Fabian Adelmann soll den FC Memmingen zum Klassenerhalt in der Fußball-Regionalliga führen. Warum der neue FCM-Trainer kein Problem mit Drucksituationen hat und welches Hobby aus seiner Kindheit wieder im Fokus steht.
Herr Adelmann, Sie haben den Aufstiegskampf mit dem ATSV Erlangen gegen den Abstiegskampf mit dem FCM eingetauscht. Warum haben Sie sich dazu entschieden?
Fabian Adelmann: Ich hatte beim FCM einfach ein gutes Gefühl. Natürlich hätte ich spekulieren können, entweder mit Erlangen den Aufstieg in die Regionalliga zu schaffen oder darauf zu warten, dass sich woanders eine Tür öffnet. Beim FC Memmingen haben mich die Gesamtidee und der Auftritt der Verantwortlichen in den Gesprächen überzeugt. Mit dem neuen Funktionsgebäudeneuen Funktionsgebäude geht der Verein einen großen Schritt in Sachen Professionalisierung. So etwas gibt es in der Regionalliga sonst nicht.
Der Druck ist auf jeden Fall hoch – durch die sportliche Lage, aber auch durch den Neubau. Haben Sie eine vergleichbare Situation in ihrer jungen Trainerkarriere schon erlebt?
Adelmann: Neu ist so eine Situation nicht. Ich sehe so etwas auch nicht als Druck. Als Trainer wird man Ergebnissen gemessen. Mit der Nürnberger U19 in der Bayernliga gab es nur ein Ziel, den Aufstieg in die Bundesliga. Meine erste Herren-Station, der ATSV Erlangen, hatte in den Kader investiert, da wurden auch die Spitzenplätze angepeilt. Ich denke, dass ich mit Erwartungshaltungen gut umgehen kann.
Welchen Eindruck macht die Mannschaft auf Sie?
Adelmann: Ich habe einige Spiele gesehen, vor Ort oder über Stream. Das Team hat einen guten Eindruck hinterlassen, nicht nur wegen der Punktausbeute. Mir hat das Auftreten gefallen, das ist für mich das Wichtigste. Spielerische und taktische Dinge kann man trainieren, aber die Grundlage ist eine intakte Mannschaft. Deswegen hatte ich von Beginn an ein gutes Gefühl.
Vergangene Woche hat die Vorbereitung begonnen. Wie sehen die nächsten Wochen aus?
Adelmann: Wir haben sechs Wochen Vorbereitung, mit mindestens einem Testspiel pro Woche. Mir wurde beim Blick auf die Plätze relativ schnell klar, was Vorbereitung im Allgäu bedeutet. Es ist nicht einfach, bei diesem Wetter eine optimale Vorbereitung zu gestalten. Aber ich jammere nicht, ich will Lösungen finden. Das gilt auch für die Corona-Situation. Wir versuchen, alles möglichst sicher zu gestalten. Klar ist aber auch, dass wir die Spieler nicht stündlich überwachen.
Was ist Ihre größte Aufgabe?
Adelmann: Wir wollen uns fußballerisch verbessern. Natürlich geht es aber primär darum, schnell den Klassenerhalt zu schaffen. Wir wollen in den ersten Partien dafür die Punkte holen – wenn wir das schaffen, dann steigt das Selbstvertrauen und wir spielen besseren Fußball.
Mit dem Wechsel ging der Umzug in eine neue Stadt einher. Welchen Eindruck haben Sie von der Region bisher gewonnen?
Adelmann: Ich habe eine Wohnung angeschaut und gleich die Zusage bekommen. Die Lage ist super, eine schöne Einzimmer-Wohnung in der Innenstadt. Ich war schon ein paar Mal Essen, die Stadt gefällt mir sehr gut. Die Region hat viel zu bieten, der Bodensee ist auch nicht weit weg. Ich hoffe, dass ich in den nächsten Monaten noch einige Eindrücke sammeln kann.
Was wollen Sie im Allgäu abseits des Platzes unbedingt erleben?
Adelmann: Ich war zuletzt als Kind beim Skifahren. Wenn ich das nochmal angehe, dann jetzt. Der Weg in die Berge ist ja kürzer als von Franken aus. Ansonsten habe ich eigentlich nie groß Ausgleich gebraucht. Fußball ist mein Leben, ich beschäftige mich unheimlich gern damit, rund um die Uhr. Es ist pure Faszination. Wenn ich tatsächlich Abstand brauche, unternehme ich was mit meiner Freundin (schmunzelt).
Sie sind der jüngste Trainer in der Geschichte des FCM, außerdem einer der wenigen hauptberuflichen. Wie muss man sich Ihren Tagesablauf vorstellen?
Adelmann: Im Profifußball gibt es unzählig viele Facetten, aber auch in der Regionalliga ist alles schon sehr umfangreich. Neben der Trainingsplanung nimmt die Videoanalyse einen großen Teil ein – das eigene Spiel, aber auch viele Videos der Gegner zu sichten. Außerdem muss viel organisiert werden, in enger Absprache mit dem Sportlichen Leiter Thomas Reinhardt. Da geht es um Abfahrtszeiten, Einhalten von Corona-Maßnahmen oder auch der Austausch mit den U21-Trainern.
Ihr Vertrag läuft zunächst bis Sommer 2023. Wessen Idee war diese Laufzeit – auch mit Blick darauf, dass der FCM auf der Suche nach einer „längerfristigen Lösung“ war?
Adelmann: Armin Buchmann hat die eineinhalb Jahre in den Raum geworfen. Für mich ist das eine gute Zeitspanne. Ich bin kein Freund langer Verträge. Im Idealfall arbeitet man längerfristig zusammen, wenn beide Seiten zufrieden sind. Dann kann man einen Vertrag auch immer wieder um ein Jahr verlängern. Manchmal ist es hinderlich, wenn eine lange Vertragslaufzeit im Raum steht. Eineinhalb Jahre geben beiden Seiten Planungssicherheit.
Nach der Saison wird ja zwangsläufig eine Zwischenbilanz gezogen…
Adelmann: Ja, und auch ich habe gewisse Ansprüche. Ich will den Verein in den nächsten Monaten kennenlernen, um zu sehen, was man anpassen oder verändern kann – oder auch nicht. Wenn beide Seiten das Gefühl haben, dass es passt, steht einer Vertragsverlängerung nichts im Weg. Eine Durchgangsstation ist der FC Memmingen jedenfalls nicht. Ich habe ‚nur’ die A-Lizenz. Wenn ich Cheftrainer in der Dritten Liga oder höher werden möchte, bräuchte ich die Fußballlehrer-Lizenz. Das ist momentan noch ein Stück weit weg. Ich denke, dass ich mich selber als Trainer hier weiterentwickeln kann.
Neu beim FCM ist auch Dominik Stroh-Engel, der wie Martin Dausch und Timo Gebhart viel Erfahrung mitbringt. Wie planen Sie mit dem Trio?
Adelmann: Dieses Trio, dazu Mustafa Özhitay, ist eine gute Achse. Alle sollen die Vorbereitung möglichst komplett mitmachen, damit sie auf ein gutes Fitnesslevel kommen. Wenn sie spielen, dann sind sie wichtige Anker für den Rest der Mannschaft.
Braucht Timo Gebhart, hinter dem turbulente Monate liegen, Ihre besondere Aufmerksamkeit?
Adelmann: Nein, das Gefühl habe ich nicht. Ich bin da ganz entspannt und freue mich auf einen Spieler, der nachweislich viel Qualität mitbringt. Ich will ihn dorthin bringen, dass er uns weiterhelfen kann. Das hängt natürlich auch von ihm ab. Da bin ich aber optimistisch.