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Bad Wörishofen: Wer darf in Bad Wörishofen für Ordnung und Sicherheit sorgen?

Bad Wörishofen

Wer darf in Bad Wörishofen für Ordnung und Sicherheit sorgen?

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    In Bad Wörishofen soll ein kommunaler Ordnungsdienst eingeführt werden. Nicht alle sind davon begeistert. (Symbolfoto)
    In Bad Wörishofen soll ein kommunaler Ordnungsdienst eingeführt werden. Nicht alle sind davon begeistert. (Symbolfoto) Foto: Silvio Wyszengrad

    Die Stadt Bad Wörishofen nimmt viel Geld in die Hand, um einen kommunalen Ordnungsdienst aufzustellen. Der Stadtrat hatte das im April mit großer Mehrheit beschlossen. Bedenken gegenüber den weitreichenden Befugnissen äußerte nun Friederike Nißle, Fachanwältin für Strafrecht, gegenüber der Mindelheimer Zeitung. 

    Juristin ist beim kommunalen Ordnungsdienst in Bad Wörishofen skeptisch

    „Nach den Informationen, die ich der Mindelheimer Zeitung entnommen habe, sollen hier Leute von Zivilisten kontrolliert werden, mit möglicherweise weitreichenden rechtlichen Folgen“, so Nißle. Als Beispiel nannte sie den Umstand, dass jemand auf einer Bank sitze und seinen Joint rauche, was ja aktuell erlaubt sei. Dürfe dann in jedem Fall kontrolliert werden oder nur bei einem offensichtlichen Verstoß, fragt sich die Juristin. „Und wenn eine Straftat im Raum steht, wird dann der Betroffene entsprechend belehrt? 

    Dies spiele eine wesentliche Rolle im Strafprozess, da ohne ordnungsgemäße Belehrung die Aussage nicht verwertet werden dürfe. Wenn der kommunale Ordnungsdienst nicht belehren müsse, würden hier Befugnisse der Polizei ohne deren Beschränkungen ausgeübt.“ Auch die Ausbildung des Ordnungsdienstes bereitet Nißle Sorgen. „Wird hier die Zuverlässigkeit über entsprechende Urkunden, wie das erweiterte Führungszeugnis, geprüft? Und wie weit reichen die Befugnisse überhaupt?“ Was, wenn sich der Betroffene weigere, Angaben zu seiner Person zu machen? Dürfe dieser dann einfach festgehalten werden? Dürften Taschen und Personen durchsucht werden? „Ich habe erhebliche Bedenken bei diesen weitreichenden Befugnissen.“ 

    Simon Bayer, Leiter des Ordnungsamtes im Rathaus Bad Wörishofen, nimmt dazu auf Nachfrage unserer Redaktion Stellung und erklärt, dass die Mitarbeitenden des kommunalen Ordnungsdienstes die Bayerische Verwaltungsschule in München besuchen und dort neben Allgemeinem Verwaltungs- und Kommunalrecht auch spezifische Grundlagen zur Tätigkeit im kommunalen Ordnungsdienst gelehrt und geprüft würden. „Ein erweitertes und selbstverständlich auch eintragungsfreies Führungszeugnis ist ebenso wie das Bestehen eines Fitness- und Rechtsschreibtests zwingende Voraussetzung“, so Bayer. 

    Die Verwaltung der Obdachlosenunterkunft in Bad Wörishofen soll der Ordnungsdienst übernehmen

    „Die umfangreichen Befugnisse des kommunalen Ordnungsdienstes ergeben sich aus gesetzlichen und spezialgesetzlichen Regelungen, hierunter fallen auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs, Identitätsfeststellungen, Platzverweise und weitere.“ Die Verfolgungsbehörde habe, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.“ In jedem Fall erfolge eine Belehrung der betroffenen Person. Die Aufgabenfelder seien weitreichend und nicht abschließend. Auch die Verwaltung der inzwischen stark ausgelasteten Obdachlosenunterkunft sei vorgesehen. 

    Die Mitarbeitenden sollen alle Bereiche der Stadtverwaltung tatkräftig und fachkundig unterstützen. Bayer betont, dass der Charakter einer Kurstadt gewahrt werden soll, gleichzeitig wolle man aber den Herausforderungen einer kontinuierlich wachsenden Stadt gerecht werden. Zusätzlich sollen die Mitarbeitenden als Ersthelfer eingesetzt und auch im Bereich des kommunalen Katastrophenschutz- und Krisenmanagements ausgebildet und eingesetzt werden. Auf die Frage, ob die Mitarbeitenden Waffen mit sich führten, erklärte Bayer, dass solche Einsatzmittel mitgeführt würden, die für das Aufgabengebiet geeignet sind und an welchen regelmäßig trainiert werde. „Nähere Angaben werden wir aus einsatztaktischen Gründen nicht tätigen,“ so Bayer.

    Die Polizei in Bad Wörishofen sieht im Ordnungsdienst eine Ergänzung der Polizeiarbeit

    Robert Stephan, Leiter der Polizeidienststelle Bad Wörishofen, sieht in dem Sicherheitsdienst eine Ergänzung der Polizeiarbeit. „Der kommunale Ordnungsdienst ist keine Polizei und hat keine polizeilichen Befugnisse,“ stellt er auf Nachfrage unserer Redaktion klar. Je nachdem, wie die Kommune die Aufgabenbereiche definiere, dürfe der Ordnungsdienst beispielsweise die Einhaltung städtischer Auflagen und Verordnungen kontrollieren und bei Veranstaltungen, der Bauaufsicht oder auch dem Lärmschutz ein Auge auf mögliche Verstöße haben. „Dabei hat der Ordnungsdienst beim Vorliegen einer Straftat das sogenannte Jedermannsrecht, das heißt jeder, der eine Person bei Ausübung einer Straftat auf frischer Tat ertappt, darf den mutmaßlichen Täter so lange festhalten, bis die Polizei eintrifft.“ Ob ohne konkreten Tatverdacht schon die Personalien festgestellt werden dürften, sieht Stephan kritisch. Solange dies freiwillig passiere, sei dies jedoch kein Problem. 

    Wie bereits berichtet, wird der kommunale Ordnungsdienst zunächst mit drei Beschäftigten starten. Pro Stelle fallen Kosten von etwa 65.000 Euro. Dazu kommen 3500 Euro für die Erstausstattung der Beschäftigten. Im ersten Jahr werden für den neuen Ordnungsdienst also rund 200.000 Euro fällig. 

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