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Irsingen: Ein Kleinod in Irsingen braucht Hilfe

Irsingen

Ein Kleinod in Irsingen braucht Hilfe

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    Die kleine Zollhauskapelle in Unterirsingen von Norden.
    Die kleine Zollhauskapelle in Unterirsingen von Norden. Foto: Sabine Schaa-schilbach

    Die kleine Kapelle am Zollhaus an der Straße nach Wiedergeltingen ist für Vorbeifahrende derzeit noch gut zu sehen. Im Sommer behindert dann grünes Blätterdach die Sicht. Dieses Kirchlein hat Probleme. Von außen sieht man Feuchtigkeitsschäden an den Fundamenten besonders dort, wo das Regenwasser aus zwei Regenrinnen am Boden ankommt: eine Trockenlegung ist dringend nötig. Im Inneren ist ein größerer Wasserschaden in der Mauer und am Gebälk der Westseite freigelegt.

    Die Reparaturarbeiten an der Kapelle St. Peter und Paul in Irsingen kosten rund 80.000 Euro

    Dafür hat Marktrat Josef Vogel aus Irsingen im Kircheninneren den Holzboden auf der schmalen Empore direkt unter dem Türmchen öffnen lassen. Die tragenden Balken dort: feucht und morsch. Ursache sind vor allem schadhafte Lärchenholzschindeln im Bereich der Turmzwiebel. Den Antrag auf einen Zuschuss für die Reparaturarbeiten stellte Josef Vogel unlängst in der letzten Türkheimer Gemeinderatssitzung: 80.000 Euro an Kosten insgesamt für die notwendigen Arbeiten. Wo immer möglich würden dabei auch Eigenleistungen erbracht.

    Die Eigentumssituation und die Zuständigkeiten für die Unterirsinger Kapelle sind kompliziert: nur das Kirchlein selbst gehört der Stiftung „St. Peter und Paul“, der umgebende Grund aber ist in Privatbesitz. Zur Stiftung gehört außer dem Kirchlein noch ein Waldgrundstück. Dieser Stiftungswald soll verkauft werden, um Mittel für die Renovierung zu erwirtschaften. Denn die Stiftung selber habe kein Vermögen, so Josef Vogel. Zuschüsse bräuchte es zusätzlich von der Diözese, dem Bezirk, dem Landkreis und eben der Gemeinde.

    Das schmucke schindelgedeckte Türmchen, ursächlich verantwortlich für den Wasserschaden.
    Das schmucke schindelgedeckte Türmchen, ursächlich verantwortlich für den Wasserschaden. Foto: Sabine Schaa-schilbach
    Ein altes Votivbild von 1767, das zeigt, dass die Kapelle auch ein Wallfahrtsort war.
    Ein altes Votivbild von 1767, das zeigt, dass die Kapelle auch ein Wallfahrtsort war. Foto: Sabine Schaa-schilbach
    kapelle Irsingen
Die Renovierung der Zollhauskapelle ist eine Herzensangelegenheit von Marktrat Josef Vogel. Im Hintergrund das freigelegte Loch im Boden der Empore.
    kapelle Irsingen Die Renovierung der Zollhauskapelle ist eine Herzensangelegenheit von Marktrat Josef Vogel. Im Hintergrund das freigelegte Loch im Boden der Empore. Foto: Sabine Schaa-schilbach

    Das Kirchlein selbst ist klein, bescheiden und „nur“ ein paar hundert Jahre alt. Einmalig in unserer Region dagegen ist die Frühgeschichte an diesem Ort. Der kirchliche Vorgängerbau an derselben Stelle stammte wohl schon aus dem 8. Jahrhundert, aus einer Zeit, als der christliche Glaube in unsere Gegend kam. Dieser Kirchenbau war Teil eines sog. „Fränkischen Reichshofes“, ein Mittelpunkt von Verwaltung, Rechtsprechung und militärischer Präsenz. Die Lage direkt an der Wertach war günstig. Die Anlage verfügte außerdem über eine Mühle. Dort, wo heute noch die Wiedergeltinger Mühle steht. 

    Mehrmals verschenkt oder verkauft, gehörte diese Vorgängerkirche lange zum Kloster Steingaden. Abbildungen oder Beschreibungen sind nicht bekannt. Wo jetzt das Zollhaus steht, lag damals das Pfarrdorf Unter- oder Niederirsingen, ein altes Welfengut. Später, wohl im 15. Jahrhundert, wurde diese Ortschaft aufgegeben. Es blieben nur die alte Kirche und das Zollhausgut übrig.

    Das Kirchlein Sankt Peter und Paul in Irsingen stammt aus der Barockzeit

    Das heutige Kirchlein St. Peter und Paul ist ein schlichter Neubau aus der Barockzeit mit erstaunlich starken Mauern. Ein genaues Errichtungsdatum ist unklar, man vermutet es zu Beginn des 17. oder 18. Jahrhunderts. Nach mehreren Umbauten – zuletzt vor 70 Jahren, als beispielsweise eine neue Decke eingezogen wurde - erhielt es sein heutiges Gesicht und steht seit 1919 unter Denkmalschutz.

    Beginnend im vergangenen Sommer hat Josef Vogel das Zollhauskirchlein genau untersuchen lassen, fachlich beraten vom Architekten, der auch die Pfarrkirche St. Margareta in Oberirsingen betreut hat. Das viele Moos auf den Dachschindeln wurde schon früher bei Bedarf mit Wasserdruck entfernt. Mit einer Feuerwehrleiter wurde jetzt versucht, einen Überblick über die Schäden am Türmchen zu bekommen. Regen- und Schwitzwasser sind von dort in Mauerwerk und Gebälk eingedrungen. Mit einer Drohne gelang das schließlich. 

    Josef Vogel erwähnt, dass mit dem Denkmalamt „kleine“ Kompromisse für die Renovierung ausgehandelt wurden. Zum Beispiel, dass bestimmte Holzschindeln am Zwiebeltürmchen eine Kupferabdeckung bekommen dürften. Wünsche äußert er auch für den Kirchenboden, der sich teilweise abgesenkt hat. Josef Vogel vermutet einfachen Kies darunter. 

    Zur Feier des Patroziniums im Kirchlein St. Peter und Paul im Juni ist jedes Jahr die kath. Pfarreiengemeinschaft auf das Gartengrundstück der Zollhauseigentümer Wolfgang Hebeler und Ulrike Schötz eingeladen. Auch für Bittgänge im Mai wird die schwere Eingangs-Holztür des Kirchleins geöffnet. Bei der Renovierung ihrer Pfarrkirche St. Margareta haben die Irsinger Bürgerinnen und Bürger gezeigt, was mit viel Engagement erreicht werden kann. Für das kleine Kirchlein St. Peter und Paul hat der Türkheimer Gemeinderat per Beschluss einen gedeckelten Zuschuss von 10.000 Euro zugesagt.

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