Der überraschende Weggang des Bad Wörishofer Pfarrer-Ehepaars Schnütgen nach Differenzen über die Gemeindeführung hat hohe Wellen geschlagen. Eine entscheidende Rolle hat dabei der Kirchenvorstand gespielt. Regionalbischof Axel Piper erläutert, dass es bei der Neubesetzung der Pfarrerstellen diesmal eine Änderung gibt. Entscheiden werde der Landeskirchenrat.
„Kirchenvorstand und Ehepaar Schnütgen gehen getrennte Wege aufgrund verschiedener Auffassungen in Bezug auf Gemeindeleitung und Kommunikation.“ Mit diesem dürren Satz endete am Wochenende nach nur eineinhalb Jahren eine Geschichte, die eigentlich eine Erfolgsgeschichte hätte werden sollen. "Das Ehepaar war aus vielerlei Hinsicht eine gute Wahl", sagte Christoph Burger unserer Redaktion. Er ist der Referent des Regionalbischofs Axel Piper.
"Das Ehepaar war aus vielerlei Hinsicht eine gute Wahl", sagt der Referent des Bischofs
Die Mindelheimer Zeitung hatte den Weggang von Pfarrerin Dr. Tatjana Schnütgen und Pfarrer Arne Schnütgen öffentlich gemacht. Sie waren das erste Pfarrer-Ehepaar der Bad Wörishofer Gemeinde, was auch der große Wunsch im Kirchenvorstand gewesen sei, wie im Lauf des Wochenendes zu hören war. Wo genau die Differenzen liegen, wurde bislang nicht bekannt. Dazu äußert sich auch der Regionalbischof nicht näher. Sein Referent Burger sagt dazu, es habe "erheblich differenzierende Ansichten" gegeben.
Klar ist aber, dass ohne den Rückhalt des Kirchenvorstandes nicht viel geht. "Die Kirchenvorstände in der Evangelisch-Lutherischen Kirche sind die gemeindeleitenden Gremien in unserer Kirche", erläutert Regionalbischof Axel Piper. "Alle wichtigen Entscheidungen über Finanzen, Gottesdienste, Gemeindeaufbau, Gemeindeleben werden hier gleichberechtigt entschieden." Das entspreche dem demokratischen Prinzip in der evangelischen Kirche auf allen Ebenen. Ein Kirchenvorstand besteht laut Piper aus gewählten, aus berufenen Mitgliedern und aus den in der Gemeinde diensttuenden Pfarrern und Pfarrerinnen. Genau genommen gibt es in Bad Wörishofen also auch Differenzen im Kirchenvorstand, dem die Pfarrer ja selbst angehören.
Zur Person Axel Piper
Axel Piper ist in Essen geboren. Mit drei Jahren kam er nach München. Sein Abitur machte er in Lindau. Heute ist der 59-Jährige verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne.
Seit 2003 war er Dekan im oberbayerischen Dekanatsbezirk Weilheim, zu dem auch Landsberg am Lech gehört. Seit 2004 ist er Rundfunkprediger („Auf ein Wort“) beim BR.
Er wird am Sonntag in der evangelischen St.- Ulrichs-Kirche in Augsburg in sein Amt als Regionalbischof eingeführt. Der BR überträgt ab 15 Uhr live im Fernsehen.
In Bad Wörishofen kommt es nun wieder zu einer Vakanz. Allerdings ist der Weg zu neuen Pfarrern diesmal ein anderer. Regionalbischof Piper erläutert das Prozedere. Der Landeskirchenrat schlägt demnach bis zu drei Bewerber oder Bewerberinnen vor. Die Stelle wird zuvor im Amtsblatt der Kirche ausgeschrieben, der Kirchenvorstand treffe dann die Wahl. Beim nächsten Mal dagegen sehe der Landeskirchenrat eine Bewerberin oder einen Bewerber zur Besetzung vor. Der Kirchenvorstand stimme dann entweder zu oder lehne den Vorschlag ab. In diesem Fall erfolgt ein neuer Vorschlag.
So wird die Neubesetzung der Pfarrstellen in Bad Wörishofen ablaufen
Für Bad Wörishofen gelte nach dem Weggang der Schnütgens: "Der Kirchenvorstand Bad Wörishofen hatte beim letzten Mal Wahlrecht, das heißt, die Stellen werden nach Weggang des Pfarrerehepaars Schnütgen im Amtsblatt ausgeschrieben", erläutert der Regionalbischof. Pfarrerinnen und Pfarrer könnten sich dann bewerben. "Der Landeskirchenrat schlägt dem Kirchenvorstand dann jeweils einen Bewerber oder eine Bewerberin vor", möglich seien auch Stellenteiler. Es gelte diesmal: "Der Landeskirchenrat hat also das Besetzungsrecht. Der Kirchenvorstand hat ein Vetorecht." Dienstvorgesetzte der Pfarrer seien die Dekane, nicht der Kirchenvorstand.
Diese rechtlichen Mittel hätte der Kirchenvorstand
Pfarrpersonen seien grundsätzlich auch nicht versetzbar, sagt Piper. Deshalb beginnt der Prozess der Nachbesetzung samt Vakanz auch erst dann, wenn klar ist, dass die Schnütgens neue Stellen haben. So erläutert es Referent Burger. Auch der Einfluss des Kirchenvorstands hat hier Grenzen. "Eine Abberufung durch einen Kirchenvorstand ist nicht möglich", erklärt der Regionalbischof. "Die einzige Möglichkeit wäre für einen Kirchenvorstand, eine juristische Untersuchung auf nachhaltige Störung anzustreben." Das allerdings sei ein sehr langwieriger, juristischer Prozess mit völlig offenem Ausgang. "Bevor so eine Untersuchung in Gang kommen kann, muss nachgewiesen sein, dass alle Versuche einer versöhnlichen Lösung keinen Erfolg hatten", erklärt Piper. "Im Fall von Bad Wörishofen wurde keine Untersuchung auf eine nachhaltige Störung beantragt."
Wie lange die Evangelischen in Bad Wörishofen nun ohne eigene Pfarrer sind, ist unklar. Die Pflichtvakanz dauere sechs Monate, erläutert Referent Burger. Man müsse aber mit einem längeren Zeitraum rechnen. Auch die evangelische Kirche spüre den Fachkräftemangel. Zuständig für Bad Wörishofen seien derweil die Dekane Claudia und Christoph Schieder aus Memmingen, erläutert Burger.