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Kaufbeuren: Udo-Entdeckerin rechnet mit weiteren spektakulären Fossilfunden im Ostallgäu

Kaufbeuren

Udo-Entdeckerin rechnet mit weiteren spektakulären Fossilfunden im Ostallgäu

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    Knapp 4000 Funde brachten die Ausgrabungen 2022 in der Hammerschmiede zutage – ein Rekordjahr, sagt die Paläontologin Madelaine Böhme.
    Knapp 4000 Funde brachten die Ausgrabungen 2022 in der Hammerschmiede zutage – ein Rekordjahr, sagt die Paläontologin Madelaine Böhme. Foto: Harald Langer (Archivbild)

    Die Hammerschmiede werde noch „so manches spektakuläre Geheimnis freigeben“. Da ist sich die Wissenschaftlerin Madelaine Böhme von der Universität Tübingen sicher. In der Tongrube am Ortsrand von Pforzen ist sie mit ihrem Team auf die Überreste eines aufrecht gehenden Menschenaffen gestoßen. Der Sensationsfund ist gemeinhin als Udo bekannt und stellt Teile der menschlichen Evolutionsgeschichte infrage.

    Böhme hofft, dass die Ausgrabungen im Ostallgäu dieses Jahr wesentlich früher starten als 2022. „Am liebsten wäre mir ab April.“ Spätestens aber ab Mai sollten die Forscher mit der Suche nach Fossilien loslegen können.

    Ob das klappt, ist jedoch fraglich. Zuletzt begannen die Ausgrabungen im Juli, 2020 sogar erst Anfang September. Das Problem: Die Eigentümerfamilie der Hammerschmiede, die Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB) und der Betreiber der Tongrube, die Oberstdorfer Unternehmensgruppe Geiger, müssen jedes Jahr aufs Neue einen Vertrag für die Grabungen unterzeichnen.

    Schon seit Langem wünscht sich Böhme eine Perspektive über viele Jahre hinweg, mit gesicherten Verträgen und einer langfristigen Finanzierung. Wobei sie sich grundsätzlich sehr darüber freue, „dass die Politik zu uns hält“.

    Wer finanziert die Ausgrabungen in der Hammerschmiede?

    Der Freistaat Bayern will die Ausgrabungen heuer erneut unterstützen, dieses Mal mit 400.000 Euro. 2022 waren es noch 200.000 Euro. Laut dem Landtagsabgeordneten Bernhard Pohl (Freie Wähler) hat sich der Zuschuss verdoppelt, weil die Grabungssaison heuer früher starten soll. Ein konkretes Datum nannte er aber nicht. Auch Pohl setzt sich für eine dauerhafte Förderung der Ausgrabungen ein.

    Für die Forschungsarbeit an der Universität Tübingen, die mit den Funden aus der Hammerschmiede verbunden ist, gebe es außerdem jährlich Gelder aus Baden-Württemberg (45.000 Euro) und vom Bund (15.000 Euro), schildert Böhme.

    Bilanz der Grabungssaison 2022 im Ostallgäu: Knapp 4000 Funde

    2022 sei in vielerlei Hinsicht ein Rekordjahr gewesen, sagt die Paläontologin, und das, obwohl bereits 2021 sehr ergiebig gewesen sei. Vergangenes Jahr hätten die Forscher und Freiwilligen an 43 Tagen knapp 4000 Fossilien ausgegraben und mit Fundnummern versehen. „Das lag natürlich daran, dass das Wetter mitgespielt hat“, sagt Böhme.

    Außerdem habe das Team die Technik optimiert, mittlerweile sei auch ein Kleinbagger für die Grabungen im Einsatz. Großer Dank gebühre zudem den vielen freiwilligen Helfern und Helferinnen, sagt Böhme. Auch 2023 werden bei den Ausgrabungen wieder etliche Hobby-Paläontologen mitwirken.

    Und dann sei da noch „Rosie“, die Böhme als „kleines Wunder“ bezeichnet. Das Rotationssieb zum Ausschlämmen kleiner Fundstücke hat Grabungsleiter Thomas Lechner selbst gebaut. Ohne „Rosie“ hätte das Grabungsteam 2022 etwa die Hälfte der Funde übersehen, sagt Böhme. 260 Tonnen Sediment habe die Maschine verarbeitet. Eine enorme Hilfe, denn so sorgfältig die Wissenschaftler und Freiwilligen auch seien, „wir können nicht mit Mikroskop ausgraben“.

    2022 gab es laut Böhme keine Menschenaffen-Funde

    Auf weitere Überreste von Menschenaffen seien sie 2022 nicht gestoßen, schildert Böhme. Das liege schlicht daran, dass sie nicht in der „Udo-Schicht“ gegraben hätten. Ham 5 heißt jener Bereich. Dort entdeckten die Forscher die Knochen von „Danuvius guggenmosi“ – so heißt der Menschenaffe offiziell. „Spätestens ab 2024 wollen wir großflächig in der ’Danuvius’-Lage weitergraben“, sagt Böhme.

    Nicht nur Udos Relikte lieferten neue wissenschaftliche Erkenntnisse, auch die anderen Fossilfunde aus dem Ostallgäu geben aufschlussreiche Einblicke in die Urzeit. Sie zeigen etwa, wie Biber vor über elf Millionen Jahren lebten, Hirschferkel aussahen und welche Raubtiere es damals im Allgäu gab. Und das Potenzial der Hammerschmiede sei noch längst nicht ausgeschöpft, sagt Böhme. Dort könnten Forscherteams noch mindestens 50 Jahre lang graben.

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