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Bad Wörishofen: „Misstrauensvotum“ gegen Welzel bleibt hinter verschlossenen Türen

Bad Wörishofen

„Misstrauensvotum“ gegen Welzel bleibt hinter verschlossenen Türen

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    Im Mai 2020 wurde Stefan Welzel als 
neuer Bürgermeister von Bad Wörishofen vereidigt.
    Im Mai 2020 wurde Stefan Welzel als neuer Bürgermeister von Bad Wörishofen vereidigt. Foto: Marcus Barnstorf (Archivfoto)

    Der Stadtrat von Bad Wörishofen hat geschlossen eine Sondersitzung beantragt, um die Vorwürfe gegen Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) zu klären und über mögliche Konsequenzen zu entscheiden. In dem Antrag, der auch unserer Redaktion vorliegt, werden Beschlüsse formuliert, die Welzels Kompetenzen erheblich einschränken sollen. Jetzt ist durchgesickert, wann diese mit Spannung erwartete Sitzung stattfinden wird.

    Hintergrund ist ein seit Monaten immer weiter ausufernder Streit über massenhafte Abwanderungen von Rathauspersonal und ein öffentlich eskalierter Streit zwischen Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) und seinem Parteikollegen Tim Hentrich, in dem es um Mobbingvorwürfe geht. Als zwischenzeitlichen Höhepunkt hatte Welzel seinem Parteifreund, Kämmerer, Wirtschaftsförderer und zeitweise auch noch Geschäftsleiter den Zutritt ins Rathaus verboten.

    Das Bad Wörishofer Rathaus sorgt auch bundesweit für Schlagzeilen

    Auch bundesweit kommt Bad Wörishofen damit in die Schlagzeilen: DieSüddeutsche Zeitung berichtete mehrfach über die „massenhafte Personalflucht“ im Bad Wörishofer Rathaus und zuletzt auch über den Antrag des Stadtrates auf eine Sondersitzung, den die SZ als „klares Misstrauensvotum“ gegen Welzel einordnet. „Inkonsequent und undemokratisch“ sei jedoch, dass die Debatte über angebliche Defizite in Welzels Personalführung nicht öffentlich stattfinden soll. 

    Doch dabei bleibt es offenbar, wie eine Anfrage unserer Redaktion bei den Fraktionen ergab. Am Mittwoch, 30. August, um 18.30 Uhr, wird der Stadtrat zu der beantragten Sondersitzung zusammenkommen. Die Öffentlichkeit soll dabei ausgeschlossen werden. „Wir haben aus gutem Grund eine nicht öffentliche Sitzung beantragt“, antwortete Grünen-Fraktionschefin Doris Hofer(Grüne) auf eine entsprechende Anfrage. Welcher Grund dies ist, erklärte Hofer allerdings nicht. Die Grünen-Politikerin spielt als Personalreferentin eine entscheidende Rolle in dem Antrag, ihr sollen ebenso wie dem Personalrat demnach weitreichende Mitspracherechte bei personellen Entscheidungen eingeräumt werden. 

    Auch Zweiter Bürgermeister Daniel Pflügl (Grüne) ist nach wie vor überzeugt, dass es richtig sei, die Sondersitzung ohne Öffentlichkeit abzuhalten: Zwar könne er das öffentliche Interesse „durchaus nachvollziehen“, so Pflügl. Doch „wenn wir die Sitzung öffentlich machen würden, könnten wir nur sehr allgemein, nicht aber über ganz konkrete Personen und Vorgänge, bestimmte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreffend, sprechen.“ Für Pflügl steht fest: „Personalangelegenheiten dürfen nur nicht öffentlich behandelt werden, was nichts mit Verschleierungstaktik, sondern mit dem Schutz von Persönlichkeitsrechten zu tun hat.“

    Jürgen Thiemann, Fraktionsvorsitzender von SPD/ÖDP will ebenso wie seine Stadtratskollegen keinen Antrag auf Herstellung der Öffentlichkeit stellen, denn: „Ich hoffe, dass wir Interna aus dem Rathaus erfahren, die zum Schutz der Mitarbeiter die Öffentlichkeit nichts angehen.“ Die CSU-Fraktionsvorsitzende und Dritte Bürgermeisterin Michaela Bahle-Schmidwill ebenfalls keine Öffentlichkeit, da "die Sondersitzung dazu gedacht ist, die Fluktuation im Rathaus seit 2020 zu beleuchten und da geht es selbstverständlich um sensible Personalangelegenheiten und den Schutz von Persönlichkeitsrechten." Alexandra Wiedermann (FDP) verwies auf die Verschwiegenheitspflicht. Sebastian Dietrichvon der Generation Fortschritt hat sich nicht gemeldet.

    FW-Stadtrat und Ex-Bürgermeister Paul Gruschka rechnet mit einer stundenlangen Sondersitzung

    Die Freien Wähler trafen sich am Sonntagabend zu einer Fraktionssitzung, um sich auf die Sitzung am Mittwoch vorzubereiten. Auf Anfrage unserer Redaktion machte Welzels Vorgänger im Amt des Bad Wörishofer Bürgermeisters, FW-Stadtrat und stellvertretender Fraktionsvorsitzender Paul Gruschka, deutlich, dass auch die Stadtratsfraktion Freie Wähler keinen Antrag stellen wird, dass die Sondersitzung öffentlich behandelt wird, da Personalangelegenheiten in Einzelfällen in der Regel in nicht öffentlichen Sitzungen zu behandeln sind. Gruschka verweist auf die Geschäftsordnung des Stadtrates der Stadt Bad Wörishofen.

    Nachdem immerhin der schwere Vorwurf „Mobbing“ gegen den Bürgermeister öffentlich erhoben wurde, bestehe die Stadtratsfraktion Freie Wähler „auf umfassende Aufklärung zu allen Umständen in allen Einzelfällen“. Diese Information könne nur in einer nicht öffentlichen Sitzung erfolgen und dürfte einige Stunden in Anspruch nehmen, so Gruschka: „Auch wir sind der Meinung, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit der Stadtratssitzungen ein hohes Rechtsgut darstellt, und setzen uns bei jeder Sitzung für die Einhaltung dieses Grundsatzes ein.“

    Das bedeute, dass die Stadtratsfraktion Freie Wähler „auch bei der Sondersitzung darauf achten wird, dass z. B. Beschlüsse, die möglicherweise eine Änderung der Geschäftsverteilung zwischen dem Ersten Bürgermeister und dem Stadtrat beinhalten, also eine Änderung der Geschäftsordnung, natürlich in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung gefasst werden, zu der dann selbstverständlich auch die Presse einzuladen ist“.

    Der Bayerische Journalistenverband (BJV) weist in einer Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion ausdrücklich darauf hin, dass Stadtratssitzungen „grundsätzlich öffentlich abzuhalten“ seien. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit müsse allerdings laut Gesetz erst einmal vom Stadtrat beschlossen werden. 

    Die Öffentlichkeit der Sitzungen stelle ein hohes Rechtsgut dar, so ein Sprecher des BJV. Der Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit der Sitzung führe nach neuerer Rechtsprechung desBayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Unwirksamkeit des gefassten Beschlusses. Die Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes stelle „einen gravierenden Verstoß gegen tragende Verfahrensprinzipien der Kommunalverfassung dar, der in jedem Fall die Ungültigkeit des Satzungsbeschlusses zur Folge habe“,so der BJV mit Hinweis auf eine entsprechende Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (BayVGH BayVBl. 2009, 344 f.)

    Aus Sicht des BJV wäre es daher denkbar, dass ein Stadtratsmitglied einen entsprechenden Antrag auf Öffentlichkeit der Sitzungen/Zulassung der Presse stellt. Eine Ausnahme von der Öffentlichkeit einer Sitzung sei „nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen“. Eine Fallgruppe hiervon sind unter anderem Personalangelegenheiten. Ob solche direkt oder indirekt Thema der Sitzung sein sollen, sei in diesem Fall schwierig einzuschätzen. Für eine Personalangelegenheit spreche die explizite Nennung der Person des Stadtkämmerers. Dagegen stehe die Thematik der Mitarbeiterflucht als Phänomen. Sollte daher der Stadtkämmerer erklären, dass ihm an einer öffentlichen Sitzung gelegen ist, wäre dem Ausschluss der Öffentlichkeit wohl die Grundlage entzogen, so der Syndikusrechtsanwalt des Bayerischen Journalistenverbandes. 

    Stadtkämmerer Tim Hentrich hat „großes Vertrauen“ in die Arbeit des Bad Wörishofer Stadtrates

    Stadtkämmerer Tim Hentrich will gegenüber unserer Redaktion auch weiterhin nicht zu den internen Vorgängen im Bad Wörishofer Rathaus rund um seine Person Stellung nehmen. Den Grundsatz der Öffentlichkeit verstehe und teile er, denn: „Der Bürger hat natürlich einen Anspruch darauf zu erfahren, was mit seinen Steuergeldern passiert.“

    Er werde derzeit dennoch keine entsprechende Erklärung abgeben, um die Möglichkeit zu eröffnen, die Öffentlichkeit zu der Sondersitzung zuzulassen. 

    Hentrich legt Wert auf die Feststellung, dass er „großes Vertrauen“ in die Arbeit des Stadtrates habe, der sich über die Frage der Öffentlichkeit sicher intensiv Gedanken gemacht habe. Zudem wolle er vermeiden, dass dadurch Bürgermeister Welzel „noch mehr Gelegenheit zur öffentlichen Bühne für falsche Behauptungen über meine Person gegeben wird“, so Hentrich auf die Anfrage unserer Redaktion. 

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