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Bad Wörishofen: Wie ein bayerischer Riese nach Bad Wörishofen kam

Bad Wörishofen

Wie ein bayerischer Riese nach Bad Wörishofen kam

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    In der Kapelle in Untergammenried verschwimmen Legende und Historie. Graf Rath Rasso blickt behütend auf die Eintretenden hinab.
    In der Kapelle in Untergammenried verschwimmen Legende und Historie. Graf Rath Rasso blickt behütend auf die Eintretenden hinab. Foto: Ralph Manhalter

    Mit seinen 2,50 Metern soll er ein Riese gewesen sein, vor allem wenn man die Körpergrößen erwachsener Männer im frühen Mittelalter berücksichtigt. Rasso, der Sohn des Grafen Rathold von Dießen-Andechs, erblickte angeblich auf freiem Feld das Licht der Welt.

    Seine Mutter sei vor dem gewalttätigen Vater geflohen, als sich die Niederkunft einstellte. Später wäre Rasso ein berühmter Feldherr im Kampf gegen die einfallenden Ungarn geworden und hätte dabei sogar das Kreuz Karl des Großen getragen. Hört sich ganz schön abenteuerlich an, dennoch: Es ist nur eine Legende. Eine Geschichte, die im Laufe der Jahrhunderte immer weitergesponnen wurde und sich mit den historischen Fakten zunehmend vermengte. Dabei führten die im Gebiet zwischen Lech und Starnberger See begüterten Grafen von Dießen ihren Stammbaum tatsächlich auf einen Rasso (Razo) zurück.

    Rasso soll auf einer Insel im Fluss Amper ein Kloster gegründet haben

    Dieser ominöse Urahn soll es gewesen sein, der auf einer Insel inmitten des Flusses Amper ein Kloster gegründet habe. Der Historiker Ernst Meßmer hat herausgefunden, dass ein Dießener Chronist des 13. Jahrhunderts diese Meriten gerne für sein Geschlecht beanspruchen wollte.

    Allein was nicht übereinstimmte, war neben der Herkunft auch die angebliche Lebenszeit des Adligen. Laut Meßmer war mitnichten ein Vorfahr der Dießener Herren der Gründer jenes Klosters, sondern ein wohl aus Frankreich stammender Graf namens Rath beziehungsweise Ratho, welcher von Karl dem Großen eingesetzt wurde. So erfolgte dann auch die Benennung der geistlichen Niederlassung bei „Graf Rath“.

    Der Ortsname ist heute wieder in Benutzung für die Gemeinde nördlich des Ammersees und auch die dortige Kirche wurde bis ins 19.Jahrhundert St. Graf Rath bezeichnet. Erst in jüngerer Zeit setzte sich stattdessen der Name Sankt Rasso durch, historisch nicht ganz korrekt, aber zumindest wohlklingender.

    Nun ja, mag sich mancher denken, das spielte sich ja alles östlich des Lechs ab, im Bayerischen. Dazu sollte gesagt werden, dass der schwäbisch-bayerische Grenzfluss alles andere war, als ein unüberbrückbares Hindernis. Schwäbische Wallfahrer beispielsweise pilgerten regelmäßig nach Andechs und zu anderen altbayerischen Wallfahrtsstätten.

    Auch "Unterallgäuer" machten sich vermutlich auf, um vor dem Bild von Rasso in Grafrath zu beten

    So darf es durchaus als möglich angesehen werden, dass auch die Menschen aus dem unteren Allgäu, aus den Tälern von Mindel und Wertach sich aufmachten, um vor dem Bild des seligen Rasso in Grafrath zu beten.

    Dieses Bild soll es nämlich gewesen sein, das im Jahr 1714 zwei Bauern aus Untergammenried im Traum erschien. Kurz zuvor hatten diese beiden Brüder Georg und Sebastian Zillober zusammen mit dem, aus demselben Ort stammenden Georg Huber beschlossen, eine Kapelle zu errichten.

    Als nun wohl der Bau vor der Vollendung stand, besprach man sich über das künftige Patrozinium. Nach der nächtlichen Eingebung war es dann eine beschlossene Sache: Der Volksheilige Rasso solle fortan über das Gotteshaus in dem kleinen Weiler wachen.

    So erhielten die fleißigen Bauherren auch ein Porträt des Heiligen als Gnadenbild. 1723 war es dann soweit: Der Augsburger Weihbischof Johann Jakob von Mayr weihte die Kapelle feierlich ein. Schon bald, so die Überlieferung, wären die Wände voll Votivtafeln gewesen und zahlreich seien die Trostsuchenden gekommen.

    Nun kannte das 18. Jahrhundert ähnliche Problematiken wie die heutige Gesellschaft: Wenn etwas zu klein wird, muss etwas Neues her. Ulrich Huber stellte seinen Garten für einen Neubau zur Verfügung, die Priorin des Augsburger Katharinenklosters, Freifrau von Bodmann schenkte der Wallfahrt in Untergammenried eine Rasso-Reliquie und 1756 konnte Weihbischof Franz Xaver Adelmann von Adelmannsfelden die vergrößerte Kirche zum zweiten Male konsekrieren.

    Später feierte man gemeinsam das erste Rasso-Fest in Untergammenried

    Wenige Jahre später wurde bereits das erste Rasso-Fest gefeiert. Wie Elisabeth Hampp zu erzählen weiß, konnte dieses Patronatsfest all die Jahre begangen werden. Nur in der Zeit, als die Kirche renovierungsbedingt schließen musste, sei es ausgefallen. Und natürlich dieses Jahr, wegen der Corona-Pandemie, gibt Hampp etwas traurig zu bedenken.

    Andererseits darf sich der Besucher freuen, dass die außen so unscheinbare Kapelle tagsüber geöffnet ist und den Passanten herzlich zum Verweilen einlädt. In dem kleinen intimen Raum verschwimmen dann wieder Legende und Historie. Graf Rath Rasso blickt behütend auf die Eintretenden hinab.

    Und was die Körpergröße anbelangt: 2,50 Meter lang war die Grabplatte des edlen Klosterstifters. Mag sein, dass frühe Chronisten hiervon den Wuchs des Bestatteten ableiteten, der mit nachgewiesenen 1,90 Metern so oder so eine durchaus beeindruckende Figur gewesen sein muss.

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