Wie wäre es mit einem Schloss nahe Nürnberg? Oder mit einer hübschen Kirchenburg in Franken? Die Denkmal-Börse des Freistaats Bayern hat ungewöhnliche und geschichtsträchtige Gebäude zu bieten. Das derzeit wertvollste Denkmal steht allerdings in Kirchdorf. Der Eigentümerin fällt der Abschied schwer.
„Es ist eine große Spielwiese und ich hab gespielt“, sagt die Eigentümerin der Alten Mühle, Gudrun Marquardt, und strahlt. Ob Dackelzucht, kleine Opern- oder Theateraufführungen, eine eigene Fischräucherei, Erlebnisbauernhof für Schul- und Kindergartenklassen oder der überregional bekannte Eselmarkt – auf dem komplett sanierten Mühlengehöft war und ist alles möglich.
Wenn man das Anwesen erreicht, öffnet sich per Lichtschranke das Tor. Einst herrschte hier zeitweise Hochbetrieb. „Viele meiner Gäste haben sich hier wie in einer anderen Welt gefühlt“, erzählt Gudrun Marquardt. „Ich hatte hier immer glückliche Menschen.“ Viele unterschiedliche Tiere fanden ein Zuhause – ob Esel, Schafe, Hühner, Gänse, Enten, Hunde, Katzen oder Bienen. Entsprechend schwer fällt der Eigentümerin der Abschied jetzt. „Ich gehe mit einem weinenden Auge, aber es wird mir im Alter einfach zu viel“, sagt sie. Die drei erwachsenen Kinder hätten inzwischen einen anderen Lebensmittelpunkt gefunden.
Gudrun Marquardt war schwer erkrankt, als der Entschluss fiel, die Mühle in Kirchdorf zu kaufen
Die Alte Mühle hat für Gudrun Marquardt eine ganz besondere Geschichte. Schwer erkrankt, suchte sie mit ihrem damaligen Ehemann Rüdiger Marquardt ein Ferienhaus für die ganze Familie und fand kein geeignetes Objekt. Das im Jahr 1628/29 entstandene Mühlengebäude mit denkmalgeschütztem Dachstuhl stand eigentlich nicht zum Verkauf. Doch die Familie verliebte sich in das Anwesen und verhandelte erfolgreich. Im Jahre 1999 wechselte die Alte Mühle den Besitzer.
Aufgrund der gesundheitlichen Situation der heutigen Eigentümerin musste alles sehr schnell gehen. Innerhalb eines Jahres wurden Haupt- und Nebengebäude komplett saniert, aus dem Mühlengebäude wurde ein charmantes Wohnhaus, in dem der denkmalgeschützte Dachstuhl eine optische Hauptrolle übernimmt und gekonnt mit modernen Elementen und Materialien wie Stahl, Terrakotta und Glas kombiniert wurde. Die Alte Mühle sollte eigentlich Feriendomizil der am Starnberger See lebenden Familie werden. „Doch dann war es so schön, dass wir ganz umgezogen sind“, erzählt Gudrun Marquardt mit einem Leuchten in den Augen. „Es ist ein besonders guter Ort“, sagt sie in dankbarer Erinnerung daran, dass sie dort tatsächlich wieder gesund wurde.
„Die Begegnungen mit den Menschen und das Leben mit den Tieren“ empfand sie als besonders schön. Sie fing an, Dackel mit dem eingetragenen Stammbaum „Von der Alten Mühle“ zu züchten, vermietete Ferienwohnungen, organisierte kulturelle Veranstaltungen wie kleine Opern- und Theateraufführungen und etablierte den überregional bekannten Eselmarkt. Sie machte eine Ausbildung zur Erlebnisbäuerin und lud dann Schul- und Kindergartenklassen ein, um ihnen das Thema „Tiere auf dem Bauernhof“ nahezubringen. Der zum Anwesen gehörende Fischteich eignete sich für Rüdiger Marquardt hervorragend, eine eigene Fischräucherei mit Bewirtung ins Leben zu rufen. „Wenn ich jünger wäre, hätte ich noch so viele Ideen“, sagt Gudrun Marquardt. Sie hofft, dass die Alte Mühle in gute Hände wechselt und die neuen Besitzer „die Werte hier zu schätzen“ wissen.
Die Alte Mühle Kirchdorf wurde bereits im 11. Jahrhundert erstmals erwähnt
Die Alte Mühle Kirchdorf wurde das erste Mal Ende des 11. Jahrhunderts urkundlich erwähnt. Die nächste Erwähnung findet sich im Jahr 1402 – hierbei dürfte es sich um einen spätmittelalterlichen Vorgängerbau der heutigen Mühle gehandelt haben. Das heutige Mühlengebäude ist laut dendrochronologischem Befund im Jahr 1628/29 neu errichtet worden. Bei dieser Methode wird das Holzalter aufgrund der Jahresringe bestimmt. Im Jahre 1987 wurde der Mahlbetrieb vom damaligen Besitzer in eine Dinkelschälanlage umgebaut. Der gewerblich betriebene Dinkelschälbetrieb wurde im März 1999 endgültig eingestellt und das Mühlengehöft an die heutigen Eigentümer verkauft.
Seither gibt es im ehemaligen Mühlenaufzug sogar einen Personenaufzug. Die Marquardts brachten außerdem ein großes Wasserrad an, das eine moderne Turbine antreibt – und so Strom erzeugt. Zugleich bestehen noch alte Wasserrechte, die im Grundbuch übertragen werden, erklärt Gudrun Marquardt. Eine Besonderheit, denn „so etwas gibt es heute gar nicht mehr“, sagt sie.
Wer die Mühle haben will, muss allerdings ein bisschen Geld auf der Seite haben. 2,5 bis 2,9 Millionen Euro sollten es mindestens sein, je nachdem, wie viel Mühle man kaufen will. Nicht umsonst ist es das derzeit wertvollste zu verkaufende Denkmal in der staatlichen Denkmal-Börse Bayern.