenen Kosten anpassen werde – der Markt bekomme 80 Prozent der förderfähigen Kosten erstattet. Die Nahwärme-Versorgung über das Haus Fugger kann nicht realisiert werden, jetzt kommt ein Gasanschluss. Die Firma Steiger Complete aus Mindelheim suche derzeit einen Pächter für den Gasthof.
Dezember 2023: Pächter gesucht
Kirchheim startet die Suche nach Pächtern für den künftigen Gasthof.
März 2024: Landtagsfraktionen fördern Adler-Projekt
Zwei Millionen Euro der Fraktionsinitiativen von CSU und Freie Wähler gehen ins Unterallgäu. Der Adler-Umbau in Kirchheim wird mit 450.000 Euro gefördert.
Bei ihr kommen in diesem Raum Erinnerungen hoch: Ihre Familie hatte früher ein Geschäft betrieben, über den Verband wurden Modenschauen im Adlersaal veranstaltet, zu der auch die Prominenz in den Fuggermarkt kam. Sie selbst sei einmal an der Hand eines Models auf dem Laufsteg spaziert, berichtet Susanne Fischer mit strahlenden Augen.
Heizung, Lüftung, Sanitär- und Elektroinstallationen stehen als Nächstes auf dem Programm, erläutert sie. Offen und großzügig präsentiert sich der Bürgersaal im Obergeschoss des Neubaus und wirkt dabei so, als wäre er schon so gut wie fertig.
Es geht zurück in den Altbau – und ein Blick nach oben steht sinnbildlich für das Projekt: Alte Balken mussten teils ausgetauscht werden, das neue Holz geht direkt in das historische über. Auch der neue Adler wird eine Mischung aus Alt und Neu sein. Bürgermeisterin Susanne Fischer kann es kaum erwarten, bis er fertig ist. "Ich freue mich so, dass der Adler aus seinem Dornröschenschlaf erwacht."