Lief am Tag des Hochwassers in Dirlewang alles richtig? Es gibt Kritik
Bürger kritisieren, sie seien vor dem Hochwasser nicht ausreichend gewarnt worden. Nun wollen die Beteiligten die Abläufe aufarbeiten und dann informieren.
Auch rund drei Wochen, nachdem das Hochwasser Straßen und Häuser in Dirlewang überflutet hat, brandet immer wieder Kritik an den Verantwortlichen auf. Bürgerinnen und Bürger beanstanden, in der Nacht auf den Samstag nicht ausreichend davor gewarnt worden zu sein: Sie hätten nicht erfahren, dass der Damm zur Entlastung geöffnet werde und das Wasser in den Ort strömen werde. Nun soll das, was in der Hochwassernacht passiert ist, aufgearbeitet werden.
Bereits wenige Tage nach dem Hochwasser erklärte Kreisbrandmeister Alexander Mayer aus Dirlewang im Gespräch mit unserer Redaktion, dass das Wasser so schnell gekommen sei, dass man keine Lautsprecherwagen mehr habe fahren lassen können. Einzig die Sirene war in den frühen Morgenstunden in Dirlewang zu hören gewesen. "Wir haben die Sirene eingesetzt, dass es auch der Letzte hören hätte können, wenn er gewollt hätte", hatte Bürgermeister Alois Mayer diese Maßnahme kommentiert. Doch nicht jeder Dirlewanger, der die Sirene gehört hatte, bezog dieses Signal auf sich und das nahende Wasser – und wieder andere hatten sie regelrecht "verschlafen" und waren vom Hochwasser überrascht worden. Gerade bei den Betroffenen tauchen deshalb immer wieder offene Fragen auf.
- Ist in Dirlewang rechtzeitig und ausreichend gewarnt worden? Zu dieser Frage äußert sich das Landratsamt als Aufsichtsbehörde der Gemeinde aktuell nicht. Das Amt verweist darauf, dass der Markt Dirlewang gerade dabei sei, den Ablauf mit Feuerwehr, Wasserwirtschaftsamt und anderen Beteiligten zu rekonstruieren und aufzuarbeiten. "Wenn alle Informationen vorliegen, wird in Dirlewang eine Informationsveranstaltung stattfinden, bei der alle Fragen zum Hochwasser so gut wie möglich beantwortet werden sollen", erklärt Sylvia Rustler, die Pressesprecherin des Landratsamts. Nach Auskunft der Gemeinde Dirlewang werde die Veranstaltung voraussichtlich in der ersten Juliwoche stattfinden, so Rustler. "Wenn die Gemeinde das wünscht, wird auch jemand vom Landratsamt vor Ort sein."
- Wer war überhaupt zuständig für eine Warnung der Bevölkerung? Zu der Zeit, als das Hochwasser nach Dirlewang kam, war der Katastrophenfall im Landkreis noch nicht ausgerufen worden. Laut Landratsamt war zu dieser Zeit die Gemeinde dafür verantwortlich, die Menschen zu informieren: "Hochwasserwarnungen des Wasserwirtschaftsamts werden vom Landratsamt an die Gemeinden weitergegeben", erläutert Rustler. "Die Gemeinden informieren die betroffenen Bürger und ergreifen Schutzmaßnahmen." Bei Hochwasserrückhaltebecken sei es zudem so, dass beim Erreichen bestimmter Wasserstände die Gemeinde und die Feuerwehr direkt vom Wasserwirtschaftsamt informiert würden. Dann könne die Feuerwehr unmittelbar Schutzmaßnahmen ergreifen, heißt es aus dem Landratsamt.
- Wann stand fest, dass das Rückhaltebecken vollläuft und dass das Wasser Dirlewang erreichen wird? Auch das ist eine Frage, die immer wieder im Raum steht. Laut Karl Schindele, dem Leiter des Wasserwirtschaftsamts Kempten, war die Vorwarnzeit aufgrund des sehr schnell ansteigenden Pegels sehr kurz. Schindele spricht von circa zwei bis drei Stunden. Gegen fünf Uhr sei das Becken vollgelaufen. Bereits in der Nacht auf den Hochwasser-Samstag standen Vertreter der Gemeinde, der Feuerwehr, des Wasserwirtschaftsamts und der Kreisbrandinspektion in Austausch miteinander. Von einer Besprechung vor Ort in der Nacht zwischen 2 und 3 Uhr ist die Rede – diese bestätigt auch das Landratsamt. "Allerdings konnte der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob das Rückhaltebecken volllaufen und die Überlauffunktion anspringen wird", so Pressesprecherin Rustler. Ob bei diesem Treffen auch besprochen wurde, ob und wie die Gemeinde beziehungsweise die Feuerwehr die Bürgerinnen und Bürger warnen sollte, dazu äußert sich das Landratsamt nicht. "Die weiteren Inhalte werden in der geplanten Veranstaltung in Dirlewang aufgearbeitet." Auch die Abläufe in anderen vom Hochwasser betroffenen Orten sollen landkreisweit noch einmal betrachtet werden, kündigt Rustler an.
- An wen können sich Bürgerinnen und Bürger wenden, wenn sie den Eindruck haben, dass etwas nicht so gelaufen ist, wie es sollte? Die Dirlewangerinnen und Dirlewanger können ihre Hinweise und Beschwerden bei der geplanten Informationsveranstaltung vorbringen, heißt es aus dem Landratsamt. "Wenn es danach noch Klärungsbedarf gibt, können sie sich auch an die jeweiligen Aufsichtsbehörden wenden", so Sprecherin Sylvia Rustler. Aufsichtsbehörde der Gemeinde sei das Landratsamt; die vorgesetzte Behörde des Landratsamts und des Wasserwirtschaftsamts wiederum ist die Regierung von Schwaben.
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