"Läuft" – immer wieder kommentiert Bürgermeisterin Susanne Fischer die Arbeiten mit diesem Wort, während sie durch Kirchheims größte Baustelle führt: Mit geplanten Kosten von derzeit rund 7,4 Millionen Euro ist der Umbau des Gasthofs zum Adler zu einem Bürger- und Kulturzentrum das größte Projekt seit Langem, das der Markt stemmt. Seit dem Spatenstich im Frühling 2022 wird gebaut, zunächst vor allem am Dach. Jetzt herrscht auch innen eine Großbaustelle – und wir haben sie besichtigt.
Kaum hat man das Gebäude durch die Eingangstür betreten, steht man schon mittendrin in der Baustelle. An vielen Stellen an den Wänden ist der Putz abgeschlagen und man sieht Mauerwerk. Die hölzernen Balken der Decke liegen frei, überall sind Stützen und Stahlträger zu sehen. Nur der Schriftzug "Gaststube" über der Tür rechts erinnert daran, dass hier einmal ein Treffpunkt vieler Kirchheimer war.
Der Gastraum, den man durch ein paar Stützen sehen kann, wirkt viel kleiner als damals, als er noch bestuhlt war. Das Künstlerzimmer, das vom Gastraum abgeht, bleibt während der großen Bauphase zu, hier muss nicht viel gemacht werden.
Anders als im Bereich zwischen Ausschank und Küche: Denn diesen gibt es derzeit quasi nicht. Dort wurden Wände geöffnet und man kann man direkt in den Keller schauen.
Das war nötig, um mit den Maschinen überhaupt erst in den Keller zu kommen, erläutert Susanne Fischer. Dort gibt es Lagermöglichkeiten und den Raum für die Gastherme, die nötig geworden war, weil die Familie Fugger ihr Nahwärmeprojekt gestrichen hat. Im Neubau kommen im Keller die Schützen unter.
Im zweiten Gastraum des Altbaus, vom Eingang aus links gesehen, war früher das große Fenster der Metzgerei. Nun haben die Handwerker hier wieder zwei Fenster gemauert, die sich im Stil den anderen historischen Fenstern anpassen.
Der Raum dahinter war zunächst ebenfalls als Gastraum geplant, nun wird hier ein Personalbereich geschaffen, weil im Keller durch die Gasversorgung weniger Platz herrscht.
Gleich dahinter, dort, wo einmal die Toiletten untergebracht werden, ist von diesen bislang wenig zu erkennen. Dort stehen derzeit noch ein Baufahrzeug und ein paar Mörteleimer herum.
Wie das Foyer mit seiner Erhöhung einmal aussehen soll, lässt sich indes schon ein wenig erahnen, obwohl hier noch Ziegelsteine, Rohre, ein Erdhaufen, Dämmmaterial und Mörtelsäcke die Sicht versperren. In der ehemaligen Metzgerei, wo einst geflieste Wände und Fleischhaken vorherrschten, soll schon bald ein Treffpunkt und Empfangsraum für alle möglichen Veranstaltungen entstehen. Hierfür gibt es eine eigene Eingangstür - durch die man einen schönen Blick auf Schloss und Kirche hat.
Immer weiter in die Höhe wächst parallel der Neubau hinter dem bisherigen Gasthof.
Im Erdgeschoss entsteht ein Raum, den künftig Musikerinnen und Musiker nutzen können.
Gleich darüber ist der Bürgersaal, der dank des entsprechenden Bodens auch als Turnraum verwendet werden kann. Von hier aus gibt es eine direkte Verbindung zum Altbau in den Adlersaal. "Hier bleibt viel historisch", erklärt Susanne Fischer. Und tatsächlich: Der Adlersaal ist - anders als viele andere Stellen im Haus - trotz einiger Eingriffe noch gut wiederzuerkennen.
Hier wird eine Lüftungsanlage eingebaut, die sich dann darüber befinden wird. "Die Herausforderung dabei ist, dem Denkmalschutz nicht zu nahe zu kommen", kommentiert Susanne Fischer.
Geht man aus dem Adlersaal wieder nach draußen in den Altbau, wird links künftig ein Aufzug die Gäste nach unten bringen. Auch ein Ausschank und Büros sind im Obergeschoss noch vorgesehen, darüber könnten die Pächter wohnen, die derzeit noch von einem externen Büro gesucht werden.
Einmal in der Woche treffen sich die Beteiligten der Baustelle zur Besprechung. Und auch sonst schaut Bürgermeisterin Susanne Fischer gern mal vorbei, wie weit die Arbeiten sind, meist am Abend, wenn die Büroarbeit erledigt ist, verrät sie. Ständig verändere sich die Baustelle, ja fast täglich. Aber "es läuft".
Aus dem Kirchheimer Gasthof zum Adler wird ein Bürgerzentrum - eine Chronik
Februar 2018: Die Idee vom Bürger- und Kulturzentrum wird konkreter
Die Raumnot vieler Vereine ist schon lange Thema in Kirchheim. Nun hat Architektin Anja Spillner hat mit den Raumwünschen der Vereine ein Nutzungskonzept für den Gasthof zum Adler erarbeitet. Das Gebäude gehört der Familie Fugger, könnte aber per Erbpacht auf 99 Jahre der Marktgemeinde überlassen werden. Ende 2017 sprechen sich die Markträte einstimmig dafür aus, im Februar 2018 stellt Architektin Anja Spillner ihre Machbarkeitsstudie den Vereinsvertretern vor. Entstehen soll ein zentrales Gemeindehaus für Vereine, Bürger und Gäste vor, mit lebendiger Gastronomie und einem Treffpunkt für Jung und Alt. In einer "ganz groben" Kostenschätzung kommt Spillner auf zwei Millionen Euro.
Oktober 2018: Unterstützung aus der Politik
Der damalige Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer und die damalige Bauministerin Ilse Aigner sichern ihre Unterstützung für das Projekt zu. 80 Prozent der förderfähigen Kosten können über die Flächenspar-Initiative "Innen statt außen" finanziert werden.
März 2019: Der Adler ist Thema in der Bürgerversammlung - und soll 3,5 Millionen Euro kosten.
Bei der Bürgerversammlung ist die Mehrheit der Anwesenden für den Umbau des Adlers zum Bürgerhaus. Bürgermeister Hermann Lochbronner spricht von Kosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro.
Mai 2019: Bauminister Hans Reichert bestätigt Fördersumme.
Bayerns Bauminister Hans Reichert kommt nach Kirchheim und sichert die Förderung zu: Das von Bürgermeister Lochbronner vorsichtig auf 3,5 Millionen Euro geschätzte Projekt bekommt neben 600.000 Euro von der Regierung von Schwaben auch 1,9 Millionen Euro vom Freistaat. Falls das Vorhaben teurer wird als die 3,5 Millionen, wird vom Freistaat mehr Geld fließen. Er will 80 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten tragen.
November 2019: Es formiert sich Widerstand gegen den Adler-Umbau.
Nicht alle Kirchheimerinnen und Kirchheimer sind von den Umbau-Plänen begeistert. Othniel Leitner sammelt Unterschriften für ein Bürgerbegehren - und ist erfolgreich.
Derweil informiert die Gemeinde zusammen mit Architektin Anja Spillner bei einer Veranstaltung im Adlersaal über das Projekt. Spillner spricht von Kosten in Höhe von 3,5 Millionen im Vorentwurf. Sie rechnete vor: Selbst wenn die Kosten auf 5,5 Millionen Euro steigen sollten – „und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir hier noch zwei Millionen versenken“–, so steige der Eigenanteil der Gemeinde von einer auf 1,72 Millionen Euro. Ein Neubau auf der grünen Wiese mit gleichem Raumprogramm würde die Gemeinde 3,9 Millionen Euro kosten, sagt sie.
Februar 2020: Eindeutiges Ergebnis beim Bürgerentscheid - der Adler wird umgebaut.
78,96 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben sich beim Bürger- und Ratsbegehren für den Umbau des Adlers zum Bürger- und Kulturzentrum ausgesprochen. An der Entscheidung hatten sich 1131 der 2102 Stimmberechtigten beteiligt.
August 2020: Zustimmung für den Adler-Bauantrag.
Der Kirchheimer Marktrat spricht sich für den Bauantrag zur Adler-Sanierung aus. Endgültig über die Realisierung des Projekts entscheide man im Herbst, erklärt Bürgermeisterin Susanne Fischer - dann, wenn die Kosten und vor allem die konkreten Fördersummen feststehen.
November 2020: Mehr Fördergeld, aber auch mehr Kosten.
Der Umbau des Adlers wird teurer als noch im Vorentwurf gedacht. Nach ausführlicher Untersuchung und Feinplanung sowie der Abstimmung mit den beteiligten Vereinen, stehen Kosten von 5,5 Millionen Euro für das Projekt im Raum. Rund 3,5 Millionen Euro davon sind nach Angaben von Architektin Anja Spillner reine Baukosten, zwei Millionen gehen für Baunebenkosten wie Honorare, Gutachten und Ausstattung der Räume drauf. Ziel sei es, nach wie vor deutlich unter zwei Millionen Euro Eigenanteil für den Markt Kirchheim zu bleiben, so Spillner. Von der Städtebauförderung "Innen statt außen" gibt es eine Zusage über 3,2 Millionen Euro, also 700.000 Euro mehr als zunächst geplant.
2021: Das Projekt "Adler" ist ins Stocken geraten
Eigentlich hätte das "Adler"-Projekt schon viel weiter sein sollen. Bereits im Januar 2021 hätte der Erbpachtvertrag zwischen der Gemeinde und dem Haus Fugger unterschrieben werden sollen. Doch dann starb Albert Graf Fugger von Glött kurz vor Weihnachten, der eigentlich diese Verträge hätte unterzeichnen sollen. Erst im Sommer 2021 wurde sein Sohn Ulrich Graf Fugger als Rechtsnachfolger beurkundet, ein neuer Erbpachtvertrag musste gemacht werden. Die angespannte Lage in der Baubranche bereitet Bürgermeisterin Susanne Fischer etwas Sorgen. Rund 3,56 Millionen Euro Förderung für den Adler sind eingeplant, bei Baukosten von 5,53 Millionen Euro bliebe für Kirchheim ein Eigenanteil von 1,97 Millionen.
Oktober 2021: Startschuss für den "Adler" trotz Kostensteigerung
Nach den Verzögerungen des Bauprojekts wurden die Kosten neu berechnet. Die Planer gehen wegen gestiegener Baukosten von Mehrkosten in Höhe von rund 900.000 Euro aus. "Es wird finanziell nicht leicht werden, aber wir werden es schaffen", ist sich Bürgermeisterin Susanne Fischer sicher. "Lasst uns mutig sein und gemeinsam den Weg gehen." Einstimmig spricht sich der gesamte Marktrat für den Projektstart aus und dafür, dass die Bürgermeisterin den Erbbaurechtsvertrag mit der Familie Fugger unterzeichnet.
März 2022: Der Stadel hinter dem Gasthof zum Adler wird abgerissen, damit dort der Anbau des Bürger- und Kulturzentrums entstehen kann.
Mai 2022: Spatenstich für den Umbau des Gasthofs zum Adler zu einem Bürger- und Kulturzentrum mit zahlreichen Vereinen. Man rechnet mit Kosten von 6,76 Millionen Euro.
August 2022: Der Dachstuhl des Kirchheimer Gasthofs wird saniert.
Oktober 2022: Bei der Bürgerversammlung ist von 6,8 Millionen Euro Kosten die Rede. Für den „Adler“ sei die Wärmeversorgung durch das Haus Fugger gesichert, heißt es.
Mai 2023: Die Kosten sind auf sieben Millionen Euro gestiegen.
Kirchheim muss aufgrund verschiedener Projekte (Kindergartenausbau, Schulsanierung und -anbau, Adler-Umbau) den Rotstift ansetzen. Im Rahmen der Besprechungen ist inzwischen von Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro für den Adler die Rede.
Juni 2023: Ein eigener Ausschuss für den Adler.
Bislang kümmerte sich ein Projektteam innerhalb des Ortsentwicklungsausschusses um den Adler - nun gibt es einen eigenen Ausschuss für das Bürger- und Kulturzentrum. Mitglieder sind: Bürgermeisterin Susanne Fischer, vertreten von Zweiter Bürgermeisterin Christine Vogginger; Georg Baur, vertreten von Erich Wörishofer; Jürgen Glogger, vertreten von Wolfgang Höld; Markus Mößnang, vertreten von Stefan Gutser; Manfred Raupach, vertreten von Helmut Rampp; Karl Scheifele, vertreten von Georg Hampp; Christine Vogginger, vertreten von Werner Baur.
Oktober 2023: Kirchheims Bürgermeisterin Susanne Fischer spricht auf der Bürgerversammlung von Kosten in Höhe von 7,4 Millionen Euro.
Oktober 2023: Die Kosten steigen auf 7,4 Millionen Euro.
Wie Bürgermeisterin Susanne Fischer in der Bürgerversammlung erklärt, ist die Fertigstellung des Adlers für Herbst 2024 geplant. Derzeit kalkuliere man mit Kosten von 7,4 Millionen Euro. Die Bürgermeisterin betonte, dass sich die Förderung den gestiegenen Kosten anpassen werde – der Markt bekomme 80 Prozent der förderfähigen Kosten erstattet. Die Nahwärme-Versorgung über das Haus Fugger kann nicht realisiert werden, jetzt kommt ein Gasanschluss. Die Firma Steiger Complete aus Mindelheim suche derzeit einen Pächter für den Gasthof.