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Frankenhofen: Mit der Seilbahn über die Wertach bei Bad Wörishofen

Frankenhofen

Mit der Seilbahn über die Wertach bei Bad Wörishofen

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    Der gelernte Zimmermann Ludwig Böck baute im Jahr 1940 eine Seilschwebebahn über die Wertach. In einer Holzkiste war das Überqueren des Flusses auch für die Kinder des Dorfes ein großer Spaß.
    Der gelernte Zimmermann Ludwig Böck baute im Jahr 1940 eine Seilschwebebahn über die Wertach. In einer Holzkiste war das Überqueren des Flusses auch für die Kinder des Dorfes ein großer Spaß. Foto: Kathrin Elsner

    Die Brücke mit der auffälligen Stahlkonstruktion kennen wohl die meisten Wörishofer und auch viele Gäste der Stadt. Sie führt an einem der schönsten Spazierwege über die Wertach. Die spannende Geschichte dahinter kennen dagegen sicher die wenigsten. Sie ist eng mit der Familie Böck verbunden und mit einer Zeit, in der man sogar eine Seilbahn über die

    „Ich habe gewartet, bis eine Kuh in der Wertach getrunken hat und hab mich dann auf ihren Rücken geschwungen; nicht selten wurde daraus ein Rodeo und ich landete im Wasser“, erinnert sich Franz Böck und muss lachen. Im Haus der Familie sind außergewöhnliche alte Fotografien zu sehen. Sie erinnern an eine aufregende Zeit. Da drei Fünftel der familieneigenen Ländereien östlich der Wertach zu finden sind, trieb Böck die kleine Herde regelmäßig durch die Furt.

    Franz Böck und seine Frau Siglinde stehen auf der alten Wertachbrücke, die im Jahr 1953 gebaut wurde.
    Franz Böck und seine Frau Siglinde stehen auf der alten Wertachbrücke, die im Jahr 1953 gebaut wurde. Foto: Kathrin Elsner

    Franz Böck erinnert sich gerne an seine Kinder- und Jugendzeit auf dem elterlichen Bauernhof in Frankenhofen. Sein Großvater, Fiedel Böck, der aus der Nähe von Marktoberdorf stammte, kaufte den Ende des 18. Jahrhunderts erbauten Hof im Jahre 1907, seitdem befindet er sich in Familienbesitz. Zu Anfang besaß der Landwirt stolze fünf Kühe. Im Jahre 1933 übernahm Ludwig Böck als Ältester von drei Söhnen den Bauernhof, 1937 kam Franz Böck als Jüngerer von zwei Söhnen auf die Welt und wuchs als begeisterter junger Landwirt auf.

    „Wir haben die Kühe regelmäßig durch die Wertach auf unsere Weiden auf der anderen Flussseite getrieben“, erinnert er sich. Nur die gutmütige Kuh Gretel habe ihn dabei immer wieder in Ruhe aufsteigen lassen. „Sie war das Reiten gewohnt“, erinnert sich Böck. Eine Brücke gab es damals noch nicht, und so passierten auch viele Pferde- und Ochsengespanne die Furt des damals noch recht reißenden Flusses, erzählt Böck. Wer die Wertach heute betrachtet, kann sich das kaum mehr vorstellen. Etliche Fotos dieses heute ungewöhnlich anmutenden Szenarios zieren aber die Wände im Haus der Böcks. 

    Für die Kinder im Dorf war die Seilbahn über die Wertach bei Bad Wörishofen ein Riesenspaß

    Da die Wertach oft mit Hochwasser zu kämpfen hatte, baute Böcks Vater Ludwig, ein gelernter Zimmermann, im Jahre 1940 eine Seilschwebebahn zur Personenbeförderung über den Fluss. Ein solides Stahlseil aus dem Bergwerk Peiting wurde über die Wertach gespannt, mittels dünnerem Zugseil erfolgte die Überquerung in einer selbst gebauten großen Holzkiste. Das war nicht nur praktisch, sondern insbesondere für die Kinder des Dorfes auch ein Riesenspaß, erinnert sich Franz Böck. Im Jahre 1952 begann Martin Fleschhut von der Hammerschmiede bei Pforzen ein Flusskraftwerk zur Stromerzeugung mit Stausee zwischen Stockheim und Frankenhofen zu bauen. Doch es gab ein Problem: Laut den Berechnungen sollte die Furt bei Frankenhofen in einer Höhe von 2,50 Meter überflutet werden, was es fünf Landwirten des Dorfes unmöglich gemacht hätte, zu ihren Wiesen und Feldern östlich der Wertach zu gelangen.

    So war das früher: Ein Ochsengespann überquert die Wertach durch die Furt. Auch Kuhherden wurden regelmäßig durch die Wertach zur Weide getrieben.
    So war das früher: Ein Ochsengespann überquert die Wertach durch die Furt. Auch Kuhherden wurden regelmäßig durch die Wertach zur Weide getrieben. Foto: Kathrin Elsner

    Lange sah es so aus, als ob sie kein eingetragenes Recht auf die Erhaltung der Furt geltend machen könnten. Die Bauern baten nach den Erinnerungen Böcks den damaligen Kreisheimatpfleger Josef Striebel um Hilfe, der langwierige Nachforschungen, unter anderem im Staatsarchiv Neuburg an der Donau und dem Stadtarchiv Kaufbeuren und Mindelheim anstellte. Hieraus ergab sich, dass die Frankenhofer Landwirte ein „ersessenes Recht“ auf die Furt durch die Wertach hatten. Es folgten zähe Verhandlungen. Am Ende einigte man sich darauf, dass eine Brücke über die Wertach gebaut wird, deren Kosten zu 60 Prozent Fleschhut und zu 40 Prozent die Landwirte übernahmen. „Mein Vater musste über 6000 Mark für die Brücke bezahlen, das war ein Haufen Geld; für 15.000 Mark hat man damals schon ein Einfamilienhaus bekommen“, erinnert sich Franz Böck.

    "Wo heute das Wohnzimmer ist, hat damals der Stier gestanden", sagt Franz Böck

    Im Jahre 1967 heiratete Böck dann seine große Liebe Siglinde, und sie übernahmen den elterlichen Bauernhof mit elf Kühen. Der Tierbestand wuchs stetig, und als sie vor rund 30 Jahren den Betrieb einstellten, mussten 30 Kühe und rund 65 Schweine den Hof verlas-sen.

    Der Stall wurde zur Wohnung umgebaut. „Wo heute das Wohnzimmer ist, hat damals der Stier gestanden“, sagt Franz Böck und genießt eine Tasse Kaffee in der gemütlichen Küche, der ehemaligen Bulldog-Garage. In der ehemaligen Käsküche wohnt heute seine älteste Tochter. „Früher gab es 13 Bauernhöfe in Frankenhofen, heute sind es nur noch zwei“, sagt Franz Böck. „Es lohnt sich heute für viele einfach nicht mehr.“ Die Erinnerungen an die alte Zeit leben aber in seinem Haus weiter. 

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