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Bad Wörishofen: Kein Klimageld, höhere Kosten für Pflege und Energie: Betroffene berichten

Bad Wörishofen

Kein Klimageld, höhere Kosten für Pflege und Energie: Betroffene berichten

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    Warm anziehen muss sich die ältere Generation nicht nur aufgrund der gestiegenen Energiekosten, auch die hohen Pflegekosten werden für viele zum Problem 
    Warm anziehen muss sich die ältere Generation nicht nur aufgrund der gestiegenen Energiekosten, auch die hohen Pflegekosten werden für viele zum Problem  Foto: Kathrin Elsner

    Durch die gestiegene CO₂-Besteuerung sind Tanken und Heizen teurer geworden. Die Einnahmen der CO₂-Besteuerung sollten eigentlich am Ende eines Jahres in Form von "Klimageld" pauschal an alle Bürger ausgeschüttet werden, um eine zusätzliche Steuerlast zu vermeiden, nun kommt es vorerst doch nicht. Gemeinsam mit steigenden Lebensmittel- und Pflegekosten wird das besonders für ältere Menschen zum Problem. "Wir haben mit vielen Bedürftigen zu tun, da ist immer wieder die Not groß", sagt Peter Fischer von der Bürgerhilfsstelle der Stadt Bad Wörishofen

    Steigende Energie- und Lebensmittelkosten machten immer mehr Menschen Sorgen, die Klagen nehmen zu. Das berichtet Peter Fischer von der Bürgerhilfsstelle Bad Wörishofen. Trotzdem halte sich die Anzahl der Hilfesuchenden in der Bürgerhilfsstelle über Jahre hinweg konstant. "Aktuell kann ich keine vermehrten Anträge feststellen, das einzige, was sich seit Anfang letzten Jahres wesentlich gesteigert hat, sind die Wohngeldanträge." Das läge jedoch daran, dass nach der Wohngeldreform wesentlich mehr Menschen Wohngeld beziehen können. "Da hat der Staat im Prinzip schon versucht, einen Ausgleich zu schaffen." Die Anzahl der beispielsweise durch eine große Nebenkostennachzahlung in Not geratenen Menschen, für die er Hilfe bei der Kartei der Not beantragt hat, dem Leserhilfswerk unserer Zeitung, sei nicht übermäßig gestiegen. 

    Das Klimageld sei kein Rettungsanker für Notlagen, sagt der Geschäftsführer der Kartei der Not

    Ähnliche Erfahrungen hat der Geschäftsführer der "Kartei der Not", Arnd Hansen, gemacht und hat auch eine Erklärung dafür. Die eigentlich erwartete Explosion an Hilfsanfragen bezüglich Energiekosten sei aufgrund der gut wirkenden staatlichen Energiepreisbremsen ausgeblieben. "Die helfen einfach und haben das Schlimmste verhindert." Die Anträge für Energiekosten haben sich dennoch signifikant gesteigert. 2021 waren es rund 50 Anträge, 2022 bereits 89 und 2023 sogar 104. Geringverdiener, die keine staatlichen Hilfen bekommen, treffen die steigenden Energiekosten unmittelbar. Für die Bürgergeld-Bezieher sei die Heizung ein Teil der Unterkunftsleistungen, erklärt Hansen. "Wenn die Heizkosten explodieren ist das Jobcenter sozusagen mit an Bord und muss die Preissteigerungen auch mit abfangen." Der Strom hingegen werde in den Lebensunterhalt eingerechnet, eine Preissteigerung träfe den Bürgergeld-Bezieher selbst. Das nun verschobene Klimageld sieht Hansen nicht als Rettungsanker für Notlagen. "Das Klimageld hilft all denen, die geringe Einkünfte haben, die steigenden Energiekosen ein bisschen besser abzufedern", die Dimension reiche aber nicht aus, um Menschen zu "retten", die beispielsweise eine sehr hohe Nebenkostennachzahlung stemmen müssen. 

    Es gibt für die ältere Generation in Bad Wörishofen derzeit ein viel größeres Problem als das Klimageld

    Und dann gibt es noch ein ganz anderes finanzielles Problem für die ältere Generation, die Unterstützung durch einen Pflegedienst benötigt. "Es wird nicht nur die Energie teurer, auch unsere Leistungen kosten immer mehr", sagt der Leiter der Ambulanten Krankenpflege Bad Wörishofen, Marc Engstle. Durch entsprechende Tarifabschlüsse der Caritas habe es ab Oktober letzten Jahres eine Gebührenerhöhung von mehr als 20 Prozent gegeben. Gleichzeitig seien die Beträge, die die Pflegeversicherung übernimmt, nahezu konstant geblieben. "Da kommen viele mit den von der Pflegeversicherung gestellten Leistungen nicht hin, sie müssen selber draufzahlen." Wenn sie das nicht können, bleibe nur noch die Inanspruchnahme staatlicher Hilfe, und das will längst nicht jeder. "Wir erleben alles", erzählt Engstle, "es gibt Menschen, die ganz laut jammern, aber beispielsweise in ihrem großen Haus alleine leben und es sich von ihrem Vermögen her sehr wohl leisten könnten, wenn sie wollten". 

    Und dann gäbe es die Menschen, die sich die Pflege, wie sie sie eigentlich brauchten, wirklich nicht leisten können und aus Scham keine finanzielle Hilfe annehmen wollen. Diese Menschen verzichteten dann lieber auf Leistungen und beauftragen die Ambulante Krankenpflege beispielsweise nicht täglich, sondern nur dreimal die Woche für die Körperpflege. "Es ist nicht in einem Umfang wo man sagen würde es ist katastrophal, aber die Tendenz geht in diese Richtung, weil eben alles teurer wird." Da bleiben auch besonders traurige Schicksale nicht aus. 

    Bad Wörishofen nimmt eine Sonderstellung ein, wird aus dem Bericht von Marc Engstle deutlich

    "Wir stoßen immer wieder auf Menschen, die allein sind und bei denen die Gefahr einer Verwahrlosung ersichtlich ist, da versuchen wir natürlich zu helfen." Das umfangreiche Beratungsangebot betrachte dann den ganzen Fall auch über die Pflege hinaus und rate beispielsweise dazu, einen Antrag auf Hilfe zur Pflege oder Wohngeld zu stellen, "doch nicht alle wollen das". Um Vereinsamung und Verwahrlosung im Alter zu verhindern, sei auch die Gesellschaft gefragt. "Als gesellschaftliche Aufgabe wäre es gut, wenn man ein bisschen im Sinn einer nachbarschaftlichen Hilfe aufeinander achtet", findet Engstle. Das sei gerade in Bad Wörishofen wichtig, weil es hier viele Menschen gebe, die erst im Alter zuziehen und deshalb wenig gewachsene Kontakte haben. 

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