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Bad Wörishofen: In dieser Familie dreht sich alles um den Trachtenverein Bad Wörishofen

Bad Wörishofen

In dieser Familie dreht sich alles um den Trachtenverein Bad Wörishofen

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    Platteln gehört zum Alltag der Stubenvolls. Geübt wird auch im Wohnzimmer. Papa Georg Stubenvoll zeigt seinen Söhnen Filip (links) und Markus (rechts) die richtige Schrittfolge.
    Platteln gehört zum Alltag der Stubenvolls. Geübt wird auch im Wohnzimmer. Papa Georg Stubenvoll zeigt seinen Söhnen Filip (links) und Markus (rechts) die richtige Schrittfolge. Foto: Kathrin Elsner

    „Der Opa hatte den größten und teuersten Gamsbart“, erzählt der sechsjährige Markus stolz. „Das ist ein ganz wichtiger Hutschmuck für die Männer, da schaut man immer, wer den größten hat“, sagt seine Mama Renata lächelnd. Bei Stubenvolls kennt man sich mit Traditionen aus. Drei Generationen der Familie sind mittlerweile beim Trachtenverein Bad Wörishofen aktiv. Das Platteln brachte sie bis auf die Azoren.

    Bei Familie Stubenvoll wird jedes Kind gleich nach der Geburt im Heimat- und Volkstrachtenverein Bad Wörishofen angemeldet, da gehört das richtige Outfit natürlich dazu. Die Säuglings-Lederhose trägt allerdings inzwischen eine Puppe, das jüngste Familienmitglied Markus ist ja bereits sechs Jahre alt und selbstverständlich schon ein echter Plattler.

    Die Familie Stubenvoll ist mit drei Generationen im Heimat- und Volkstrachtenverein Alpenblick Bad Wörishofen aktiv. Auf dem Foto von links: Georg, Markus, Roswitha, Filip und Renata Stubenvoll.
    Die Familie Stubenvoll ist mit drei Generationen im Heimat- und Volkstrachtenverein Alpenblick Bad Wörishofen aktiv. Auf dem Foto von links: Georg, Markus, Roswitha, Filip und Renata Stubenvoll. Foto: Kathrin Elsner

    Opa Josef Stubenvoll brachte die Tradition vor 63 Jahren in die Familie.

    Bei der Eröffnung der Fußball-WM gab es einen Auftritt der Trachtler aus Bad Wörishofen

    „Auch die Kinder sind mit dem Trachtenverein aufgewachsen und waren von Geburt an integriert“, erzählt sie. Im Leben der Familie gab es klare Prioritäten: „Zuerst kam der Trachtenverein, dann die Familie und dann der Fußballverein.“ Einen normalen Urlaub gab es nicht – „unser Urlaub war der Trachtenverein“. Und mit diesem erlebte die Familie aus Irsingen so einiges. Sie hatten unter anderem Auftritte auf der Weltausstellung Expo, auf der Grünen Woche in Berlin, bei der Eröffnungsfeier der Fußball WM 2006, beim Frühlingsfest der Volksmusik in Chemnitz und sogar auf den Azoren, auf die jeder Trachtler im Koffer ganz selbstverständlich einen Maßkrug als Gastgeschenk mitnahm.

    Oma Roswitha ist den Oktoberfestzug in München schon dreimal mitgelaufen. Die sieben Kilometer in Haferlschuhen seien schon weit, erzählt sie. „Da hat man dann schon Blasen an den Füßen“.

    Auch der zehnjährige Filip war in München schon dabei. „Mein bestes Erlebnis war das Oktoberfest, da hat es geregnet und ich bin klitschnass in Tracht Achterbahn gefahren“, erzählt er strahlend. „Da zieht man sich nicht um, auch wenn Mama hundert Anziehsachen dabei hat“, erinnert sich Renata lachend. „Man bleibt in Tracht, das gehört dazu.“ Filip geht an besonderen Tagen auch in Tracht zur Schule, erzählt er. „Ich bin stolz, die Tracht zu tragen, es ist ein gutes Gefühl“. „Ich auch“, sagt sein kleiner Bruder Markus sofort, der bereits mit zwei Jahren mit dem Opa den Holzhacker-Tanz im Wohnzimmer übte.

    Josef Stubenvoll erhielt die Verdienstmedaille der Stadt Bad Wörishofen

    Opa Josef war das Trachtenbrauchtum stets sehr wichtig. 62 Jahre war er in verschiedenen Ämtern im Vorstand des Trachtenvereins aktiv. Für sein großes Engagement wurde er mit der Kommunalen Verdienstmedaille der Stadt Bad Wörishofen ausgezeichnet. Seinen Trachtenhut habe er immer dabei gehabt, erzählt die Familie. Abgenommen habe er ihn nur, wenn er nicht erkannt werden wollte, so geschehen bei einem McDonalds-Besuch mit den Enkeln. Auch war er stets darauf bedacht, dass die Tracht von Kopf bis Fuß korrekt getragen wurde. „Gschlampert“ zu gehen kam für ihn nie in Frage, bis die Familie ihn an seinem 70. Geburtstag austrickste und in Pantoffeln auf einen von einem Bulldog gezogenen Anhänger mit Blasmusik für eine „Ehrenrunde durchs Dorf“ lotste. Er ahnte nicht, dass die Fahrt nicht wieder zu Hause, sondern im Jugendzentrum Irsingen endete, wo ein großes Überraschungsfest für ihn stattfand.

    Platteln beim heutigen Gesundheitsminister Klaus Holetschek

    So blieb ihm nichts anderes übrig, als zum ersten Mal in seinem Leben „gschlampert“ mit Hausschuhen in der Öffentlichkeit zu feiern und sogar zu tanzen, erinnert sich die Familie schmunzelnd. Und seine Lederhose? Hätte er für kein Geld der Welt hergegeben. Eines Tages soll er einmal den heutigen bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek bei einer Veranstaltung getroffen haben, der ihm seine Lederhose abkaufen wollte. „Meine Unterhose kannst Du haben, meine Lederhose nicht!“, habe Stubenvoll ihm damals gesagt. Holetschek war lange Bürgermeister in Bad Wörishofen und den Trachtlern immer freundschaftlich verbunden. Einen Plattler brachte er dem damaligen Bürgermeister dann trotzdem bei, direkt im Rathaus.

    Und was sind die Höhepunkte im Trachtenjahr? „Das Größte ist für uns immer, wenn wir den Maibaum aufstellen, da fängt bei uns das Jahr an“, erzählt Georg Stubenvoll. Und der Heimatabend, der gerade für die Kinder unvergesslich sei.

    Als zweite Jugendleiterin freut sich Renata Stubenvoll besonders, dass aktuell 28 Kinder im Trachtenverein aktiv sind, so viele wie noch nie. „Auf der großen Bühne zu stehen, ist für mich das Größte“, erzählt Filip. „Irgendwann möchte ich mal ins Fernsehen kommen.“

    Schuhplatteln könne man anfangen zu lernen, sobald man auf einem Bein stehen, rechts und links unterscheiden und bis fünf zählen kann. „Da beim Platteln beide Gehirnhälften gefordert sind, hilft es auch in der Schule“, erzählt Renata Stubenvoll. Gaudihalber hätten sie zu einer Geburtstagsfeier auch mal auf die Musik der Hardrocker von AC/DC geplattelt, erinnert sich Georg Stubenvoll. Fazit: „Passt perfekt, bloß derschnaufn mir´s halt net“.

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