Der Fahrer ist eigentlich kein Fahrer mehr, sondern eher ein Begleiter. Sein Truck spult derweil Tausende von Highway-Kilometern ab. Theoretisch 24 Stunden am Tag. Dank hochmoderner Technik fährt der Laster selbst. Eingreifen muss der Fahrer erst ab der Autobahn-Ausfahrt, wenn es auf kurvigen Überlandstraßen zum Kunden geht. Dieses Szenario könnte in den USA ab 2027 Realität werden. Dann will der deutsche Automobilzulieferer Continental mit dem amerikanischen Partner Aurora ein selbstfahrendes Nutzfahrzeug-System in den Staaten auf den Markt bringen – und zwar mit Unterstützung aus Benningen im Unterallgäu: Continental eröffnete ein Entwicklungszentrum für assistiertes und automatisiertes Fahren in der Nähe des Allgäu Airports.
Für 25 Millionen Euro entstanden in einer 18-monatigen Bauphase ein Bürogebäude mit 4000 Quadratmetern sowie eine Werkstatt mit 2000 Quadratmetern. 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen mit ihren Erkenntnissen die autonome Mobilität voranbringen. Dabei geht es um das Testen von Komponenten sowie System- und Fahrfunktionen für assistiertes, automatisiertes und autonomes Fahren. „Hier gewonnene Technik und Daten werden in das USA-Projekt einfließen“, sagte Unternehmenssprecher Michael Fieseler.
Continental kooperiert mit der Hochschule Kempten
Von einem „weiteren, wichtigen Meilenstein“ sprach Standortleiter Marc Haussmann. Ähnliche Zentren betreibt Continental im Süden Deutschlands bereits in Lindau, Neu-Ulm und Riemerling (bei München). „Enge Partner am neuen Entwicklungscampus sind unsere Nachbarn“, sagte Haussmann. Dazu zählt die Firma Fakt-Motion, die als zugelassenes Prüflabor ein 30 Hektar großes Testgelände mit verschiedenen Messanlagen betreibt sowie die Hochschule Kempten mit ihrem Institut für Fahrassistent und vernetzte Mobilität (IFM). Die Daten, die auf der Prüfstrecke gewonnen werden, gehen laut Haussmann direkt in die Unternehmenscloud ein. Sie können weltweit an Standorten abgerufen werden. „Wir wollen nicht nur auf der Teststrecke, sondern auch durch virtuelle Simulation validieren“, sagte Haussmann.
Ziel der Ingenieurinnen und Ingenieure: Eines Tages sollen selbstfahrende Fahrzeuge sicherer unterwegs sein, als wenn sie vom Menschen gesteuert werden. In die Systeme soll auch Künstliche Intelligenz Einzug halten.
Selbstfahrende Autos: Ab wann wird es sie serienmäßig geben? Experten geben Prognose ab
Bis Autos allerdings serienmäßig selbstfahrend unterwegs sein können, dürften noch mindestens zehn Jahre vergehen, äußerten mehrere befragte Experten übereinstimmend. „Evolution statt Revolution“, gibt Fieseler als Motto aus. Der Unterallgäuer Landrat Alex Eder (FW) beglückwünschte Continental zur Standortwahl: „Hier entsteht Großartiges“, sagt er. „Hier gibt es Leute, die anpacken.“