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Dirlewang: So viel Saft und Most wie lange nicht

Dirlewang

So viel Saft und Most wie lange nicht

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    Robert Simml mit einem kleinen Bruchteil seiner Äpfel. Im vergangenen Jahr hat sein Birnbaum gerade einmal zwei Birnen getragen, heuer war er voll.
    Robert Simml mit einem kleinen Bruchteil seiner Äpfel. Im vergangenen Jahr hat sein Birnbaum gerade einmal zwei Birnen getragen, heuer war er voll. Foto: Sabine Adelwarth

    Wirklich zimperlich dürfen Otto und Maria Forster, Willi Lang, Brigitte Seitz, Klaus Röhrle und Max Schuster derzeit nicht sein. Denn bei Dienstbeginn am Morgen ist es nicht nur kalt, sondern das Mostereiteam in Dirlewang und die Helfer werden auch noch von jeder Menge hungriger Wespen umschwirrt. Jeder, der die Mostereigarage besucht, um sein frisch geerntetes Obst vorbeizubringen, lässt deshalb Vorsicht walten. Schließlich will niemand gestochen werden.

    Willi Lang, Max Schuster, Otto und Maria Forster haben an diesem Vormittag Dienst und nicht nur mit den Wespen alle Hände voll zu tun, sondern vor allem mit der Annahme des Obstes. Denn wie in den übrigen Mostereien in der Region herrscht auch in Dirlewang Hochbetrieb. So viele Äpfel und Birnen wie heuer hat es schon lange nicht mehr gegeben.

    In Fischach war sogar die Polizei im Einsatz

    Bei der IG Streuobst Stauden wurden bei einem einzigen Sammeltermin 60 Tonnen Äpfel und Birnen abgegeben. „Das ist mehr als doppelt so viel wie in allen bisherigen Sammelaktionen in den 18 Jahren seit dem Bestehen der IG Streuobstwiese“, teilte Irina Ehlert von der IG Streuobstwiese mit. Weil die Mosterei damit ihre Kapazitätsgrenze erreicht hatte, musste sogar ein Sammeltermin abgesagt werden. (Lesen Sie dazu auch: Ansturm auf Sammelstellen für Obst ) In Fischach waren Polizei und Feuerwehr im Einsatz, um den Anlieferverkehr in geordnete Bahnen zu lenken und die Firma Mayr stellte spontan einen Radlader mit integrierter Waage zur Verfügung, damit die IG Streuobst in Fischach eine zweite Annahmestelle eröffnen konnte. Auch an den Sammelstellen in Konradshofen und Aletshofen gab es laut Irina Ehlert lange Warteschlangen.

    Ganz so chaotisch war es in Dirlewang bisher zwar nicht, doch auch hier ist der Andrang groß: Von acht Uhr morgens bis etwa 17 Uhr ist die Presse im Viertelstundentakt belegt. An die 25 Kunden kommen jeden Tag – und zwar nicht nur aus Dirlewang und der Umgebung, sondern auch bis aus Kaufbeuren, Hasberg und sogar Leutkirch. „Sie schätzen es, dass sie den Saft aus ihrem eigenen Obst gleich wieder mitnehmen können und nicht lange darauf warten müssen“, sagt Maria Forster, Zweite Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins, der den Mostereibetrieb leitet, und die „gute Seele“ des Betriebs.

    In der Mosterei in Dirlewang ist das ganze Team gefordert

    Damit das klappt, gibt es einen Terminkalender. Der ist dieser Tage mehr als voll und das ganze Team gefordert: „Die letzten Jahre haben wir es meistens zu zweit geschafft, doch heuer müssen wir zu viert sein um diesen Ansturm überhaupt bewältigen zu können“, erzählt Maria Forster. Sie hat sich die Mühe gemacht und die Zahlen der vergangenen drei Jahre zusammengeschrieben. Sie machen deutlich, wie außergewöhnlich dieses Obstjahr ist: 2015 wurden in Dirlewang 20000 Liter Saft gepresst, 2016 waren es gerade einmal 5500 Liter und im vergangenen Jahr 12000 Liter. Heuer wurde dagegen schon mehr als dreimal so viel gesaftet, nämlich knapp 39000 Liter. „Und ein Ende der Mostereisaision ist derzeit definitiv noch nicht in Sicht“, sagt Maria Forster. „Da kann man wahrlich von einem Rekordjahr sprechen.“

    In der Regel ist die Presse des Obst- und Gartenbauvereins höchstens 20 Tage in Betrieb, doch heuer sind die fleißigen Mitglieder des Vereins bereits bei 22 Tagen und auch für die nächste Zeit schon ausgebucht.

    Max Schuster wird deshalb wohl auch noch in den nächsten Tagen Früchte ins Wasserbad kippen, um sie vor dem Häckseln zu reinigen. Den Häcksler verlassen die Äpfel als Brei, den an diesem Tag Willi Lang in Leinentücher füllt. Otto Forster bedient die Presse, die ordentlich Druck auf das Fruchtpüree ausübt. Der herauslaufende Saft wird grob gefiltert und pasteurisiert, also auf etwa 80 Grad Celsius erhitzt. „Unser Heizofen läuft auf Vollgas“, erklärt Otto Forster, der bereits seit dreizehn Jahren in der Mosterei an vorderster Front steht.

    „Sonst habe ich eine Kesseltemperatur von etwa 82 Grad, doch weil das viele Obst so kalt ist, muss ich auf 88 Grad hochfahren.“ Diese Temperatur ist wichtig, damit alle Keime zuverlässig abgetötet werden. Bei richtiger Lagerung kann der Saft dann schon mal bis zu fünf Jahren haltbar sein. Maria Forster füllt den noch mindestens 78 Grad warmen Saft dann in Zehn-Liter-Beutel ab und packt diese in Mehrwegkartons. Fertig ist der eigene Saft.

    Viele Unterallgäuer schätzen den Saft aus den eigenen Früchten

    Den wollen auch Robert und Gabi Simml aus Dirlewang genießen. Sie haben Früchte von einem Apfel- und einem Birnbaum dabei. „Unser Birnbaum, der letztes Jahr nur zwei Früchte hatte, war heuer voll und so gibt es jetzt einen Apfel-Birnen-Saft.“ Sechs Zentner Früchte werden es wohl sein, schätzt der Dirlewanger und damit liegt er gar nicht so falsch. Insgesamt 150 Liter, also 15 Kartons Apfel-Birnensaft, können er und seine Frau mit nach Hause nehmen.

    Auch Balthasar Hämmerle aus Helchenried war mit seiner Rekordernte vertreten. „Ich musste unseren Apfelbaum heuer das erste Mal stützen und mein Zwetschgenbaum ist sogar unter der Last der vielen Früchte zusammengebrochen.“

    Roland Schmid aus Eberscholl hat ebenfalls jede Menge Äpfel dabei. Daneben stehen auf seinem Hänger auch Plastikfässer. Sie werden freilich nicht mit Saft befüllt, sondern mit Most. „Ich trinke dafür kein Bier“, sagt er mit einem Lächeln. Damit der Saft zu gären beginnt und zu Most wird, lässt man hier das Pasteurisieren weg und füllt den Saft direkt in die Fässer.

    Nach dem Mosten ist für das Team in Dirlewang noch lange nicht Schluss

    Wenn dann alles Obst in Saft oder Most verwandelt und der letzte Kunde vom Hof gefahren ist, geht die Arbeit für die Helfer noch weiter: Für sie heißt es nun putzen und überall die klebrigen Reste der Früchte entfernen. Um die dicken Leinentücher der Presse sauber zu bekommen, hat Otto Forster eine Waschmaschine Marke Eigenbau entworfen. Er hat dazu einen Betonmischer umfunktioniert, der die mühevolle Arbeit erleichtert. „Sonst mussten wir alle Tücher mit einem Hochdruckreiniger abspritzen und trotzdem gingen nie alle Reste raus. Doch damit klappt es wunderbar“, berichtet Willi Lang.

    Schmutzige Leinentücher sind aber nicht das einzige, was nach dem Pressen übrig bleibt. Das macht ein Hänger am Eingang der Mosterei-Garage deutlich, auf dem sich die Pressrückstände türmen, der sogenannte Trester. „In der Regel nehmen die Jäger in der Umgebung die Rückstände als Rehfutter im Winter. Doch heuer haben sie schon so viel, dass sie die Menge gar nicht verfüttern können. Glücklicherweise holen einige Bauern die zermusten Früchte ab, die sie an das Jungvieh füttern“, erzählt Maria Forster – und wappnet sich für den nächsten Kundenansturm.

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