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Bad Wörishofen: Grüne nehmen Gewerbesteueroasen ins Visier

Bad Wörishofen

Grüne nehmen Gewerbesteueroasen ins Visier

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    Bad Wörishofen ist als Kurstadt bekannt und beliebt. Mit einem besonders günstigen Gewerbesteuersatz will die Stadt auch bei Unternehmen punkten.
    Bad Wörishofen ist als Kurstadt bekannt und beliebt. Mit einem besonders günstigen Gewerbesteuersatz will die Stadt auch bei Unternehmen punkten. Foto: Bernd Feil

    Mögliche Scheinfirmensitze in bayerischen Steueroasen sind den bayerischen Grünen ein Dorn im Auge. Im Landtag fordern sie nun Aufklärung unter dem Titel „Steuerhinterziehung in Gewerbesteueroasen“. Konkret fragen die Grünen nach drei Gemeinden, eine davon ist Bad Wörishofen. Die Kneippstadt wirbt mit einem Gewerbesteuersatz von nur 240 Prozent und gehört damit zu den günstigsten Unternehmensstandorten in Bayern. Nun liegt das Ergebnis der Anfrage vor.

    Bad Wörishofen wirbt offensiv mit dem niedrigen Gewerbesteuersatz. Die Stadt hat sich sogar die Internetadresse www.240.de gesichert. „Herzlich willkommen auf 240, dem Internetauftritt für alle diejenigen, die Gewerbesteuer sparen wollen“, begrüßt dort Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) die Interessentinnen und Interessenten.

    Die Liste von Fragen der Grünen ans bayerische Finanzministerium ist lang. Formuliert hat sie Tim Pargent, der finanzpolitische Sprecher und parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag. „Konkret geht es um die Virtual Offices und mögliche Scheinfirmensitze“, erläutert Pargent. „Also möglicherweise illegale Praktiken. Legalen Gewerbesteuerwettbewerb können wir auf Landesebene nicht verhindern. Das ist Bundesrecht.“ Bad Wörishofen komme deshalb explizit vor, weil es nach den öffentlichen Ankündigungen von Investor Roland Holly und seinen Plänen in Bad Wörishofen bereits 2016 eine Landtagsanfrage dazu gegeben habe. Aus dem ehemaligen Hotel Kreuzer sollten Wohnungen werden, aber auch steuergünstige Firmensitze.

    Das ehemalige Kurhotel Kreuzer sollte Unternehmerinnen und Unternehmer auf der Suche nach einem steuergünstigen Firmensitz nach Bad Wörishofen locken.
    Das ehemalige Kurhotel Kreuzer sollte Unternehmerinnen und Unternehmer auf der Suche nach einem steuergünstigen Firmensitz nach Bad Wörishofen locken. Foto: Helmut Bader

    „Auch wir Grünen in Bad Wörishofen werden illegale Praktiken nicht dulden“, teilt dazu Doris Hofer mit. Sie ist Teil des Führungs-Duos der Partei in Bad Wörishofen und außerdem die Fraktionssprecherin der Grünen im Stadtrat von Bad Wörishofen. „Uns liegen allerdings keine Informationen vor, dass in Bad Wörishofen illegale Gewerbesteuerhinterziehung betrieben würde“, berichtet Hofer. „Sollte es da einen Verdacht geben, sind wir sicher, dass uns unser Kämmerer, der ja selbst Steuerfachmann ist, umgehend informieren würde.“

    Zudem zeige die „eher normale Gewerbesteuerentwicklung“ in der Kneippstadt, dass „Bad Wörishofen kein zweites Grünwald geworden ist“.

    Deshalb steht auch Grünwald auf der Liste von Tim Pargent. Bad Wörishofen mit seinen 17.598 Einwohnern stellte 2019 mit rund elf Millionen Euro einen Rekord auf, im Jahr 2021 kalkulierte die Stadt mit rund acht Millionen Euro. Der Finanzexperte der Grünen forderte von Finanzminister Albert Füracker (CSU) unter anderem detaillierte Angaben dazu, wie viele steuerpflichtige Unternehmen es in den Gemeinden Bad Wörishofen, Grünwald und Kemnath gibt und welcher Art die Erkenntnisse zu Scheinfirmensitzen und Steuerhinterziehung in den genannten Orten sind.

    Was das Finanzministerium zum Umgang mit steuergünstigen Firmensitzen sagt

    Dass der Umfang der Antworten ihn nicht voll zufriedenstellen, ließ Pargent im Gespräch mit unserer Redaktion anklingen. Gewerbesteuerhinterziehung beispielsweise werde in Bayern statistisch überhaupt nicht gesondert erfasst. Aufgelistet wurden aber die Zahlen der gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen. In Bad Wörishofen sind es 1194 zum Stichtag 28. Dezember 2021. Zum Vergleich: Im wesentlich kleineren Grünwald sind 7848 Unternehmen gewerbesteuerpflichtig. Grünwald hat ebenfalls einen Gewerbesteuersatz von 240 Prozent. In Kemnath sind 332 Unternehmen gewerbesteuerpflichtig, bei einem Steuersatz von 230 Prozent. Der 5500-Einwohner-Ort profitiert vor allem von Siemens. Das Unternehmen unterhält dort nicht nur ein Werk, sondern hat dort auch sein Büro für die milliardenschweren Markenrechte des Konzerns angesiedelt. Kemnath schwimmt mittlerweile im Geld. Im Jahr 2021 nahm der Ort aus der Gewerbesteuer 98 Millionen Euro ein. Von diesen Zahlen ist man in Bad Wörishofen weit entfernt, obwohl man offensiv mit dem Gewerbesteuersatz wirbt.

    Auch das ehemalige Hotel Kreuzer, in dem Investor Roland Holly steuergünstige Firmensitze etablieren wollte, hat seine Wirkung bislang nicht entfaltet. Einige Wohnungen sind entstanden, ein bekanntes Maklerunternehmen bietet diese derzeit zum Kauf an. Wer will, kann auch gleich alle Wohnungen und Büros kaufen, zum Preis von etwa 5,9 Millionen Euro. Betont wird im Angebot der niedrige Gewerbesteuersatz Bad Wörishofens, welche nur die Hälfte des Münchner Satzes betrage. Unternehmer aus ganz Deutschland könnten in Bad Wörishofen Steuervorteile langfristig nutzen, wirbt die Maklerfirma.

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