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Bad Wörishofen: Sommerbauverbot: Ausnahme fürs Kreuzer-Areal Bad Wörishofen

Bad Wörishofen

Sommerbauverbot: Ausnahme fürs Kreuzer-Areal Bad Wörishofen

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    Direkt an der Fußgängerzone von Bad Wörishofen entsteht ein großes Gebäude in Holzbauweise mit Wohnungen, Büros und Ladengeschäften. Der Investor hat das Projekt mittlerweile „Das Stammhaus“ getauft.
    Direkt an der Fußgängerzone von Bad Wörishofen entsteht ein großes Gebäude in Holzbauweise mit Wohnungen, Büros und Ladengeschäften. Der Investor hat das Projekt mittlerweile „Das Stammhaus“ getauft. Foto: Pressefoto M.i.S., Mindelheim / Bernd Feil/M.i.S. / Bernd Feil/M

    Eine Großbaustelle in der Hochsaison direkt an der Fußgängerzone – dieser Gedanke stieß am Montagabend weder im Stadtrat noch bei den Bad Wörishofer Hoteliers auf große Begeisterung. Zwei Sommer lang will die Binova Bad Wörishofen GmbH auf dem ehemaligen Kreuzer-Areal durchbauen. Dazu ist eine Ausnahme vom faktischen Sommerbauverbot nötig. Am Ende einer intensiven Debatte stand dann allerdings ein Kompromiss.

    Auf einem Teil des früheren Hotels Kreuzers investiert die Binova nach eigenen Angaben mehr als 30 Millionen Euro in das größte Bauwerk an der Fußgängerzone seit Jahrzehnten. Es geht um 4120 Quadratmeter. Entstehen sollen zirka 70 Wohnungen für fast 170 Menschen, zudem rund 1300 Quadratmeter Gewerbefläche im Erdgeschoss und rund 300 Quadratmeter Büroflächen in den Obergeschossen. Bislang hat sich Binova an das Sommerbauverbot gehalten, nun möchte das Unternehmen den Bau beschleunigen. Derzeit sind vier Jahre Bauzeit vorgesehen, das Gebäude wäre damit Anfang 2027 fertig. Vom 1. Mai bis zum 15. Oktober muss die Baustelle pausieren, da die strenge Lärmschutzverordnung Bad Wörishofens einem Sommerbauverbot gleichkommt.

    So soll das neue Gebäude an der Fußgängerzone einmal aussehen. Die Farbe der Fassade wurde angepasst.
    So soll das neue Gebäude an der Fußgängerzone einmal aussehen. Die Farbe der Fassade wurde angepasst. Foto: Beer Bembe Dellinger Architekten / Binova GmbH

    Ausführlich legte das Unternehmen dar, warum nun eine Ausnahme nötig sei. Damit würde das Gebäude schon Ende 2024 fertig. Neue Ladenflächen für die Fußgängerzone stünden viel früher zur Verfügung, ebenfalls die Tiefgarage mit etwa 150 Plätzen. Bad Wörishofen würde zudem früher Steuern aus dem Projekt einnehmen. Nicht zuletzt stünden dringend benötigte Wohnungen viel früher zur Verfügung. Wie hoch der Anteil an Mietwohnungen sein wird, stehe aber noch nicht fest, berichtete Ordnungsamtsleiter Andreas Létang. Erfahrungsgemäß liege der Anteil bei 40 Prozent, trug er vor.

    Bei einer vierjährigen Bauzeit sieht man beim Investor Binova die Wirtschaftlichkeit des Projektes in Bad Wörishofen gefährdet

    Klar wurde aber auch, dass es im Bauträgergeschäft derzeit nicht einfach ist. Gestiegene Baukreditzinsen, Lieferengpässe und hohe Baukosten machen auch Binova zu schaffen, ein Ende sei nicht absehbar. Interessenten für Wohnungen und Büros könne man die lange Wartezeit samt möglichen Zwischenfinanzierungen nicht mehr zumuten. Im Hochbau gebe es bereits eine „außergewöhnlich erhöhte Stornierungsrate“ von Bauprojekten durch Investoren. Bleibt es bei einer vierjährigen Bauzeit auf dem Kreuzer-Areal, sehe man die Wirtschaftlichkeit des Projektes gefährdet.

    Direkt an der Fußgängerzone entstehen Wohnungen, Büros und Läden auf dem Kreuzer-Areal.
    Direkt an der Fußgängerzone entstehen Wohnungen, Büros und Läden auf dem Kreuzer-Areal. Foto: Bernd Feil/M.i.S.

    Binova sicherte zu, die Belange der Hoteliers und anderen Anlieger zu berücksichtigen. Durch die geplante Bauweise der Tiefgarage sei Lärm stark abgeschirmt. Sobald die ersten Gebäudeteile in L-Form stehen, würden diese zudem als Schallschutzwand zur Fußgängerzone wirken. Zweiter Bürgermeister Daniel Pflügl (Grüne) beantragte daraufhin, dass die Hoteliers im Stadtrat gehört werden – und erfuhr, dass dies aufgrund der Geschäftsordnung des Rates nicht möglich sei. Sebastian Seemüller durfte dann trotzdem sprechen. „Wir wollen das nicht verhindern“, hatte zuvor Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) betont. 

    Selbst der Atomschutzbunker in Bad Wörishofen musste seinerzeit im Winter gebaut werden, erinnert Sebastian Seemüller

    Seemüller sagte, die Lage sei diesmal anders als beim Großprojekt Löwenbräu-Arkaden, für das ebenfalls eine Ausnahme vom Sommerbauverbot gewährt wurde. Dort gebe es in der Nachbarschaft kaum Hotels oder Gastronomie, rund um das Kreuzer-Areal dagegen schon. Auch die Musikmuschel sei in der Nähe, dort finden die Kurkonzerte statt. „Die meisten Argumente des Investors sind dabei wirtschaftlicher Natur“, betonte Seemüller. Binova versuche, die Nachbarschaft einzubinden, aber es sei „die Überschreitung einer Linie, die seit 46 Jahren gilt“, sagte Seemüller. Sogar die Kurhaus-Tiefgarage, immerhin „ein Atomschutzbunker“, wie Seemüller betonte, sei im Winter gebaut worden. Bei den Hoteliers herrsche deshalb „eine gewisse Unzufriedenheit“, berichtete Seemüller.

    Blick in den künftigen Kreuzer-Park.
    Blick in den künftigen Kreuzer-Park. Foto: Peter Bauer/NMJJ

    Investor Willi Schmeh kam anschließend ebenfalls zu Wort. Er betonte, dass die Fassade in Holzbauweise schnell errichtet werden könne, die ersten Gebäudeteile als Schallschutz dienten. Man könne noch mobilen Schallschutz ergänzen, falls das nicht reicht. Durch die enge Verbindung zum Bauunternehmen Geiger sie man zudem flexibel bei der Planung von lauten Arbeiten, sagte Schmeh. So könne man Rücksicht auf Belange der Stadt nehmen.

    Im Stadtrat tat man sich sichtlich schwer mit einer Entscheidung. Paul Gruschka (FW) sagte, er sei für eine Ausnahme, der Vorschlag sei ausgewogen. Er wollte wissen, was Bürgermeister Welzel dazu sagt und welche Meinung die Nachbarn vertreten. Welzel berichtete, dass das Sebastianeum als direkter Nachbar nichts gegen eine Ausnahme habe. Er selbst halte sie für vertretbar. Was die Nachbarn im ehemaligen Hotel Kreuzer davon halten, sei nicht bekannt, berichtete Ordnungsamtsleiter Létang.

    Im Stadtrat tut man sich schwer mit einer Entscheidung für dieses sensible Gebiet

    Gruschka sagte, die rund 70 Wohnungen würden auch der Hotellerie helfen, weil dadurch auch neuer Wohnraum für Beschäftigte entstehe. Zudem laufe die Baustelle bereits seit zwei Jahren und „schön sieht das auch nicht aus“, betonte Gruschka. Besser sei es, schnell fertig zu werden. FW-Fraktionsvorsitzender Thomas Vögele wiederum sagte, er werde dieser Ausnahme nicht zustimmen. Er habe damals beantragt, die Lärmschutzverordnung abzuschaffen, erinnerte Vögele. „Wir als Wörishofer dürfen nichts machen, Unternehmen dagegen machen, was sie wollen“, sagte Vögele. „Ich sehe hier keine Gerechtigkeit mehr“, kritisierte er. „Ich bin für alle Bürger da, nicht nur für Großunternehmer.“

    Der Bebauungsplan für das Kreuzer-Areal, auf dem ein Gebäude mit Wohnungen, Büros und Ladenschäften entstehen soll.
    Der Bebauungsplan für das Kreuzer-Areal, auf dem ein Gebäude mit Wohnungen, Büros und Ladenschäften entstehen soll. Foto: Beer Bembé Dellinger Architekten

    Paola Rauscher (Grüne) erinnerte daran, dass Investor Schmeh einst gesagt hatte, er könne mit dem Sommerbauverbot leben. „Darum habe ich damals zugestimmt“, betonte Rauscher. Sie sprach sich gegen eine Ausnahme aus. „Wir torpedieren unsere eigenen Erfolgsfaktoren“, kritisierte sie. Die Lärmschutzverordnung sei „ein wunderbares Pfund“.

    Daniel Pflügl sagte, er sei „ein bisschen enttäuscht“. Man habe ja immer gehört, dass das Sommerbauverbot bei diesem Projekt nicht störe. Bei den Löwenbräu-Arkaden habe der Investor dagegen von Beginn an gesagt, dass er eine Ausnahme beantragen werde. Dass er sich ausführlichere Gespräche des Investors mit den Hoteliers gewünscht hätte, machte Pflügl ebenfalls deutlich. „Ich tue mich brutal schwer mit der Entscheidung“, betonte er. „Ich stehe zu dem Projekt und freue mich, wenn es fertig ist“, sagte Pflügl. Einem Kompromiss könne er wohl zustimmen. 

    Am Ende beschließt der Stadtrat für das Kreuzer-Areal eine Kompromiss-Lösung

    Diesen hatte zuvor Grünen-Fraktionsvorsitzende Doris Hofer ins Gespräch gebracht: eine Ausnahme für den Sommer 2023, dafür Ruhe im Sommer 2024. Dafür setzte sich auch Jürgen Thiemann (SPD) ein. Von einer „sensiblen Geschichte“ sprach Dritte Bürgermeisterin und CSU-Fraktionsvorsitzende Michaela Bahle-Schmid. In der Fraktion halte man eine Ausnahme gleichwohl für machbar. Investor Schmeh versuchte dann noch einen Brückenbau mit der Bitte, wenigstens den Mai 2024 noch zu genehmigen. Dann könne man im Juni sehen, ob der Schallschutz ausreichend ist. Er würde gerne durchbauen. Für einen Holzbau sei es immer schlecht, wenn er offen stehen bleibt, sagte Schmeh.

    Der Architektenwettbewerb fürs Kreuzer-Areal in Bad Wörishofen entschieden. Das Gebäude, das entstehen soll, ist im Modell in Holzbauweise zu sehen. Das große Gebäude rechts im Bild ist das Kurhaus von Bad Wörishofen.
    Der Architektenwettbewerb fürs Kreuzer-Areal in Bad Wörishofen entschieden. Das Gebäude, das entstehen soll, ist im Modell in Holzbauweise zu sehen. Das große Gebäude rechts im Bild ist das Kurhaus von Bad Wörishofen. Foto: Markus Heinrich

    „Warum haben wir uns eigentlich nicht früher deshalb zusammengesetzt?“, kritisierte Dominic Kastner, der Fraktionsvorsitzende von Generation Fortschritt. „Entweder sind unsere Regeln Quatsch oder wir müssen uns daran halten – oder wir müssen das mal überarbeiten“, sagte er. Es wirke „undurchsichtig, wer eine Ausnahme bekommt und wer nicht“.

    „Wir müssen froh sein, wenn der Investor das schnell durchzieht“, sagte dagegen Alexandra Wiedemann (FDP). „Sonst haben wir da drei Jahre lang eine Baustelle.“ Das Kurkonzert könne im Sommer auch im Kurpark oder im Kurtheater stattfinden. Paul Gruschka und Ludwig Kreuzer (CSU) regten an, die Ausnahme bis Ende Mai 2024 zu genehmigen. „Das wäre ein Kompromiss“, befand auch CSU-Fraktionsvorsitzende Bahle-Schmid.

    In der Abstimmung dreier Möglichkeiten fiel die gewünschte Ausnahme über zwei Sommer mit 8:13 Stimmen durch. Beschlossen wurde dann mit 16:5 Stimmen, dass Binova im Sommer 2023 und bis zum 31. Mai 2024 durchbauen darf. Bürgermeister Welzel sagte, die Liste der Auflagen sei dabei strenger als bei den Löwenbräu-Arkaden. An Wochenenden und Brückentagen darf trotz Ausnahme nicht gearbeitet werden, die Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr müsse grundsätzlich eingehalten werden, Ausnahmen sind möglich. Der Investor muss die Stadt zwei Wochen vorher über lärmintensive Arbeiten informieren. 

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