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Bad Wörishofen: MZ-Adventskalender: Mit dieser Elf lebt man auf großem Fuß

Bad Wörishofen

MZ-Adventskalender: Mit dieser Elf lebt man auf großem Fuß

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    Jochen Scharpf ist der letzte aktive Schuhmachermeister Bad Wörishofens, der Kneipp-Sandalen herstellt - bis zur englischen Schuhgröße 11. 
    Jochen Scharpf ist der letzte aktive Schuhmachermeister Bad Wörishofens, der Kneipp-Sandalen herstellt - bis zur englischen Schuhgröße 11.  Foto: Kathrin Elsner

    Jochen Scharpf führt die seit 1925 bestehende Familientradition fort und ist Schuhmachermeister in dritter Generation. Heute ist er der Einzige, der in der Kneippstadt noch original Kneipp-Sandalen herstellt. Die größtmögliche Schuhgröße ist hierbei die englische Größe 11, die einer deutschen 46 entspricht. "Die Füße der Menschen werden tendenziell größer", verrät er, jährlich produziere er in etwa zehn Paare dieser großen Größe. 

    "Zu Kneipps Zeiten gab es rund 20 Schuhmacher in Bad Wörishofen", erzählt Jochen Scharpf und ist dankbar, dass er auch heute noch als letzter seiner Zunft vor Ort original Kneipp-Sandalen herstellen kann. "Das Handwerk hat mich schon als Kind fasziniert", erzählt er. Mit den eigenen Händen Schuhe herzustellen, in denen die Menschen besonders gut laufen können, sei eine sehr schöne Arbeit. Die Kneipp-Sandale mit ihrem einzigartig ausgearbeiteten Korkfußbett werde auch heute noch gut nachgefragt, freut er sich. "Ich habe das ganze Jahr Arbeit", erzählt er, den Winter über werde er nun zahlreiche Kneipp-Sandalen herstellen und sein Lager wieder auffüllen. "Das kann ich nur, weil meine Frau Waltraud und unsere Verkäuferinnen mir den Rücken freihalten", sagt der Orthopädieschuhmachermeister.

    Für ein Paar Kneipp-Sandalen braucht man in Bad Wörishofen 82 Einzelteile

    20 Arbeitsschritte sind nötig, bis ein Paar Kneipp-Sandalen fertig ist. Pro Paar werden 82 Teile verarbeitet. Der Schuhmachermeister setzt hierbei auf natürliche Materialen, auf Wunsch verarbeite er sogar pflanzlich gegerbte Leder, die für Allergiker sehr gut geeignet seien. Mit Spezialmaschinen, die heute gar nicht mehr produziert werden, vernäht Scharpf in der "California-Machart" den Bezug des Fußbettes und die Lederriemen innen und damit so elegant, dass man die Naht nicht sieht. Der Wiedererkennungswert der Kneipp-Sandalen sei so hoch, dass Freunde sogar einmal auf Mallorca vom Hotel-Rezeptionisten nach einem Blick auf die Füße mit dem Spruch begrüßt wurden: "Gell, ihr seid aus Wörishofen?" 

    Prominente aus vielen Teilen der Welt erhielten Kneipp-Sandalen aus Bad Wörishofen

    Früher sei es Tradition gewesen, führenden Politikern bei einem Besuch in Bad Wörishofen Kneipp-Sandalen zu überreichen, erinnert sich Jochen Scharpf. So sei beispielsweise Edmund Stoiber in den Besitz von handgemachten Kneipp-Sandalen gekommen. Auch der damalige Kanzler Helmut Kohl, noch viel früher Erzherzog Josef von Österreich oder auch ein Maharadscha trugen sie. 

    Jochen Scharpf hat am 24. Dezember gleich doppelt Grund zum Feiern

    Für die Zukunft der Kneipp-Sandale wünsche er sich, dass sie nicht in Vergessenheit gerate, sagt Scharpf nachdenklich. Einen Nachfolger habe er nicht. Doch bis die Familientradition endet, wird er noch viel Schuhwerk produzieren. Scharpf wird in ein paar Tagen 62 Jahre alt - an einem besonderen Tag. "Ich bin sozusagen ein Christkind", verrät er schmunzelnd, und so wird am 24. Dezember eine weitere Tradition fortgeführt: Ein Geburtstags-Weißwurstfrühstück im Lager für den Freundeskreis, bevor der Heilige Abend im Kreise der Familie beginnt. 

    Mit diesem Artikel setzen wir den MZ-Adventskalender fort. Jeden Tag bis Heiligabend geht es um eine neue Zahl, zu der wir eine Geschichte erzählen.

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