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Interview: Kaufbeurer Bundeswehr-Kommandeur: So wird der Standort "kriegstauglich" gemacht

Interview

Kaufbeurer Bundeswehr-Kommandeur: So wird der Standort "kriegstauglich" gemacht

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    Bundeswehr-Oberst Thorsten Milewski (60) ist Kommandeur der Abteilung Süd des Technischen Ausbildungszentrums der Luftwaffe in Kaufbeuren.
    Bundeswehr-Oberst Thorsten Milewski (60) ist Kommandeur der Abteilung Süd des Technischen Ausbildungszentrums der Luftwaffe in Kaufbeuren. Foto: Bundeswehr/ Philipp Radetzki, Mathias Wild (Montage)

    Bundeswehr-Oberst Thorsten Milewski (60) führt seit März 2023 als Kommandeur die Abteilung Süd des Technischen Ausbildungszentrums der Luftwaffe in Kaufbeuren. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Hier spricht er im AZ-Interview über seine Aufgaben und die Zukunft des Standorts im Ostallgäu.

    Herr Milewski, ein Luftwaffenstandort mit nicht nutzbarer Start- und Landebahn. Eurofighter müssen für Schulungszwecke per Schwertransport nach Kaufbeuren gebracht werden. Steht das stellvertretend für den Zustand der Bundeswehr?

    Thorsten Milewski: Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr im Jahr 2011 wurde ursprünglich beschlossen, den Bundeswehrstandort Fliegerhorst Kaufbeuren aufzulösen. Deshalb wurden keine Haushaltsmittel mehr zur Instandhaltung beziehungsweise Ertüchtigung der Start- und Landebahn bereitgestellt. Es wurde nur noch so viel investiert, damit der Dienstbetrieb bis zum geplanten Schließungstermin aufrechterhalten werden konnte.

    Die Anlieferung von Luftfahrzeugen via Straßentransport ist eine Folge dieses Investitionsstopps. Kaufbeuren steht damit nicht für den Zustand der Bundeswehr. Die Entscheidung, den Standort zu schließen, wurde im Juli 2019 wieder aufgehoben.

    Wird die Start- und Landebahn in Kaufbeuren jemals wieder nutzbar sein?

    Milewski: Ja! Kaufbeuren hat die Widmung als Flugplatz. Und zu einem Flugplatz gehört selbstredend auch eine nutzbare Start- und Landebahn. Ihre Frage zielt aber auch auf den Faktor Zeit.

    Die Bundeswehr befindet sich in der Zeitenwende, und wird schrittweise für Landes- und Bündnisverteidigung befähigt werden. Dafür wird unter anderem die Infrastruktur ertüchtigt - beispielsweise um die F-35 in Büchel und die CH-47 in Holzdorf/Schönewalde aufzunehmen. Auch der Fliegerhorst Kaufbeuren ist für die Befähigung zur Landes- und Bündnisverteidigung eine entscheidende Ressource, damit er wieder in vollem Umfang leistungsfähig wird. Im Verteidigungsfall müssen Luftfahrtzeuge auf verschiedene Standorte verteilt werden, damit sie weniger verwundbar sind.

    Meines Erachtens sollten hierzu die Voraussetzungen bis Ende der Dekade geschaffen werden. Nicht zuletzt hatte Verteidigungsminister Pistorius am 5. Juni im Deutschen Bundestag sich dafür eingesetzt, dass die Bundeswehr bis 2029 kriegstüchtig sein muss.

    Was muss sich dafür speziell in der Kaufbeurer Kaserne ändern?

    Milewski: Wir bilden bereits ohne jegliche qualitative Einschränkungen das luftfahrzeugtechnische Personal von morgen aus, das hoch qualifiziert für das Einsatzspektrum der deutschen Luftwaffe gewappnet ist - national, international und für die Bündnisverteidigung. Damit die Ausbildungsqualität in der gesamten Breite auch weiterhin hoch bleibt, ist es erforderlich, die Infrastruktur fortlaufend an die militärischen Erfordernisse zur Landesverteidigung anzupassen. Dies sollte im überragenden öffentlichen Interesse liegen, damit wir schneller werden. Dazu gehört unter anderem die Modernisierung von Lehrgebäuden, Hörsälen, Unterkunftsbereichen und vielem mehr.

    Die bayerische Landesregierung hat übrigens den akuten Handlungsbedarf zur Stärkung der Bundeswehr erkannt. Der Gesetzentwurf zur Förderung der Bundeswehr in Bayern befindet sich derzeit in der Abstimmung. Eines der Ziele ist, militärische Bauvorhaben zu erleichtern und den baulichen Investitionsstau des Bundes leichter abzubauen. Dies wird Kaufbeuren helfen!

    Luftwaffe in Kaufbeuren: Welche Schulnote bekommt der Standort?

    Wenn Sie eine Schulnote vergeben müssten: Welche bekommt der Kaufbeurer Standort aktuell?

    Milewski: Aus infrastruktureller Sicht ist aufgrund des hohen Modernisierungsbedarfes Luft nach oben, weshalb ich hier die Schulnote „ausreichend“ vergeben würde. Unsere Ausbildungshörsäle sind „State oft the Art“, die unter Anwendung von modernen Ausbildungstechnologien in der Champions League spielen. Die Unterkunftssituation ist noch überwiegend „Shabby Chic“, mitunter noch im 60er-Jahre-Flair. Hier spielen wir eher in der Kreisklasse.

    Aus Sicht der personellen Stellenbesetzung gibt es sicherlich auch Optimierungsmöglichkeiten, dennoch vergebe ich hierbei die Schulnote „gut“. Die aktuelle Stellenbesetzung liegt bei 90 Prozent. Zusätzliche Auftragsergänzungen, wie die kurzfristige Erweiterung von Ausbildungsinhalten, verstärken wir durch den Einsatz von Reservisten.

    Wie viele Soldatinnen und Soldaten sind denn derzeit in Kaufbeuren stationiert?

    Milewski: Das Stammpersonal umfasst etwa 350 Soldatinnen und Soldaten sowie etwa 150 Zivilbeschäftigte. Die Anzahl der Trainingsteilnehmenden beläuft sich auf bis zu 500 Soldatinnen und Soldaten. Hinzu kommen aber noch circa 300 zivile Mitarbeitende der Unterstützungsbereiche Bundeswehrdienstleistungszentrum, Feuerwehr, Verpflegung, Bekleidung und Informationstechnologie.

    Hier gibt es bei der Bundeswehr in Kaufbeuren dringenden Handlungsbedarf

    Wo im Fliegerhorst besteht am dringendsten Handlungsbedarf?

    Milewski: In der Modernisierung beziehungsweise Ertüchtigung der Infrastruktur. Besonders deutlich wird das zum Beispiel bei unserer veralteten zentralen Heizungsanlage. Hierfür muss eine neue Wärmeversorgung für die gesamte Liegenschaft errichtet werden. Diesbezüglich werden bereits Konzepte erarbeitet, wie der Fliegerhorst zukunftssicher betrieben werden kann.

    Gibt es weitere Pläne, was in der Kaserne ansteht?

    Milewski: Ja. Allem voran die Modernisierung unserer Unterkünfte für unsere Trainingsteilnehmenden. Diese Bestrebungen umfassen sowohl die ganzheitliche Renovierung der Unterkunftsinfrastruktur, als auch die lückenlose Ausstattung mit einer W-LAN-Internetanbindung. Eine weitere bereits beschlossene Baumaßnahme ist die Modernisierung der Bundeswehrfeuerwehr. Auch hier entsteht eine neue, moderne Feuerwache.

    Wie viele der Gebäude sind denn derzeit nutzbar?

    Milewski: Lassen Sie es mich so ausdrücken: Der Fliegerhorst Kaufbeuren hat rund 200 Gebäude. Ein Großteil davon nutzen wir, wobei einzelne aufgrund des hohen Modernisierungsbedarfs derzeit nicht zur Verfügung stehen.

    Und wie hoch ist der Sanierungsstau?

    Milewski: Der Sanierungsstau wird nach der Dokumentation des Baubedarfs bis 2030 auf circa elf Millionen Euro geschätzt. Darin sind allerdings noch nicht alle nötigen Arbeiten enthalten, etwa die Erneuerung von Straßen und der Start- und Landebahn. Also wäre die Summe durchaus deutlich höher anzusetzen. Gerade auch deshalb wünsche ich mir in diesem Zusammenhang eine langfristig zielgerichtete, unbürokratische und zügigere Modernisierung der Infrastruktur im Fliegerhorst Kaufbeuren. Ich baue deshalb auf das neue Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern.

    Neben der Modernisierung der Bundeswehr will Deutschland das israelische Raketenabwehrsystem Arrow installieren, das uns vor Gefahren aus der Luft schützen soll. Der Allgäuer Landtagsabgeordnete Bernhard Pohl (Freie Wähler) hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius vorgeschlagen, das System auch in Kaufbeuren zu stationieren. Was halten Sie davon?

    Milewski: Nach jüngsten Erkenntnissen eignet sich der Fliegerhorst Kaufbeuren aus operationeller Sicht nicht als alternative Stationierungsoption. Der Standort erfüllt nicht die Kernanforderungen, die an die Stellung für einen Sensor des Waffensystems gestellt werden (Anmerkung der Redaktion: Sensoren erkennen feindliche Raketen). Zudem befindet sich die Luftwaffe derzeit in einem Dialog mit der bayerischen Staatskanzlei, um neben Penzing weitere geeignete Alternativstandorte zu finden.

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