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Bad Wörishofen: Rätselraten um kiloweise Cannabis

Bad Wörishofen

Rätselraten um kiloweise Cannabis

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    Mariuhana in größerer Menge brachte einen Bad Wörishofer Drogendealer und seine wichtigste Kundschaft vor Gericht.
    Mariuhana in größerer Menge brachte einen Bad Wörishofer Drogendealer und seine wichtigste Kundschaft vor Gericht. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Bis Drogen zum „Endverbraucher“ gelangen, sind sie meist durch die Hände vieler Zwischenhändler gegangen. Einer davon ist Thomas M. (Namen der Beteiligten geändert). Er hat in Bad Wörishofen 2009 bis 2010 rund 30 Kilogramm Marihuana vertrieben. Vergangenes Jahr wurde er von einem anderen Dealer verraten und daraufhin zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Um eine mildere Strafe zu erwirken, gab Thomas M., der laut eigenen Angaben Ende 2010 aus dem

    Vier Personen schrieb der 31-Jährige auf eine Liste - einer ist ein Arbeitskollege, die anderen drei sind Bekannte, zu der Zeit alle in Bad Wörishofen wohnhaft. Seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft Memmingen gegen die drei Unterallgäuer: Einer von ihnen, John S., musste sich nun vor dem Memminger Landgericht verantworten. Er behauptete dort: Thomas M. lügt.

    Mann soll mehrere Kilo Marihuana eingekauft haben

    Bei einer Hausdurchsuchung im April 2014 bei John S. fand die Polizei rund 35 Gramm Marihuana, die waren jedoch zum Eigenbedarf gedacht, sagt der 32-Jährige aus Bad Wörishofen. Er habe starke Probleme mit dem Rücken und sei deshalb auf Schmerzmittel angewiesen. Weil gewöhnliche Medikamente jedoch Schwindel und Übelkeit erzeugen würden, greife er auf Marihuana zurück, wie sein Anwalt in einer Stellungnahme vorliest. Den Besitz geringer Mengen von Marihuana räume er daher ein. Dass er von Thomas M. Drogen gekauft und damit gehandelt habe, stimme jedoch nicht.

    Thomas M. gab vor Gericht an, dass John S. insgesamt vier Kilogramm Cannabis bei ihm gekauft, teilweise selbst geraucht und auch weiterverkauft habe. Fünf Lieferungen habe es gegeben, zunächst in 500 Gramm schweren Paketen, später habe er im Kilobereich eingekauft. Die Übergabe soll in S. Wohnung stattgefunden haben. „Wir haben uns über unsere Freundinnen kennen gelernt“, erinnert sich Thomas M., „ich habe sofort gesehen, dass er Kiffer ist. Habe ihn direkt angesprochen, ob er ins Geschäft einsteigen will.“ 7500 Euro pro Kilogramm habe er ungefähr verlangt, für 5900 Euro habe er es von seinen Händlern bekommen. Für wie viel seine Kunden es dann verkauft haben, wisse er nicht. Der Angeklagte, der den Blickkontakt mit Thomas M. mied, sieht in den Anschuldigungen eine Racheaktion. S. und seine Frau seien nur mit der Exfreundin von Thomas M. befreundet gewesen und hätten ihr geraten, M. wegen andauernder Streitereien zu verlassen. Der allerdings sagt, dass in der Beziehung alles in Ordnung gewesen sei.

    Marihuana-Prozess: Zeugen reden sich um Kopf und Kragen

    Die weiteren von M. Beschuldigten waren als Zeugen im Prozess gegen John S. geladen. Während der Arbeitskollege von Thomas M. schwieg, redeten sich die zwei weiteren Zeugen, Stefanie H. und Kevin P., laut Staatsanwalt Simon Rimpel „um Kopf und Kragen“.

    Kevin P. erzählte von seiner langjährigen Freundschaft zu John S., von seinem Drogenkonsum wisse er allerdings nichts. Dafür könne er bestätigen, dass der Angeklagte öfter unter Schmerzen leide. Mit der ebenfalls beschuldigten Stefanie H. sei er 2009 und 2010 zusammen gewesen. Auch sie habe nichts mit Drogen am Hut. Warum Thomas M. ihn als Kunde angegeben habe, wisse er nicht. Er kenne M. nicht einmal. Nachdem Kevin P. immer wieder den Fragen auswich und sich unwissend gab, mahnte ihn Richter Florian Förschner, mit dem „Herumeiern“ aufzuhören. Schließlich räumte der Zeuge ein, „ab und zu mit John und Stefanie gekifft“ zu haben.

    Auch seine Ex-Freundin Stefanie H. machte das Gericht ungeduldig. Zunächst gab sie an, den Angeklagten seit der Arbeit in einem großen Bad Wörishofer Unternehmen vor zehn Jahren nicht mehr gesehen zu haben. Später erzählte sie jedoch, dass man sich hin und wieder getroffen habe. Auch beim Drogenkonsum schien sie sich unsicher zu sein: Erst gab sie an, kein Marihuana konsumiert zu haben, änderte ihre Meinung aber, als sie von Kevin P.s Aussage hörte. Von Thomas M. habe sie aber niemals Drogen gekauft.

    Anfang 2000 habe sie eine Beziehung mit M. geführt, erzählt die 30-Jährige. Nach zwei Jahren habe sie sich jedoch zu dessen besten Freund hingezogen gefühlt und sei mit ihm zusammengekommen. Danach hätte sie nichts mehr von M. gehört, bis er ihr 2009 vor „der Haustür auflauerte“ und sie bedrängte. Anschließend sei es zu einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen.

    Die Geschichte des Drogendealers entspreche in Teilen der Wahrheit

    Thomas M. habe sich danach wieder gemeldet, wegen ihrer Partnerschaft mit Kevin P. hätte sie jedoch keinen Kontakt gewollt.

    Diese Aussage bestärkte John S. Verteidiger Florian Wurtinger in seiner Theorie, Thomas M. habe sich mit seiner Aussage nur rächen wollen. John S. habe seine Beziehung sabotiert und Stefanie H. habe ihm die erneute Beziehung verweigert, weil sie mit Kevin P. zusammen war. Deshalb habe Thomas zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollen: Seine Haftstrafe durch das Nennen von Käufern mindern und seine „Feinde“ bestrafen.

    Staatsanwalt Simon Rimpel stellte sich allerdings auf die Seite von Thomas M. „Ich glaube ihm zu 100 Prozent“, sagte er. Hierfür spreche, dass er sich noch an genaue Details der Geschäfte erinnere. Ein Brief an einen der Beschuldigten, in dem Thomas M. erklärt, warum er ihn verraten hat, weise laut dem Staatsanwalt auch auf M.s Ehrlichkeit hin.

    Das sah das Gericht unter dem Vorsitz von Richterin Brigitte Grenzstein ähnlich.

    Die Geschichte von Thomas M. entspreche zumindest in Teilen der Wahrheit, hieß es bei der Urteilsverkündung. Dass John S. vier Kilo Marihuana eingekauft und gehandelt hat, könne jedoch nicht eindeutig nachgewiesen werden – er wurde in diesem Anklagepunkt freigesprochen. Neben mangelnden Beweisen gebe es außerdem noch viele Unstimmigkeiten zwischen den Aussagen. Für den Besitz von rund 35 Gramm weicher Drogen muss John S., der bereits mehrfach vorbestraft ist, 90 Tagessätze zu je 30 Euro Strafe zahlen.

    Staatsanwalt Rimpel kündigte an, dass er gegen Kevin P. und Stefanie H. ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage eröffnen werde. Er konnte sich noch nicht festlegen, ob er das Urteil über John S. anfechten wird.

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