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Breitenbrunn: Weihnachten zwischen alter und neuer Heimat: So geht es Nelya und Dima

Breitenbrunn

Weihnachten zwischen alter und neuer Heimat: So geht es Nelya und Dima

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    In diesem Jahr feiern Nelya und Dima Herhalo und Hündin Lucky Weihnachten erstmals in ihrer eigenen Wohnung in Breitenbrunn.
    In diesem Jahr feiern Nelya und Dima Herhalo und Hündin Lucky Weihnachten erstmals in ihrer eigenen Wohnung in Breitenbrunn. Foto: Josephine von der Haar

    Der Weihnachtsbaum steht bereits blinkend in der Ecke. Der grüne Plastikbaum mit silbernen Kugeln und einer hellen Lichterkette bringt ein wenig Gemütlichkeit in die ansonsten noch recht kahle Wohnung im Kellergeschoss, in der Nelya Herhalo seit vier Monaten mit ihrem Sohn Dima und Hündin Lucky lebt. Vor knapp zwei Jahren flohen die drei vor dem russischen Angriffskrieg aus Kiew ins Unterallgäu. "Die ersten Monate habe ich jeden Tag geweint", sagt die 38-Jährige. Überfordert, traumatisiert und in Sorge um ihre Familie in der Ukraine. Wenn sie an die ersten Wochen in Deutschland denkt, kommen ihr noch heute die Tränen.

    Organisiert von Olga Schaut, einer Ukrainerin, die bereits seit vielen Jahren in Deutschland lebt, kamen im Februar 2022 etwa 30 Ukrainerinnen und Ukrainer nach Unterrieden. In dem Ortsteil von Oberrieden leben etwas mehr als 400 Einwohner. Nelya und Dima Herhalo kamen damals bei Familie Wiedemann unter.

    Große Hilfsbereitschaft für die Geflüchteten in Unterrieden

    "Wir haben uns als Familie entschieden, dass wir helfen wollen", sagt Isabella Wiedemann. Kurzentschlossen hätten sie erst ihre Garage als Spenden-Lager umfunktioniert und kurz darauf die beiden Zimmer ihrer ältesten Tochter freigeräumt, die bereits ausgezogen war. Aus wenigen Wochen wurden letztendlich eineinhalb Jahre: Von Februar 2022 bis August 2023 lebten die beiden Familien zusammen unter einem Dach. 

    Nelya Herhalo ist den Wiedemanns dankbar. "Sie sind wie meine zweite Familie geworden", sagt die 38-Jährige. Bis heute besteht ein enger Kontakt. Nelya und Dima tragen bunte Socken an ihren Füßen, die Isabella Wiedemann für sie gestrickt hat. Im vergangenen Jahr haben sie Weihnachten zusammen gefeiert. Die Herhalos sind orthodoxe Christen, klassischerweise feiern sie Weihnachten in der Ukraine erst am 7. Januar. Doch in diesem Jahr hat Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Gesetz erlassen, wonach Heiligabend am 25. Dezember ist. Diese Änderung war zwar schon länger in der Diskussion, sie lässt sich dennoch als Abkehr von der russisch-orthodoxen Kirche interpretieren, die sich viele Menschen in der Ukraine seit Beginn des Krieges wünschen.

    Seit vier Monaten wohnen die Herhalos nun allein. Ihre kleine Wohnung liegt im Keller einer Doppelhaushälfte in Breitenbrunn. Es habe lange gedauert, bis sie etwas gefunden hätten, sagt Nelya Herhalo. Sie ist einerseits froh, ihre eigenen vier Wände zu haben, dennoch vermisst sie das Zusammenleben mit den Wiedemanns. "Vorher saßen wir jeden Tag zusammen und haben miteinander gesprochen. Der Austausch fehlt mir jetzt", sagt sie. Das wirkt sich auch auf ihre Deutschkenntnisse aus. Sie verstehe zwar viel, doch mit dem Sprechen sei es noch schwierig, sagt sie. Seit März besucht die Ukrainerin einen Deutschkurs als Teil eines Integrationskurses. Wenn sie die Prüfung im Januar besteht, wird sie danach etwas über die deutsche Geschichte lernen, kann außerdem weitere Sprachkurse besuchen. Seit sie in Deutschland lebt, arbeitet sie in der Küche eines Gasthofs.

    Die Herhalos haben sich ein neues Leben aufgebaut

    Ihr Sohn Dima geht in die sechste Klasse, spielt zudem Fußball beim SV Breitenbrunn. Damit er schnell die Sprache lernt und Freunde findet, hatten Isabella und ihr Mann Siggi Wiedemann sich dafür eingesetzt, dass er am Training in Unterrieden teilnehmen konnte. Mit dem Umzug ist er dann nach Breitenbrunn gewechselt.

    "Jetzt geht es uns viel besser als am Anfang", sagt Nelya Herhalo. Obwohl anfangs nicht geplant, hat sich die Familie in Deutschland ein neues Leben aufgebaut. Dennoch ist Herhalo oft mit den Gedanken in der Ukraine. Ihr Mann Pavel lebt noch in Kiew, darf das Land aufgrund der Mobilmachung nicht verlassen. Auch ihre Mutter und ihre Schwester leben noch in der Ukraine. Jeden Tag telefoniert sie mit ihrem Mann, checkt mehrmals täglich die Nachrichten. Zweimal waren sie seit Beginn des Krieges zu Besuch in der Heimat. Nelya Herhalo hofft, im Mai noch einmal hinfahren zu können. "Dann hat mein Mann Geburtstag", sagt sie.

    Neue Heimat in Breitenbrunn

    Ihr Wunsch für das neue Jahr: "Dass der Krieg aufhört." Ob sie dann zurückkehre, wisse sie noch nicht. In Breitenbrunn fühlt sie sich wohl und sicher. Doch dann könne auch ihr Mann die Ukraine verlassen und zu ihnen nach Deutschland kommen. 

    In diesem Jahr feiern Nelya und Dima Herhalo zusammen mit Hündin Lucky Weihnachten in ihrer eigenen Wohnung. Vielleicht kommen ukrainische Freunde, die in der Nähe wohnen, zu Besuch. Auf jeden Fall will Nelya Herhalo auch die Wiedemanns besuchen, ihre "zweite Familie".

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