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Bad Wörishofen: Über den Dächern von Bad Wörishofen

Bad Wörishofen

Über den Dächern von Bad Wörishofen

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    Christian Hehn kennt die Dächer von Bad Wörishofen ganz genau. Der Bezirkskaminkehrermeister hat den Wandel seines Berufsstandes mitgemacht und hat mittlerweile neben Kehrbesen auch einen Computer dabei.
    Christian Hehn kennt die Dächer von Bad Wörishofen ganz genau. Der Bezirkskaminkehrermeister hat den Wandel seines Berufsstandes mitgemacht und hat mittlerweile neben Kehrbesen auch einen Computer dabei. Foto: Hehn

    Vom Schlotfeger zum Energieberater. Der Beruf des Kaminkehrers hat sich angesichts von technischem Fortschritt, von Digitalisierung und Klimawandel in den vergangenen zehn Jahren stark verändert. Kaminkehrermeister Christian Hehn kommt ohne Tablet bei seiner Arbeit in den Gebäuden nicht mehr aus.

    Hehn ist für den Kehrbezirk Bad Wörishofen mit den Orten Irsingen und Wiedergeltingen zuständig und nicht erst seit Putins Krieg in der Ukraine mit der Frage konfrontiert: „Womit soll ich in Zukunft heizen?“ Den Wandel will Hehn auch beim 100. Verbandstag zeigen, der in

    Gerne streift Hehn bei der Vorbereitung für die Großveranstaltung in der Kneippstadt durch die Geschichte seines Handwerks. „Schornsteine fegen, damit der Ofen zieht, das machen wir nach wie vor“, bemerkt er und fügt hinzu: „Aber wir schlüpfen dabei nicht mehr durch den Kamin, sondern reinigen ihn mit einem passenden Besen.“ Und schmunzelnd erzählt der Meister, dass es früher meist dünne Gesellen waren, die sich, ähnlich wie beim Klettern in den Bergen, durch einen Schornstein hangeln mussten.

    Warum sich Kaminkehrer auch um Umweltschutz kümmern

    Seit Mitte der 70er Jahre, so Hehn, sind Kaminkehrer vermehrt als Umweltschützer beim Messen von Öl-, Gas- und Holzheizungen tätig. Geprüft werden dabei vor allem Abgase, Abgastemperatur sowie der Kaminzug. „Wenn die Werte nicht im grünen Bereich sind, muss der Heizungsmonteur her“, erläutert Hehn, der bei seinen Dienstleistungen rund um Heizung und Energie neben dem Kehrbesen auf vollautomatische elektronische Messgeräte setzt und ohne Tablet längst nicht mehr auskommt.

    Oft wird der Kaminkehrermeister von seinen Kunden gefragt. „Womit soll ich in Zukunft heizen?“ Auf diese Frage kann der Energieberater derzeit keine verlässliche Antwort geben. „Die Situation ist derzeit völlig undurchsichtig“, sagt Hehn.

    Um den Verbrauch von Brennstoffen massiv zu reduzieren mache es auf jeden Fall Sinn, Gebäudehüllen energetisch zu sanieren. Auf seine Rolle als Glücksbringer angesprochen gerät Hehn ins Schwärmen. „Da bin ich nach wie vor sehr gefragt“, erzählt er. Immer wieder werde er von Kurgästen und auch Einheimischen angesprochen. „Darf ich mal die goldenen Messingknöpfe anfassen?“, heißt es dann meist. Das bringt ja angeblich Glück, behauptet der Volksmund.

    So mancher hat schon seinen Lottoschein an dem Bad Wörishofer gerieben

    Die Knöpfe hängen am Koller, so heißt der Kehranzug. „Die Leute wollen etwas Ruß abbekommen, halten mir mitunter auch ihren Lottoschein hin und wiegen sich dabei im Glück“, erzählt Hehn mit einem Schmunzeln. Der Nebenjob als Glücksbringer ist aber mitunter ganz schön zeitaufwändig. „Als Lehrling und junger Geselle war ich oft auf Hochzeiten eingeladen und musste den Brautpaaren ein Sprüchle aufsagen und ihnen durch die Blume viel Glück in der Ehe wünschen“, berichtet Hehn. „Das hat nicht immer funktioniert, weiß ich im nachhinein.“

    Doch wie kam der Kaminkehrer zu seinem Ruf als Glücksbringer? Schon im Mittelalter waren Schornsteinfeger, meist Gesellen, unterwegs, um Kamine zu reinigen. Sie betätigten sich damit als Brandschützer und brachten Sicherheit und Glück ins Haus. Dieser Glaube hat sich bis heute erhalten. Kaminkehrern wurde und wird also ein hohes Maß an Respekt gezollt. Um einen Kehrbezirk muss sich ein Schornsteinfeger alle sieben Jahre neu bewerben und die Qualität seiner Arbeit, aktuelles Wissen und Kundenzufriedenheit nachweisen. Das ist seit 2013 so geregelt.

    Das ist beim Verbandstag der Kaminkehrer in Bad Wörishofen geplant

    Wie massiv sich das Berufsbild gewandelt hat, will der Landesinnungs-Verband des bayerischen Kaminkehrer-Handwerks bei seinem 100. Verbandstag vom 22. bis 24. Mai in der Kneippstadt zeigen.

    In Bad Wörishofen wird es ein besonderes Konzert geben. Zu Gast sind die „Schwäbischen Rußbläser“.
    In Bad Wörishofen wird es ein besonderes Konzert geben. Zu Gast sind die „Schwäbischen Rußbläser“. Foto: Hehn

    Bei einer Ausstellung im Foyer des Kurhauses und in einem Zelt vor dem Pavillon am Kurtheater zeigen sie ihre vielfältigen Aufgaben. Auch die Freunde der Blasmusik kommen auf ihre Kosten, wenn am Sonntag, 22. Mai, die „Schwäbischen Rußbläser“ am Denkmalplatz ein Konzert geben.

    Die Musiker spielen auch am Dienstag, 24. Mai, von 9 bis 10 Uhr vor dem Kurhaus auf. Auf dem Jubiläums-Programm, bei dem „Wohnraumlüftung und Energieeffizienz an Gebäuden“ sowie das Thema „Vorbeugender Brandschutz“ den Ton angeben, stehen zudem ein Festakt am 24. Mai im Kurtheater (nicht öffentlich) wie auch ein Festabend im Kursaal und mehrere Workshops auf dem Programm. Zu den Feierlichkeiten in Wörishofen werden etwa 350 bis 400 Kaminkehrer aus ganz Bayern und den angrenzenden Nachbarländern erwartet.

    „Wir wollen der Kneippstadt viel Glück bringen“, lautet das Credo von Kaminkehrermeister Christian Hehn. Die Kaminkehrer wollen in Bad Wörishofen einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dafür hat Hehn derzeit alle Hände voll zu tun. Diesmal ist er sozusagen Glücksbringer in eigener Sache.

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