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Bad Wörishofen: Unfall, Koma, Not-OP – so kämpft sich ein 26-Jähriger zurück ins Leben

Bad Wörishofen

Unfall, Koma, Not-OP – so kämpft sich ein 26-Jähriger zurück ins Leben

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    Niklas Schwele ist nach einem schweren Arbeitsunfall mit 26 Jahren arbeitsunfähig, doch er kämpft weiter um ein normales Leben.
    Niklas Schwele ist nach einem schweren Arbeitsunfall mit 26 Jahren arbeitsunfähig, doch er kämpft weiter um ein normales Leben. Foto: Kathrin Elsner

    Mit einem freundlichen Lächeln öffnet Niklas Schwele die Tür. Was der junge Mann hinter sich hat, kann man ihm nicht ansehen. "Das Gute ist, dass man nichts sieht", sagt der 26-Jährige und ergänzt nachdenklich: "Und das Schlechte ist, dass man nichts sieht." Ein schwerer Motorradunfall auf einer Teststrecke und medizinische Komplikationen ließen ihn arbeitsunfähig werden, doch er gibt nicht auf.

    Der 12. Oktober 2021 veränderte das Leben von Niklas Schwele nachhaltig. Bei einer beruflichen Motorrad-Erprobung verunglückte der gelernte Kfz-Mechatroniker als Beifahrer auf einer Teststrecke in Frankreich, der Fahrer selbst kam ums Leben. Mit schweren Kopfverletzungen, Beckentrümmerbruch, gebrochenem Oberschenkel, Lungenquetschung und Milzriss kämpfte Schwele fünf Tage lang im Koma um sein Leben. "Die Überlebenschancen waren nicht sehr hoch, ich bin glücklich, dass er hier so sitzt", sagt seine Cousine Nicole Konrad mit Tränen in den Augen. Als wäre es gestern gewesen, erinnert sie sich an jedes Detail. Zur Unterstützung von Niklas Schweles Mutter und seiner damaligen Freundin sei sie damals mit ihrem Bruder spontan nach

    Es begann mit einem Streit ums Geld für das nötige Intensivflugzeug, während wertvolle Zeit verstrichen sei

    Aufgrund der damals vorherrschenden Lähmung der rechten Körperhälfte hätten die Ärzte zur sofortigen Überführung nach Deutschland geraten. "Dann ging der Streit ums Geld los", erzählt Nicole Konrad. Bis zur Klärung der Kostenübernahme des Intensivflugzeugs sei wertvolle Zeit verstrichen. Mehrere Wochen musste er dann in der Unfallklinik Murnau verbringen, trotz Corona Beschränkungen liebevoll umsorgt von Familie und Freunden. "Von meinen Freunden habe ich damals keinen erkannt, selbst meine besten Freunde mussten sich wieder vorstellen und mir Bilder zeigen, damit ich mich erinnern konnte", erzählt Niklas Schwele, dem bis heute in seiner Erinnerung sieben Jahre seines Lebens fehlen. Auch an die schlimme Zeit in der Klinik könne er sich nicht erinnern. Die Aussichten seien damals katastrophal gewesen, ein Auge vorübergehend erblindet, die Hoffnung je wieder laufen zu können gering, erzählt Nicole Konrad und ergänzt: "Er ist schon immer ein Kämpfer". 

    Zu Weihnachten konnte Niklas Schwele den Rollstuhl verlassen, um in sein Elternhaus zurückzukehren

    So habe er all seinen Willen zusammengenommen und sich aus dem Rollstuhl gekämpft, um an Weihnachten das erste Mal wieder sein Elternhaus betreten zu können. "Es war einfach genial, als ich heimgekommen bin", erinnert sich Niklas Schwele, "das war der schönste Tag für mich". Die vertraute Umgebung, die Liebe seiner Familie und seine Lieblingsgegenstände wie beispielsweise sein Motocross Motorrad ließen gute Gefühle in ihm aufkommen, er kämpfte weiter. Schnell setzte er sich weitere Ziele, die er immer erreichte, erinnert sich seine Cousine, auch die Reha-Maßnahmen schlugen an. Der zweitschönste Tag sei für ihn gewesen, als er endlich wieder auf einer Motorcross Strecke einige Runden fahren konnte, erinnert sich der 26-Jährige. "Alle haben mich überholt, das war mir so egal, ich bin mit dem breitesten Grinsen gefahren."

    Er bestand alle Tests, um wieder Autofahren zu dürfen, wurde erneut Prinz der Gaudilonia und freute sich auf seine Wiedereingliederung. Einzig der durch den Oberschenkelbruch eingesetzte Titanstab sollte aufgrund der damit verbundenen Einschränkungen und seines jungen Alters noch entfernt werden. Nach dem Eingriff entzündete sich die Wunde so stark, dass eine Notoperation durchgeführt wurde, erzählt Nicole Konrad. Aufgrund der dann eingesetzten Schwämme sei eine weitere Operation und damit eine weitere Narkose hinzugekommen. "Das hat ihn vom Kopf her wieder voll nach hinten geworfen." Mit dem unbedingten Willen, wieder zu arbeiten, wagte er im Mai 2023 die

    Niklas Schwele möchte wieder arbeiten - doch das ist nicht so einfach

    Er brach die Wiedereingliederung ab, kämpfte in erneuten Rehatherapien weiter. Nach einer stationären Reha im November 2023 sei ihm mitgeteilt worden, dass er austherapiert sei. "Ich musste zum Arbeitsamt und Arbeitslosengeld II beantragen." Im Moment laufe ein Antrag auf Frührente mit der damit einhergehenden Odyssee an Gutachten. Neben einem Dauerschmerz in der Hüfte und dem Verlust seines Geschmacks- und Geruchssinnes sei das Schlimmste, dass er kein Durchhaltevermögen mehr habe und sehr schnell erschöpft sei, erzählt Schwele. "Nach drei Stunden geht nichts mehr", er könne sich dann nicht mehr konzentrieren, werde sehr müde, sein Blick verschwimme. Doch er kämpfe weiter, als Familienmensch sei sein größter Wunsch, mit seiner Traumfrau ein Haus zu bauen und eine Familie zu gründen. "Um das zu schaffen, müsste ich wieder arbeiten", gibt er zu bedenken und versucht nun, gemeinsam mit seiner Freundin Julia Oedekoven alle Hebel in Bewegung zu setzen, um Hilfe zu bekommen. "Er wird einfach allein gelassen, eine psychologische Betreuung fehlt beispielsweise komplett", sagt

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