Nichts geht mehr am Allgäuflieger im Skyline Park. 24 Menschen hängen im höchsten Flugkarussell der Welt fest – 100 Meter über dem Boden. Seit über einer Stunde baumeln sie in den Zweier-Sitzen hin und her, der Wind bläst ihnen ins Gesicht. Auch wenn die Fahrgäste angeschnallt sind, für die meisten dürfte das eine extreme psychische Belastung sein. Ein paar Fahrgäste sind vielleicht schon kollabiert. So jedenfalls sieht das imaginäre Szenario zur Rettungsübung aus.
Die Höhenretter der Augsburger Berufsfeuerwehr sind gerade am Freizeitpark bei Bad Wörishofen eingetroffen. Auf der dreiviertelstündigen Anfahrt haben sie schon ihre Schutzausrüstung angezogen und die Einsatztaktik besprochen. Ein Polizeihubschrauber zur Unterstützung ist ebenfalls alarmiert und wird bald eintreffen.
Übung im Skyline Park: Die Höhenretter haben eine Spezial-Ausbildung
Feuerwehrmann und Höhenretter Anselm Brieger leitet die Übung. Bis der Helikopter da ist, bleibt Zeit, um mit den Kollegen zu reden. Zu siebt stehen sie um ihren roten Kleintransporter. Auf der Ladefläche liegen Brezen und Marmorkuchen bereit, daneben Seile und Karabinerhaken.
Die Höhenretter haben eine Spezial-Ausbildung durchlaufen und kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Kollegen etwa mit ihren Drehleitern nicht mehr weiter wissen. „Wir sind das letzte Rad“, sagt Brieger. Meist handle es sich um Einsätze, weil Menschen schwere gesundheitliche Probleme haben und in Hochhäusern sind, auf Kränen oder Brücken stehen.
Die Augsburger Berufsfeuerwehr hat insgesamt 32 Höhenretter, sie sind das ganze Jahr über einsatzbereit. Ihre Einsätze sind nicht selten spektakulär. Ein Mann ist einmal in einem Glockenturm abgestürzt. „Wir konnten ihn nicht von innen bergen, sondern es musste erst ein Loch durch die Kirchturmwand gebrochen werden“, erzählt Brieger. Nicht nur schweres Gerät ist nötig, sondern auch Fingerspitzengefühl. Eine falsche Bewegung kann katastrophale Folgen haben. „Bei uns gilt das Vier-Augen-Prinzip.“ Jeder Knoten werde von einem Kollegen kontrolliert. „Wir vertrauen uns gegenseitig das Leben an“, sagt Brieger.
Windböen erschweren die Rettungsübung im Freizeitpark
Nun ist der Heli da: Die Beamten der bayerischen Hubschrauberstaffel landen zwischen zwei anderen Fahrgeschäften. Alle treffen sich am Allgäuflieger. Fast zwei Stunden beraten sich die Höhenretter mit den Piloten. Problem: Am Montagvormittag gibt es Windböen mit einer Geschwindigkeit von über 50 Stundenkilometern. Während sich die Höhenretter vom Fluggerät abseilen, stehen sie stets im Funkkontakt zu den Piloten. „Wenn wir sagen Abbruch, müsst ihr sofort die Kette am Karussell loslassen“, heißt es in der Besprechung.
Drei Höhenretter begeben sich in das Fahrgeschäft, sie sind heute die Test-Passagiere. Das Karussell fährt mit ihnen nach oben. Der Wind scheint unberechenbar, die Ketten verdrehen sich ständig. Trotzdem schafft es der Pilot, den Hubschrauber über den Auslegearmen des Allgäufliegers stabil zu positionieren. Der Abstand zwischen Rotorblättern und dem blau-weißen Turm beträgt zeitweise unter zehn Meter. Brieger beobachtet das Manöver vom Boden aus mit einem Fernglas und wirkt angespannt. Ein Höhenretter seilt sich ab. Erst auf den Stahlträger, dann zum ersten Passagier. Er legt windelartige Gurte um ihn, sogenannte Rettungsdreiecke.
Ein weiterer Höhenretter seilt sich ab. Als sogenannter „Liftboy“ hakt er sich ein und übernimmt den zu bergenden Passagier. Beide werden über die Seilwinde in Richtung Hubschrauberkabine gezogen. Nach einer Stunde sind die drei gerettet. Trotz der widrigen Windverhältnisse hat alles reibungslos funktioniert. „Wir haben für den Ernstfall trainiert, der hoffentlich nie eintreten wird“, resümiert Brieger.
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