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Berufungsprozess: Ex-Maristen-Frater erneut wegen Missbrauchs vor Gericht

Mindelheim/Memmingen

Dritter Anlauf für Missbrauchsprozess gegen Ex-Maristen-Frater

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    Ein ehemaliger Frater und Leiter des einstigen Maristeninternats in Mindelheim steht erneut wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht.
    Ein ehemaliger Frater und Leiter des einstigen Maristeninternats in Mindelheim steht erneut wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht. Foto: Archivfoto: Franz Issing

    Hat ein ehemaliger Internatsleiter des Maristenkollegs einen 15-jährigen Schüler mehrfach vergewaltigt? Das ist eine Frage, die sich seit vielen Jahren die Beteiligten im Verfahren gegen einen ehemaligen Maristen-Frater in Mindelheim stellen – nun geht der Fall vor dem Landgericht Memmingen in die nächste Instanz. Es geht um diesen Vorwurf, aber auch noch um zwei weitere.

    Nach insgesamt sieben, teils langen Prozesstagen hatte das Jugendschöffengericht am Amtsgericht Memmingen den Ex-Frater im Januar 2023 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Zwei Anklagepunkte hatte der heute 64-Jährige zugegeben: Er habe vor rund 20 Jahren einen damals 17-Jährigen auf der Toilette bedrängt und einen 13-Jährigen mehrmals in sein Bett gelockt und sich an ihm gerieben. Die mehrfache Vergewaltigung eines 15-Jährigen, die ihm die Staatsanwaltschaft ebenfalls vorwarf, bestritt er jedoch.

    Der Ex-Frater wurde zum dritten Mal zu einer Bewährungsstrafe verurteilt

    Für den Ex-Frater war es die dritte Bewährungsstrafe: Bereits 2008 und 2011 war der Mann wegen Sexualdelikten an Jugendlichen verurteilt worden, einmal per Strafbefehl, einmal von einem Gericht. Gegen das aktuelle Urteil des Amtsgerichts Memmingen hatten Staatsanwaltschaft und Nebenklage Einspruch erhoben, weshalb der Fall daraufhin ans Landgericht ging. Eigentlich hätte der Prozess im Herbst 2023 starten sollen. Doch kurz vor Beginn kam die ernüchternde Nachricht für die Beteiligten: Das Verfahren musste verschoben werden, Grund war eine Verhinderung des Vorsitzenden Richters – und auch die als Stellvertreter in Betracht kommenden Strafrichter seien bereits durch anderweitige Verfahren gebunden, hieß es damals. Man hoffte auf einen Start des Berufungsprozesses im Frühjahr 2024. Doch auch die hierfür geplanten Termine wurden wegen einer Erkrankung des Richters fallengelassen.

    Neuer Start des Berufungsprozesses soll jetzt am Mittwoch, 11. September, sein. Sieben weitere Termine bis Ende Oktober sind aktuell eingeplant. Die sexuelle Nötigung auf der Toilette und die vier Missbrauchsfälle im Zimmer des ehemaligen Ordensmannes werden dabei vermutlich nur am Rande Thema sein – denn in beidem beschränkt sich der Einspruch der Staatsanwaltschaft auf die Höhe der Strafe, die ein Jahr und drei Monate beziehungsweise jeweils acht Monate betrug. Deutlich heikler ist der dritte Tatkomplex, der vor dem Landgericht noch einmal aufgerollt werden soll: Ein heute 37 Jahre alter Mann wirft dem Ex-Frater vor, ihn zu Schulzeiten mehrfach vergewaltigt zu haben. Der wiederum bestreitet das. Sogar hochrangige Ordensmänner der Maristen wurden in dieser Sache vom Amtsgericht als Zeugen geladen, reisten eigens aus Brüssel und Glasgow an, konnten aber zu den konkreten Tatvorwürfen wenig beitragen.

    Spannung beim Missbrauchsprozess vor dem Amtsgericht

    Das mutmaßliche Opfer selbst sagte in der Verhandlung vor dem Amtsgericht nicht persönlich aus, aus Angst vor psychischen Folgen, wie seine Eltern damals erklärten. Nur eine Videoaufzeichnung eines Gesprächs mit einer Richterin wurde vor Gericht gezeigt. Mit Spannung erwartet wurde vor dem Amtsgericht deshalb das Gutachten einer forensischen Psychologin, die die Aussage des psychisch kranken 37-Jährigen beurteilen sollte. Sie schloss damals nicht aus, dass es sich bei den Anschuldigungen des mutmaßlichen Opfers um Scheinerinnerungen handelte. Das Gericht sah die Vorwürfe ebenfalls nicht als erwiesen an und sprach den Ex-Frater deshalb in diesem Punkt frei. Dagegen hatte neben der Staatsanwaltschaft auch der 37-Jährige sein Veto eingelegt, weshalb der Fall nun noch einmal vor dem Landgericht neu aufgerollt wird. Dabei gibt es Hinweise darauf, dass der 37-Jährige dieses Mal persönlich vor Gericht aussagen könnte.

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