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Interview: Vorsitzender von Humedica blickt auf Jahr voller Krisen zurück

Kaufbeuren

„Das Gute besteht trotz schlimmer Gräueltaten“

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    2024 gab es einige Krisenherde auf der Welt, an denen Humedica humanitäre Hilfe leistete.
    2024 gab es einige Krisenherde auf der Welt, an denen Humedica humanitäre Hilfe leistete. Foto: Hartmut Schotte (Archivbild)

    Wo Menschen in Not sind, können Sie auf Unterstützung durch die Kaufbeurer Hilfsorganisation Humedica hoffen. Die stellte das Jahr 2024, in dem rückblickend eine Krise auf die andere folgte, vor große Herausforderungen. Welcher Auslandseinsatz hat Humedica im vergangenen Jahr besonders beschäftigt, Herr Peter?
    JOHANNES PETER: Das herausforderndste Programm haben wir aktuell in der Ukraine. Im dritten Kriegsjahr ist die Lage volatil und für unsere Mitarbeiter vor Ort gefährlich, was mich sehr besorgt. Wegen anhaltender Angriffe durch Russland müssen sie sich immer wieder in Schutzräume zurückziehen. Der Einsatz bedarf eines speziellen Sicherheitsmanagements, sonst können die Kolleginnen und Kollegen nicht sicher arbeiten. Außerdem stellt die immer wieder durch Angriffe geschwächte Infrastruktur ein Problem dar: Strom- und Heizungsausfälle können zum Problem werden. Das alles ist sehr belastend. Ansonsten haben wir in Äthiopien seit vielen Jahren ein Länderbüro und in den Nachbarländern viele Projekte, die sich vor allem um Menschen auf der Flucht kümmern. Konflikte und Extremwetterlagen drängen viele dazu.

    Zu diesen längerfristigen Projekten kam 2024 noch eine ganze Reihe an Katastrophen hinzu. Wie priorisieren Sie in diesen Fällen?
    PETER: Das stimmt, die Liste liest sich schlimm. Gaza-Streifen, Libanon, verheerende Fluten in Spanien, aber auch vor unserer Haustür im Unterallgäu, wo ich selbst Sandsäcke gefüllt habe, und jetzt kürzlich der Zyklon in Mosambik. Mit der Priorisierung unserer Einsätze beschäftige ich mich intensiv. Insgesamt haben wir unseren strategischen Fokus auf Südasien und Ostafrika, wo wir gut vernetzt sind mit lokalen Partnern. Dort sowie anderenorts auf der Welt ist das Vorgehen bei Naturkatastrophen ähnlich. Wir prüfen zunächst: Was haben wir für Ressourcen und Kontakte vor Ort? Können wir dort etwas bewirken? Wenn die Netzwerke passen, nehmen wir Kontakt auf und leiten die nächsten Schritte ein, wie etwa das Bereitstellen von Hilfsgütern, finanzielle Unterstützung oder die Entsendung eines Einsatzteams.

    Sie sind also auf lokale Partner angewiesen?
    PETER: Lokale Partner sind absolut essenziell für eine effektive Hilfe. Nehmen wir den Zyklon als Beispiel. Dieser ist nicht nur über die französische Inselgruppe Mayotte hinweg gefegt, sondern auch über Mosambik. Dort stehen wir in Kontakt mit einer Partnerorganisation, die uns über das Ausmaß der Zerstörung informiert. Der tropische Wirbelsturm hat Dächer weggeblasen, Häuser und Schulen ebenso zerstört wie eine Flüchtlingsunterkunft in Nanlia, wo die Menschen nun erneut vor dem Nichts stehen. Unsere Partnerorganisation versorgt die Betroffenen mit dem Nötigsten zum Überleben. Das wäre ohne Unterstützung aus Deutschland nicht möglich. Leider sind bestimmte Länder wie Mosambik oder auch die Philippinen immer wieder von Verwüstung durch Naturkatastrophen betroffen. Dadurch haben wir in diesen Ländern Erfahrungen und Netzwerke aus vergangenen Einsätzen.

    Gibt es rückblickend auch etwas, das Ihnen in diesem Jahr voller Krisen Hoffnung gemacht hat?
    PETER: Besonders begeistert hat mich eine Reise in den Norden Äthiopiens. Dort besteht nach dem Krieg in Tigray nun eine Waffenruhe. Bei der Unterstützung vor Ort liegt der Fokus auf der medizinischen Versorgung. Humedica hat Ärzte, Apotheker und Pfleger angestellt, die Gesundheitszentren in entlegenen Regionen unterstützen. Diese engagierten Mitarbeiter haben mich bei meinem Besuch begeistert. Sie konnten so vielen Menschen helfen und deren Leid lindern. Trotz der schwierigen Situation in der Region gibt es gerade in der Not auch viel Mitmenschlichkeit. Das Gute besteht trotz schlimmer Gräueltaten. Das spornt an und ist für uns als christliche Hilfsorganisation ein wichtiger Aspekt.

    Info Zur Person: Johannes Peter ist als Vorstandsvorsitzender der weltweit agierenden Hilfsorganisation Humedica mit Sitz in Kaufbeuren zuständig für internationale Projekte und Zusammenarbeit sowie die Logistik.

    Johannes Peter ist einer von drei Vorsitzenden der Kaufbeurer Hilfsorganisation Humedica.
    Johannes Peter ist einer von drei Vorsitzenden der Kaufbeurer Hilfsorganisation Humedica. Foto: Christoph Jorda
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