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Bad Wörishofen: Räuchern im Herbst und Winter: Wie passt das zu Kneipp?

Bad Wörishofen

Räuchern im Herbst und Winter: Wie passt das zu Kneipp?

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    Verbrennender Weihrauch - diesen Duft kennen die meisten von Weihnachten in der Kirche. Neben Weihrauch wird auch gern Myrrhe zum Räuchern verwendet.
    Verbrennender Weihrauch - diesen Duft kennen die meisten von Weihnachten in der Kirche. Neben Weihrauch wird auch gern Myrrhe zum Räuchern verwendet. Foto: Manuel Meyer, dpa (Archivbild)

    Eine enge Verbindung zur Lehre von Pfarrer Sebastian Kneipp verknüpft mit dem alten Wissen um die Wirkung des Räucherns – für Aurelia Nachbauer kein Widerspruch, sondern eine sinnvolle Ergänzung. Angebliche Wintergeister entpuppen sich da womöglich schnell als Schimmelpilze. Für den Stellenwert von Kneipp in Bad Wörishofen findet sie derweil deutliche Worte: Nach dem Verkauf des Sebastianeums habe sie eigentlich einen Aufschrei erwartet.

    Das erste Mal mit Räucherwerk in Verbindung kam Aurelia Nachbauer bei ihrer Oma, die regelmäßig die Wohnräume ausräucherte. Damals von ihr noch belächelt, hatte sie Jahre später ein Erlebnis, dass ihr die Bedeutung des Räucherns bewusst machte. Gemeinsam mit einer Freundin verbrachte sie einige Zeit auf einer Alpe. Als die Kühe sich weigerten in den Sall zu gehen, wusste ein alter Senn Rat. Nach dem Winter müsse der Stall ausgeräuchert werden, um die Wintergeister zu vertreiben. Die beiden befolgten den Ratschlag und die Tiere gingen problemlos in den Stall. 

    „Es müssen ja nicht unbedingt Wintergeister gewesen sein, die da vertrieben wurden“, erklärt Nachbaur lächelnd. „In dem feuchtwarmen Stall waren sicherlich Schimmel und Pilzsporen vorhanden, die durch die antiseptische Wirkung des Rauches abgetötet wurden.“ Seit diesem Erlebnis beschäftigt sich Nachbaur intensiv mit der uralten Tradition des Räucherns und gibt diese Erfahrungen in Vorträgen weiter. „Das Räuchern ist in allen Kulturen und Religionen zuhause und immer ist damit eine Reinigung verbunden, die auch auf spiritueller Ebene wirken kann.“ Nachbaur ist überzeugt davon, dass auch Pfarrer Kneipp die Krankenräume ausgeräuchert hat, auch wenn es dafür keinen Nachweis gibt. „Die Kräuter und die Ordnungstherapie sind zwei der fünf Säulen der Kneipptherapie, die das Räuchern stützen.“ 

    Aurelia Nachbaur beschäftigt sich intensiv mit altem Wissen, alten Sagen und Pfarrer Kneipp.
    Aurelia Nachbaur beschäftigt sich intensiv mit altem Wissen, alten Sagen und Pfarrer Kneipp. Foto: Donath

    Kneipps Ordnungstherapie ist für die Wörishoferin die wichtigste Säule der Kur

    Vor allem die Ordnungstherapie ist für Nachbaur die wichtigste Säule überhaupt, denn nur wenn die Seele gesund sei, könnten die übrigen Säulen, Bewegung, Ernährung, Wasser und Pflanzenheilkunde ihre heilsame Wirkung entfalten. Für sie ist Kneipp ein großes Vorbild. „Er wollte nur Gutes tun, hat trotz der vielen Hindernisse, die ihm in den Weg gelegt wurden, nie aufgegeben und hat nie seinen ganz eigenen Humor verloren.“ Umso trauriger macht es sie, wenn sie sich die Entwicklung und den Stellenwert von Kneipp in Bad Wörishofen ansieht. 

    Welche Rituale und Mythen es in den Raunächten gibt

    Orakeln: Noch heute versuchen wir beim Bleigießen an Silvester in die Zukunft zu blicken. Früher glaubten die Menschen, dass die Ereignisse in den Raunächten Auskunft über die kommenden zwölf Monate geben.

    Tiere: Angeblich sprechen die Stalltiere in manchen Raunächten. Die Legende sagt jedoch: Wer sie hört, stirbt unmittelbar danach.

    Heirat: Ledige Frauen können um Mitternacht an einem Kreuzweg ihren künftigen Bräutigam sehen, hieß es im 19. Jahrhundert. Ihn anzusprechen oder ihm nachzuschauen, bedeutete aber den Tod.

    Unordnung: Einer Legende zufolge stehlen die Reiter der wilden Jagd die Wäsche von der Leine und benutzen sie im Laufe des Jahres als Leichentuch für den Besitzer.

    Böllern: Raketen und Böller gehören zu Silvester. Was kaum noch einer weiß: Damit sollten früher die bösen Geister vertrieben werden.

    Räuchern: Je nach Tradition benutzen die Menschen Weihrauch oder auch Kräuter, um Haus und Hof aus-zuräuchern. Durch die Segnung glaubte man, Geister und Dämonen abwehren zu können und somit vor Unglück bewahrt zu werden. (chi)

    Nach dem Verkauf des Sebastianeums hätte sie eigentlich einen Aufschrei quer durch Bad Wörishofen erwartet, sagt die Geschäftsfrau, die in der Fußgängerzone ihren Laden betreibt. „Das Erbe von Sebastian Kneipp wird verheizt. Bad Wörishofen hat Kneipp so viel zu verdanken. Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, was mit der Gesundheitslehre von Kneipp passiert.“ Diese würde immer mehr von „Wohlfühlbehandlungen“ verdrängt, dabei habe man mit der Kneippschen Gesundheitslehre ein einzigartige Therapiemöglichkeit, gegen viele Leiden an der Hand. Über die Gründe könne man nur spekulieren. Sie vermutet, dass Bad Wörishofen zu sehr in der Vergangenheit lebe. „Das Hauptproblem von Bad Wörishofen ist, dass man zu wenig nach vorn schaut.“ Vielleicht sei die Kneippsche Lehre auch zu simpel. Schließlich könnten die fünf Säulen mit einfachen Mitteln von jedem zuhause angewendet werden.

    Sie wünscht sich, dass die Menschen wieder mehr zur Ruhe kommen und sich auf das Wesentliche besinnen. Gerade die Vorweihnachtszeit eigne sich sehr gut dafür. Und warum sich nicht wieder mehr auf die alten Bräuche besinnen? „In die Natur gehen, Kraftplätze aufsuchen wie beispielsweise beim versunkenen Schloss oder der Mariengrotte zwischen Bad Wörishofen und Schlingen und dort einfach mal eine Weile in Ruhe sitzen bleiben und die Natur auf sich wirken lassen, das würde auch Pfarrer Kneipp den Menschen heute verordnen.“ 

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