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Bad Wörishofen: Spielsucht bringt Ex-Chef einer Bad Wörishofer Firma fast ins Gefängnis

Bad Wörishofen

Spielsucht bringt Ex-Chef einer Bad Wörishofer Firma fast ins Gefängnis

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    Eine Glücksspielsucht wurde einem Geschäftsführer einer Bad Wörishofer Firma zum Verhängnis.
    Eine Glücksspielsucht wurde einem Geschäftsführer einer Bad Wörishofer Firma zum Verhängnis. Foto: Ole Spata, dpa (Symbolbild)

    Der Angeklagte passt überhaupt nicht in das Schema eines Kriminellen. Da sitzt er auf der Anklagebank des Amtsgerichtes Memmingen und muss sich dennoch eine Reihe von Vorwürfen der Staatsanwaltschaft anhören. Er soll in einem Zeitraum von sieben Jahren seinen Arbeitgeber um rund 250.000 Euro betrogen haben. Weiter wirft ihm die Staatsanwältin Urkundenfälschung, Betrug und falsche Verdächtigung vor. Der 65-Jährige räumt die Anklage in allen Punkten ein und das Geständnis hat ihn wohl vor dem Gefängnis bewahrt. 

    Seine Spielleidenschaft habe ihn auf die schiefe Bahn gebracht, so der Angeklagte zu dem Motiv seiner Straftaten.

    Leiden Sie unter Glücksspielsucht?

    Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bietet Hilfe bei Spielsucht an. Testen Sie sich selbst: Wie oft antworten Sie bei den kommenden acht Fragen mit "ja"?

    Setzen Sie beim Glücksspiel mehr Geld ein, als Sie sich leisten können?

    Haben Sie schon versucht, weniger zu spielen, aber es hat nicht geklappt?

    Werden Sie unruhig und gereizt, wenn Sie nicht spielen können?

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    Jede Ja-Antwort ist ein ernstes Zeichen einer möglichen Glücksspielsucht, so die BZgA. Die Empfehlung: Reden Sie mit einer nahestehenden Person darüber oder wenden Sie sich an eine Beratungsstelle.

    Die Telefonnummer der BZgA lautet 0800/1372700 und ist kostenlos.

    Die Beratungszeiten sind Montag bis Donnerstag, 10 bis 22 Uhr, und Freitag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr.

    Warum ist es dazu gekommen? Der berufliche Lebensweg zeigte einen strebsamen Mann, der es zu etwas gebracht hat. Zuletzt war er als Geschäftsführer bei einer Firma in Bad Wörishofen tätig, durchaus erfolgreich, wie die vorgelegten Zahlen zeigten. Aber er habe zeitlebens mit seinem Spieltrieb zu kämpfen gehabt, gab der Mann vor Gericht zu. Dies liege vielleicht in den Genen, denn schon ein Großvater habe im wahrsten Sinne „Haus und Bauernhof“ verspielt. 

    Jedenfalls ging der 65-Jährige nach eigenen Angaben meist schon in der Mittagspause in einen Spielsalon und auch am Wochenende ließ ihn das Glücksspiel nicht los. Die Folge waren immense Verluste, die auch durch das relativ hohe Einkommen nicht mehr gedeckt waren. Am Spieltrieb gingen auch zwei Ehen kaputt.

    Auch zwei Ehen gingen an der Spielsucht des Geschäftsführers einer Bad Wörishofer Firma kaputt

    Da kam ihm dann seine privilegierte Stellung als Geschäftsführer zugute. Er konnte auch die Firmenkreditkarte für private Zwecke benutzen. Des Weiteren war er in einem Geschäftsfeld unterwegs, in dem auch noch Bargeld abgerechnet wurde. Die Recherchen der Kripo brachten zu Tage, dass der Angeklagte rund 50 fingierte Rechnungen geschrieben und sich das Geld habe auszahlen lassen. Dabei kam eine Schadenssumme in Höhe von 250.000 Euro zustande. Außerdem habe der Mann seine Ehefrau eingestellt, die Lohn bekam, aber nie in der Firma gesehen wurde. Allerdings ließ der ermittelnde

    Irgendwann stellte der Steuerberater der Firma bei einer Jahresabrechnung einen Fehlbetrag von fast 40.000 Euro fest. Um den Verdacht von sich abzulenken und auf Anraten des Steuerberaters, habe der Angeklagte dann Strafanzeige gegen eine Büromitarbeiterin auf Verdacht der Unterschlagung gestellt, wie vor Gericht bekannt wurde. Das brachte dem 65-Jährigen noch den Vorwurf der falschen Verdächtigung ein. 

    Der Geschäftsführer lenkte den Verdacht zuerst auf eine Mitarbeiterin, was ihm eine zusätzliche Anklage einbrachte

    Doch dann flog der Schwindel auf, vor allem weil die Mitarbeiterin sich gegen den Vorwurf wehrte. Es folgte die Kündigung. Der Angeklagte entschuldigte sich aber schon im Vorfeld der Ermittlungen bei seinem Arbeitgeber für die Untreue und versprach Wiedergutmachung. Auch ansonsten zog er die Reißleine, besuchte aus eigenen Stücken eine viermonatige Therapie und ist heute noch in einer Selbsthilfegruppe für Spielsucht aktiv. 

    Der Täter-Opfer-Ausgleich spielte im Verlauf der Verhandlung eine wichtige Rolle. Verteidiger Andreas Thomalla rechnete vor, dass die Verbindlichkeiten bis auf wenige Außenstände ausgeglichen wurden. Nicht zuletzt, weil der Angeklagte seine private Altersversorgung dafür nutzte. Weiter gehe er, obwohl nun in Rente, einem Zweitjob nach, um möglichst schnell alle Schäden begleichen zu können. Allerdings müsse er noch einen erheblichen Betrag an seine Bank zurückzahlen. 

    In ihrem Plädoyer sah die Staatsanwältin die Vorwürfe der Anklage bestätigt. Sie forderte eine Haftstrafe von zwei Jahren auf vier Jahre Bewährung und 200 Sozialstunden. Auch sie ging von einer guten Sozialprognose aus. 

    Ein erheblicher Teil der Summe spielte am Ende keine Rolle mehr, weil Taten bereits verjährt waren

    Der Verteidiger hatte schon im Vorfeld drauf hingewiesen, dass einige der Taten verjährt seien. Richter Braun erließ einen entsprechenden Beschluss. Es gehe noch um 153.000 Euro, die weitgehend erstattet worden seien. Thomalla verwies weiter auf das Gutachten, das von einer pathologischen Spielsucht spreche. Für seinen Mandanten spreche die Wiedergutmachung und die freiwillige Teilnahme an einer Therapie bis heute. Auch der Mitarbeiterin habe man die Schäden erstattet. 

    Das Schöffengericht sprach den Angeklagten wegen Untreue in 18 Fällen, des Betrugs, der Urkundenfälschung und wegen falscher Verdächtigung schuldig und verhängte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Aufgrund des Opfer-Täter-Ausgleichs, des umfangreichen Geständnisses und der positiven Sozialprognose könne die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre. In dieser Zeit muss der Angeklagte weiter eine Therapie besuchen. 

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