So unterschiedlich die Menschen, so unterschiedlich sind auch ihre Gärten: Vier MZ-Redakteurinnen und -Redakteure berichten in unserer Serie über das, was sie rund ums Gartenjahr bewegt – und was sich in ihren Gärten bewegt. Heute geht es um Knollen und Zwiebeln und darum, warum fleißige Gärtner auch mal faul sein sollten.
Wo kommen die nur alle her? Diese Frage stelle ich mir zweimal im Jahr: Einmal im Frühling, wenn ich all die Kisten, in denen die Knollen von Dahlien, Calla und Gladiolen überwintert haben, vom Keller auf die Dachterrasse geschleppt habe und kaum weiß, wo ich sie nur alle unterbringen soll. Im Herbst zuvor können es doch unmöglich so viele gewesen sein. Am Ende finden sich dann überraschender- und erfreulicherweise aber immer genügend Töpfe, die freilich im Herbst alle wieder geleert werden müssen, weil die schönen Dauerblüher nicht winterhart sind. Und diese Ausbuddelaktion wirft dann – je länger sie dauert – zum zweiten Mal die Frage auf, wie all die Knollen nur hier hoch gekommen sind.
Die Knollen im Topf zu überwintern, ginge auch, im Frühling müssen sie aber in frische Erde
In diesem Jahr habe ich deshalb tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, sie einfach in ihren Töpfen zu lassen und über den Winter auf den Dachboden zu stellen. Groß genug wäre er. Eine kurze Internetrecherche bestätigte aber, was ich bereits befürchtet hatte: Im Frühling müssen die Knollen so oder so in frische Erde, damit sie wieder gesund und üppig wachsen können. Die alte Erde wäre dafür zu ausgelaugt und wahrscheinlich auch viel zu verdichtet. Also ran ans Handschäufelchen. Oder besser nicht, denn auch wenn mich die schiere Menge der Knollen beinahe an meine Grenzen bringt, will ich sie doch nicht mutwillig verletzen. Deshalb stelle ich – im Wortsinn – auf Handarbeit um, pule die Knollen aus der immer noch nassen Erde und breite sie zum Trocknen auf Zeitungspapier aus. (Wie machen das eigentlich Menschen, die – was ohnehin unvorstellbar ist – keine Zeitung haben?) Danach werden sie eingewickelt und in stapelbare Gemüsekisten gepackt (sehr viele Gemüsekisten!), und leisten in den nächsten Wochen den Kartoffeln in ihrem Winterlager Gesellschaft.
Mein lieber Mann hat in der Zwischenzeit die frei gewordenen Töpfe und Untersetzer ordentlich geschrubbt, damit sie im nächsten Frühjahr wieder einsatzbereit sind. Ich muss nach der Buddelei auch dringend schrubben, und zwar meine Hände. Wertvolle Dienste leistet mir dabei eine Handwaschpaste, die ich zu Beginn der Saison selbst gemacht und auch schon an andere Gartenfreunde verschenkt habe. Falls Sie noch nach einem Weihnachtsgeschenk suchen – hier ist das Rezept: Man raspelt 60 Gramm Kernseife, gibt sie mit 50 Millilitern destilliertem Wasser in eine Glas- oder Metallschüssel und erhitzt das Ganze über einem Wasserbad, bis die Seife flüssig ist. Das kann einige Minuten dauern. Nun fügt man 50 Gramm Kokos- und 20 Gramm Mandel- oder Olivenöl hinzu und lässt die Mischung etwas abkühlen. Zum Schluss mischt man einen Esslöffel Natron, zwei Esslöffel feinen Sand und zehn bis 15 Tropfen ätherisches Öl unter und füllt die Masse in kleine Gläser, die man zuvor sterilisiert hat. Fertig ist die Paste, die im Handumdrehen für saubere, streichelzarte Hände sorgt.
Wer den „Verhau“ im Garten aushält, wird vielleicht mit einem überwinternden Igel belohnt
Die lege ich – zumindest was die Gartenarbeit anbelangt – in den nächsten Wochen ruhigen Gewissens in den Schoß. Denn im Staudenbeet darf alles bleiben wie es ist, da räume ich nur die Funkien-Blätter weg, die der erste Frost in Matsch verwandelt hat. Phloxe, Astern, Spornblumen, Goldruten und all die anderen dürfen aber bis in den Frühling als Winterquartier für Insekten stehenbleiben. Ich gebe zu: Wenn zwischendurch viel Schnee fällt, der die Stängel umknickt, sieht das mitunter ziemlich wild aus. Das auszuhalten, auch wenn‘s bisweilen schwerfällt, lohnt sich aber: Mindestens einmal hat sich in dem „Verhau“ schon ein Igel sein Winterquartier eingerichtet, was mich unheimlich gefreut und nachhaltig mit der Unordnung versöhnt hat.
Die beseitige ich erst im neuen Jahr, wenn die Stauden schon wieder neu austreiben – und natürlich all die Frühlingsblüher, denen ich im Herbst nie widerstehen kann und mich beim Blick auf all die Zwiebel-Tütchen auch jedes Jahr aufs Neue frage: Wo sollen die nur alle hin?
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