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Irsingen: Ein Rehkitzretter aus Irsingen beweist Erfindungsreichtum

Irsingen

Ein Rehkitzretter aus Irsingen beweist Erfindungsreichtum

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    Florian Horak rettet seit 2016 Rehkitze mittels Drohne und Wärmebildkamera. Seine Frau Mirela ist jedes einzelne Mal als Helferin mit auf den Wiesen.
    Florian Horak rettet seit 2016 Rehkitze mittels Drohne und Wärmebildkamera. Seine Frau Mirela ist jedes einzelne Mal als Helferin mit auf den Wiesen. Foto: Kathrin Elsner

    „Als ich 2015 als Jungjäger im Jagdrevier Kirchdorf gestartet bin, haben wir noch klassisch zu Fuß Rehkitze gesucht“, erinnert sich Florian Horak. Doch das stundenlange Laufen in Gummistiefeln durch die Wiesen sollte bald ein Ende finden. Noch im selben Jahr hatte Horak die zündende Idee. Seine Erfindung funktionierte – lange bevor die nötige Technik in der Breite verfügbar war. 

    Horaks Idee: Er verband eine Hand-Wärmebildkamera mit einem FPV-Sender für die richtige Echtzeitsicht und befestigte diese an einem selbst zusammengebauten Flugkörper. „Da konnte man nicht wie heute auf Knopfdruck automatisch ein Feld abfliegen lassen“, sagt Florian Horak lachend, „da musste man noch richtig fliegen können.“ Es sei ein ganz besonderer Moment gewesen, mit seiner Eigenkonstruktion das erste Rehkitz aus der Luft zu finden, erzählt er. Die selbst gebaute Lösung habe von Anfang an funktioniert und ihm zwei Jahre lang gute Dienste erwiesen. 

    Mittlerweile kommt Profi-Ausrüstung bei der Rehkitzrettung im Revier Kirchdorf zum Einsatz

    Stück für Stück habe er die Lösung ausgebaut und dabei keine Kosten und Mühen gescheut. „Wenn man als Jäger seinen Waffenschrank aufmacht und schaut, was da an Geld drinsteht, dann ist das wenigste, dass man das Gleiche einsetzt, um das Rehwild auch zu schützen und zu hegen“, ist er überzeugt. 

    Heute verwendet er regelrechtes Profi-Equipment. Seine Drohne mit einer Spannweite von 92 Zentimetern trägt eine hochauflösende Wärmebildkamera, die es ihm ermöglicht, aus 55 bis 60 Metern Höhe nach Rehkitzen zu suchen. Alle sechs zum Rehkitzrettungsteam gehörenden Helfer sind mit einem Monitor ausgestattet, auf dem sie dank eines analogen Signals das Wärmebild live verfolgen können. 

    Mirela Horak hat das gefundene Kitz in einer Tiertransporttasche an den Waldrand getragen und lässt es nach der Mahd wieder frei.
    Mirela Horak hat das gefundene Kitz in einer Tiertransporttasche an den Waldrand getragen und lässt es nach der Mahd wieder frei. Foto: Florian Horak

    „Der Rehkitzretter streckt die Hand aus und kann so aus der Vogelperspektive sehen, in welche Richtung er läuft. So kann er zielsicher zum gefundenen Kitz navigieren“, erklärt Horak. Zusätzlich sei jeder Helfer zur Kommunikation mit einem Funkgerät und zur Bergung der Kitze mit Einmalhandschuhen und einer Tiertransport-Umhängetasche ausgestattet. 

    Das eingespielte Team sei inzwischen sehr effizient geworden, was auch notwendig sei, denn die Rehkitzsuche findet für fast alle Beteiligten vor der Arbeit statt. Mehrere Wochen lang morgens um vier Uhr aufzustehen und vor dem Beruf Rehkitze zu suchen, sei nicht einfach, aber lohnend, sagt Mirela Horak, die ihren Ehemann von Anfang an nach Kräften unterstützte. „Ich find's immer schön, wenn wir ein Rehkitz finden, in diesem Augenblick weißt du, dass es nicht vermäht wird“, sagt sie und fügt lächelnd hinzu: „Natürlich ist es auch süß, es ist einfach ein Baby.“ 

    Der einzige Pensionist im Team lasse die Kitze wieder frei, sobald gemäht wurde, erzählt Florian Horak. Das Problem sei, dass die Rehkitze eigentlich nur maximal zwei bis drei Stunden gesichert bleiben sollten, oft jedoch wesentlich mehr Zeit bis zur Mahd verstreicht. Größere Kitze, die lediglich vertrieben werden konnten, kommen innerhalb dieser Zeit zudem oft zurück in die Wiese. „Am besten wäre es, wenn die Kitze gesichert werden und dann sofort gemäht wird“, gibt der Jäger zu bedenken.

    In Kirchdorf wurde jetzt der Verein "Rehkitzrettung Kirchdorf" gegründet

    Wenn die Mähtermine nach einer Schlechtwetterperiode geballt auftreten, kommen auch die effizientesten Rettungsteams an ihre Grenzen. Um sich gegenseitig aushelfen zu können, gründete Florian Horak im Jahre 2020 eine WhatsApp-Gruppe mit anderen Drohnenpiloten der Region. Vor wenigen Tagen erfolgte zudem die Vereinsgründung „Rehkitzrettung Kirchdorf“, um Fördergelder zur Anschaffung einer weiteren Drohne beantragen zu können. 

    „Wir wollen noch weiter ausbauen und ein zweites Team etablieren, dass wir einfach schneller sind und noch mehr Fläche schaffen“, sagt Florian Horak. Die Motivation für sein großes Engagement steht für ihn fest: „Es passiert einfach was. Man sieht, dass man mit seinem Tun im Tierschutz auch direkt etwas bewirken kann.“

    So fühlt es sich an, ein Rehkitz in einem Feld zu finden und zu retten

    Viele Menschen haben noch nie ein lebendiges Rehkitz gesehen, ist Florian Horak überzeugt, und wissen nicht, wie es sich anfühlt, wenn man es aus der Wiese holt und den Herzschlag und die Atmung spürt. Für ihn sei es ein Schlüsselerlebnis gewesen, als er als Kind durch seinen die Jagd ausübenden Onkel sein erstes lebendes Rehkitz erblickte. „Ich finde es heute immer noch schlimm, wenn sie vermäht werden“, erzählt er. „Wir arbeiten schon relativ gut mit unseren Landwirten zusammen, aber es könnte manchmal noch einen Tick besser sein“, findet Florian Horak, der seit dem Jahre 2022 Mitpächter des Jagdreviers Kirchdorf ist. 

    Unabdingbar sei die spätestens am Abend vorher erfolgende Information, welche Wiesen gemäht werden, um Rettungsaktionen mit Drohne und Wärmebildkamera zu ermöglichen. Denn – sobald die Sonne die Wiesenflächen erwärmt hat, hebt sich das Rehkitz mit seiner Körpertemperatur nicht mehr ausreichend von der Umgebung ab, um es zu erkennen.

    Bei der Rehkitzsuche gelte das Verursacherprinzip, erklärt Florian Horak

    Bei der Rehkitzsuche gelte das „Verursacherprinzip“, erklärt Horak. Dieses besagt laut Bayerischem Jagdverband, dass primär der Landwirt und der Maschinenführer für das Absuchen seines Landes verantwortlich ist und sich für den Jagdausübungsberechtigten im Rahmen der Hegepflicht eine Mitwirkungspflicht ergibt. 

    Florian Horak hofft, dass die derzeit noch bestehenden Negativbeispiele, in denen Landwirte vor der Mahd gar nicht oder erst kurz vorher Bescheid sagen und auf diese Weise immer wieder Rehkitze zu Schaden kommen, bald der Vergangenheit angehören. Sehr positiv findet er, dass manche Landwirte und deren Familien bei der Suche helfen. „Ich finde es ganz wichtig, dass man die Kinder mit in das Thema einbezieht, damit sie auch ein gewisses Empfinden und eine Empathie für die Kitze entwickeln. Dann wachsen sie auch so auf, dass sie später Bescheid sagen“, ist Horak überzeugt. Er wünscht sich für die Zukunft der Rehkitzsuche besonders, dass die Kommunikation mit den Landwirten funktioniere und die Mahd zeitnah nach der Sicherung der Kitze erfolge.

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